Wenn sich Delius von seinem überaus präzise recherchierten Buch erhofft hatte, dass der Krodospekulation damit ein für alle Mal ein Ende bereitet worden sei, dann irrte er sich gewaltig. Der Streit um die Existenz des Götzen auf dem Burgberg nahm eher zu. Dabei stand der Auffassung Delius` die These gegenüber, dass man nicht alles Übermittelte einfach ablehnen dürfe. Der Heimatforscher Wilhelm Lüders beispielsweise verwies darauf, dass es neben der schriftlichen Überlieferung auch noch andere Methoden der Altertumsforschung gäbe, wie Grabungen oder die Auswertung von Sagen oder die Flurnamenforschung. Das geschah in der Zeit, als im Krodotal die Reste einer uralte Kirche ausgegraben wurden und über dieses Tal viel Geheimnisvolles ans Tageslicht kam. Ein alter Sperrwall hatte in Urzeiten das Tal abgeriegelt und merkwürdige Tumuli gaben Rätsel auf. Hinzu kam, dass schon damals erkannt wurde, welchen Werbeeffekt mit der Figur erzielt werden konnte.
Die Suche nach Beweisen
Eine Beweisführung zugunsten der Existenz Krodos ist deshalb auch immer wieder über Orts- und andere geografische Namen versucht worden. So hat man beispielsweise im Kronenbach, einem Zufluss des Brunnenbaches bei Braunlage den schon 1258 in einer Urkunde erwähnten "Crodenbeke" gesehen. In der Nähe liegt der ,"Heidenstieg", und der "Schächerborn dessen Namen auf eine uralte Richter- oder Opferstätte hinweisen. Mit dem Kapellenfleck ist in diesem Bereich die Stätte einer christlichen Kirche belegt worden. Krodos Anhänger sehen darin einen Beweis, dass hier nach dem alten Brauch in christlicher Frühzeit verfahren worden ist, heidnische Stätten mit christlichen Bauwerken zu überdecken. Diese Art der Beweisführung könnte endlos fortgeführt werden. Da gibt es im Götzental einen Krodotisch in Merane und viele Städte und Orte mit Namen, die an Krodo denken lassen. Im Sprachgebrauch des Nachmittelalters hat sich auch immer wieder das Wort vom ,,crodendüvel" gehalten und als Beweis herhalten müssen. Einen wirklich schlüssiger Beweis hat sich aber bisher nirgendwo gefunden. Als ein Versuch, Krodos Existenz mit aller Gewalt zu beweisen, hat sich das so genannte ,,Gelübde des Artwaker erwiesen. Im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts machte der Goslarer "Worthalter" Erdwin von der Hardt durch eine Entdeckung auf sich aufmerksam. Er gab an, aus einer, angeblich auf dem Osterfeld gefundenen, Jahrhunderte im dortigen Zeughaus unbeachtet gebliebenen Urne, ein Pergament gezogen zu haben, das mit dem Gelübde des Artwakers, Edelherrn von Schladen, an den Krotto-Wodan zu Harzburg, beschrieben gewesen sei. In dem Pergament verspricht Artwaker dem Krodo Opfer, wenn dieser Wittekind vor "Karl dem Schlächter" bewahren würde. Das ganze stellte sich dann aber bald als eine, nicht einmal gut gemachte Fälschung heraus, wieder ging ein scheinbar gutes Argument für den Sachsengott den Bach herunter.
Ein Kopf an der Bündheimer Kirche, hat schon in der Vergangenheit die Fantasie der Menschen angeregt. Er ist neben dem Eingang der Schlosskriche eingemauert, mit grimmigen Zügen und vom Zahn der Zeit mächtig angenagt. Der Kopf des Wotan sei das, war man sich lange Zeit, weil es keine vernünftige überlieferte Erklärung gab, einig. Dann wurde die Idee geboren, dass dieser Kopf, wenn schon "Wotan", auch der des Krodo sein könnte. Die Theorie: 1650/51 wurde die Burg abgerissen, der Kopf gefunden oder aus dem Mauerwerk herausgelöst und mit den Steinen zum Bau der Kirche verwandt. Einer näheren Untersuchung hält dieser Möglichkeit aber nur wenig stand. Die Bündheimer Kirche wurde an der jetzigen Stelle wahrscheinlich schon im 12. oder 13 Jahrhundert gebaut. Sicher ist, das sie um 1610 vergrößert worden ist und zwar in der Art, dass von dem alten Bau lediglich die Absis abgerissen und dann das Ganze um etwa die Hälfte verlängert wurde. Mit den Steinen von der Burg? Diese war zu diesem Zeitpunkt zwar kein Schmuckstück mehr, sie bestand aber noch. Wahrscheinlich in der Art wie sie auf dem Epitaph in der Schlosskirche von 1643 dargestellt ist. Nachdem der ganze Ort 1626 während des 30jährigen Krieges in Schutt und Asche gelegt worden war, zog der Amtmann vom ausgebrannten Schloss wieder auf die Burg. Sie muss also immerhin noch so gut instand gewesen sein, dass er hier seine Amtsgeschäfte ausüben konnte. Dafür spricht auch, dass während des Krieges die Burg durchaus noch in der Lage war, eine strategische Rolle zu spielen. Auch vom vielleicht teilweisen Abriss kann also zu diesem Zeitpunkt noch keine Rede sein, der erfolgte erst wenige Jahre nach Ende des Kriege.