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Erinnerung an die alte Ziegelei in Bündheim 

Von Klaus Röttger 

Nur noch die schon betagten  Bündheimer können sich an die alte Ziegelei an der Radaustraße in Bündheim erinnern. Fast spurlos ist der Betrieb nach Ende des Krieges verschwunden. Neue Gebäude bedecken heute das ehemalige Fabrikationsgelände. Dabei hatte die Ziegelei, gegenüber dem Markplatz, mehr als ein Jahrhundert die Gegend bis zum Abriss der alten Gebäude  geprägt: 

Das Gemälde von Karl-Berthold Fische zeigt die alte Ziegelei
von der Radauseite her. Etwa 1880

 Das im Wind klappernde hölzerne Trocknungsgebäude und die Brennofen-Ruinen waren lange Zeit nicht zu übersehen und zu überhören. Sie waren darüber hinaus auch oft der Grund für allerlei Gruselgeschichten.
Ein Gemälde von Karl-Berthold Fischer, im Internet zum Verkauf angeboten, bot den Anlass, die Erinnerung an die Ziegelei wachzurufen. Das im Stil der Romantik gemalte Bild zeigt die Ziegelei von der Radauseite her. Zu sehen sind einige Gebäude, der das Gesamtbild prägende Schornstein und als Orientierungspunkt die katholische Kirche. Das alles datiert das Bild auf die Zeit kurz nach 1880.
Aufzeichnungen und Fotos von der Ziegelei gibt es nur wenige. Ein paar Hinweise machen aber deutlich, dass der Betrieb in wirtschaftlicher Hinsicht für die Menschen von großer Bedeutung war. Was fehlt sind Berichte, die sich mit den Einzelheiten der Produktion und der Anlagen befassen. Um das Manko auszugleichen, hat der Autor versucht, das Wissen von Einwohnern zu nutzen, die sich noch an den Betrieb oder wenigstens an die zuletzt noch bestehenden Anlagen erinnern können. Insbesondere der 1932 geborene Gerhard Kleinkop war da eine ganz besondere Hilfe. Von ihm stammt auch ein aus dem Gedächtnis ersteller Lageplan der Ziegelei. Hinweise auf Begebenheiten konnte auch Werner Mittendorf machen.
So entstanden die Nachfolgenden Aufzeichnungen.

Rekonstruktiohn des Lageplans.
Vorn die Radaustraße. Hinten die Radau

Das Gelände der ehemaligen Ziegelei liegt zwischen den heutigen Straßennummern 60 und 65 und ist nunmehr mit Wohnhäusern bebaut, die im Einzelfall auf Restbauten des Betriebes basieren. Das alte Wohnhaus und Büro im oberen Teil ist alte Bausubstanz. Parallel zur Straße befanden  sich die Trocknungsgebäude, die sogenannten Darren. Der obere Teil war mehrstöckig. Nach unten schloss sich, bis an den Bereich des ehemaligen Heißmangelgebäudes, ein einstöckiger Trocknungsbereich an. Den Abschluss der Straßenfront bildeten ein Sandlager und die Einfahrt zum Tonlager.
Hinter der mehrstöckigen Darre lag der Brennofen mit dem Schornstein. Die Brennanlage wurde von unten mit kleinen Braunkohlenbriketts beheizt und von außen mit den zu brennenden Steinen oder Ziegeln bestückt. Die Kohlen wurden ausschließlich mit Pferdefuhrwerken vom Harzburger Güterbahnhof zur Ziegelei transportiert.  Links daneben lag ein großes Gebäude, in dem der Ton geformt wurde. In der Mittel des Raumes arbeitete ein Kollergang, der den Ton gebrauchsgerecht zermahlte.  Dadurch wurde er von Fremdkörpern befreet, die den Brennvorgang hätten stören können. Gefürchtet waren vor allem Kalkeinlagerungen, die die Steine beim Brennen verdarben.

Rekonstruktion der Gebäude an der Radaustraße
nach einer Fotografie von Hans-Hermann Wedekind

Der Kollergang bestand aus zwei sich gegenüberliegenden großen Walzen, die sich wie ein Karussell drehten. Sie hatten etwa einen Durchmesser von 70 cm und waren zwischen 40 und 50 cm breit. Angetrieben wurde dieses Mahlwerk von einem Wasserrad. Für dieses Wasserrad wurde das Wasser der Radau durch einen Graben herangeführt. Der Wassergraben, der nur ganz wenig Gefälle hatte, verlief über das unmittelbar zum heutigen Grundstück der katholischen Kirche gehörende Gelände. Am östlichen Ende des Ziegeleigrundstücks wurde das Wasser in einer Betonrinne, einem so genannten Trog, über die Radau auf das Werksgelände und dann weiter bis zum Wasserrad geführt
Am südlichen Ende dieses Gebäudes gab es eine Treppe, die nach oben und nach unten führte. Unten befand sich ein Keller, in dem die Maschinenanlage untergebracht war. Daneben gab es einen Aufzug, der im Nonstopbetrieb die geformten Steine oder Ziegel in die Trocknungsräume befördern konnte. Der nur für den Materialtransport gedachte Aufzug bestand nach Art des Paternosters aus Einzelteilen, die ständig rundum liefen. In nord-westlicher Richtung schloss sich der offene Bereich des Tonlagers an. Der Ton stammte aus einer Tonkuhle in der Nähe des heutigen Silberbornbades.

Ansicht der Ziegelei von der Radustraße her.
Zustand um 1940

In der Bündheimer Ziegelei wurden unterschiedlichste Erzeugnisse gebrannt. Die Ziegelsteine entsprachen dem praktischen ,,Reichsformat" und hatten die Maße 25 mal 12 mal 6,5 cm. Die ebenfalls zum Sortiment gehörenden Lochsteine waren etwas größer aber durch ihre Eigenart auch leichter. Sie wurden vor allem wegen der Isolierfähigkeit geschätzt. Sie wurden meist für nichttragende Wände verwandt. Eine ganz besondere Herausforderung stellte die Produktion von Dachziegeln dar. Die Bündheimer Ziegeln wurden vor allem auch dafür geschätzt, ,,dass man gut darauf laufen" konnte. Eine Zeichen für ihre gute Form aber auch für die Haltbarkeit. Noch heute gibt es viele Dächer, die mit den Dachziegeln gedeckt sind.


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