012.05.17. Stecklenberg, Sommerklippe, Glockenstein, Münchenberg
"Und wenn ihr, links hinter der scharfen Linkskurve in Stecklenberg an wunderbar blühenden Rotdornbäumen vorbei fahrt, dann seid ihr am Parkplatz schon vorbei! Wir parken gleich hinter der Kurve vor den weiß blühenden Rosskastanien. Alles verstanden? Noch Fragen?" Dreißig Augenpaare schauen mich mehr oder weniger intensiv fragend, uninteressiert, verständnislos oder so dass ich meine, meine Beschreibung des zweiten Treff in Stecklenberg ist rübergekommen, auf dem Parkplatz Pfennigpfeiffer in Bad Harzburg, an.
"Wir folgen dir; klappt schon" höre ich jemanden murmeln." Was müssen die Mitfahrer dem Fahrer bezahlen?" meldet sich eine Dame. "10 Cent pro gefahrenen km. Steht alles im Wanderheft 2012." " Es sind ca. gut 100 km hin und zurück, also fallen 10 Euro an". "Aber der Fahrpreis ist doch gedeckelt auf 5 Euro", die Erwiderung. "Nein, das ist durch die Spritpreiserhöhung per Vorstandsbeschluss aufgehoben, sonst wollen alle nur noch mitfahren und niemand bietet sich und sein Auto den Mitfahrern an". Schweigen. Mit Mühe finden alle Platz in den Autos, in manchen hocken sie zu dritt auf dem Hintersitzen. Nicht der Umwelt zuliebe sondern mehr aus Bequemlichkeit und Senkung der eigenen Kosten, denn wenn's billiger und auch noch bequemer geht bleibt das eigene Auto lieber stehen!
Was soll's. Alle haben ihren Platz und folgen mir zum Parkplatz in Stecklenberg vor den blühenden Rosskastanien.
Hier treffen wir noch auf ein paar Wernigeröder-Wanderfreunde.
"Was müssen wir dem Fahrer bezahlen?" die Frage eines noch Unwissenden. "Nicht zugehört? Wie besprochen, kurz über 100 km, also rund 10 Euro" erwidere ich. "Gut". Nun wissen hoffentlich alle Bescheid, mein Gedanke.
Los geht es. Unter den ersten blühenden Rotdornbäumen, mit dem dahinter liegenden sprudelnden Dorfbrunnen vorbei. Die Straße gequert, die sehenswerte Kirche bleibt rechts liegen, am viel fotografierten Modell der Lauenburg vorbei führt uns ein Pfad am rechten Wiesenhang zur Höhe der Stecklenburg mit seinen Kellereingängen undRuinenresten.
Die Aussichtsplattform unter der großen Eiche, ich hoffe die Erinnerung trügt mich nicht ob Eiche oder Ahorn. Nur das rote Flatterband, das diese gelungene Holzterrasse mit Blick über Stecklenberg ins Vorland bietet, absperrt bringt mich ins grübeln, lenkt mich ab vom umterrassierten Baum.
Nicht alt die Aussichtsterrasse und schon vergammelt! Oder warum das Flatterband?
Unterhaltungsaufwand ist teuer. Vergammeln lassen kurzfristig billiger. Ein Trugschluss!
Schön war die blühende Wiese und die noch intakte Rutsche. Nur ein junges Mädchen konnte ich für eine Rutschpartie begeistern. Zwei- oder dreimal wurde hinunter gerutscht, trotzdem war sie nicht die letzte auf der Stecklenburg. Hier wurde verschnauft und erzählt aus vergangenen Zeiten. Steht fast alles auf der großen Tafel.
Die Lauenburg, die noch eine Etage höher liegt, ließ ich aus und links liegen. Genug geschnauft für den Anfang!
Wieder runter ins Wurmbachtal, zum Ortsausgang von Stecklenberg. Eine im vorjährigem Laub versunkene Bank links des Weges, ein erschreckter kläffender Hund, rechts einen Garten bewachend, mit staunendem Herrchen. Dachten beide wir wollten zum Kaffee bei ihnen einkehren? Oder warum das Gekläffe und der staunend verwunderte Blick des Herrn? Als so um die 50 Augen an ihnen vorbeigezogen waren wurde das Gekläffe heiser, leiser und die Gesichtszüge des Herrn entspannten sich.
Keine Einkehr, Gott sei Dank. Der Wanderwurm zog vorüber!
Der Wurmbach trägt seinen Namen zurecht. Wie ein schmaler, schlingelnder Wurm fließt er im eingezwängten Bett über Felsen springend, unter Felsen gurgelnd, von Buchen gesäumt und überwachsen, zu Tal, nach Norden, nicht weit, hinter Neinstedt nimmt ihn die wilde Bode, nun schon nicht mehr ganz so wild, in ihre Arme, in ihr Bett.
Schattig auf schmalem Pfad geht es bergauf, nicht steil aber stetig. Wechseln mit Hilfe einer Betonbrücke die andere Seite des Baches. Etwas höher rechts die Fahrstraße zur Lauenburg. Von der Waldwiese dringt Licht und warme Luft zu uns herunter. Stoßen auf die Fahrstraße. Die Vorhut der Wanderer folgt ihr unbedarft; sie übersehen den nun weniger begangenen Pfad gegenüber, der uns weiter bergauf führt.
Als sie sehen das ich weiter dem Bach folge, erklingt Protest, freundlicher Protest; den weit war ihr Irrweg noch nicht. So werden die Ersten dann auch einmal zu den Letzten, was aber auch nicht viel bringt denn im Nu sind die ewig Vorderen wieder an der Spitze.
Kurz vor dem Femgericht stoßen wir auf den Waldweg der nach Friedrichsbrunn führt.
Ein paar Stufen hoch über dem Fahrweg liegt des "Teufels Taufstein". Ein rechteckiger Granitbrocken mit glatter, ebener Tischfläche. Hat der Teufel sich seinem Taufgang so widersetzt, so gewunden dass er mit seinem Hintersten den Stein so glatt poliert hat? Natürlichen Ursprung ist die Ebene nicht. Wer war der Teufel der so diesen Stein hinterlassen hat?
Ein paar aufliegende Bucheckern des vorigen Jahres auf der glatten Fläche erinnern an einen eingedeckten Tisch.
Oberhalb zeigt eine kleine Fichte ihre Lebenskraft. Der Schnee hat sie vor Jahren nieder gedrückt, fasst entwurzelt, waagerecht einem Felsen angeschmiegt, platt gemacht. Lebenswille ließ sie weiter wachsen.
Nun zeigt ihre Spitze wieder nach oben, strebt zum Licht. Ein skurriles Baumgebilde voller Leben.
Rund umher treibt das "Kleine Springkraut" seine hellgrünen Triebe. Die Goldnessel im dichten Bestand am Rand des Fahrwegs.
Am Abzweig des Bergmannstieges machen wir Pause.
Spitzwinkelig zweigt hier ein Pfad zur Höhe der Sonnenklippe ab. Langsam nehmen wir diese Steigung unter die Füße. Begleitet werden wir von fruchtenden Stachelbeeren, dem Vergissmeinnicht, im verblühen die "Großen Sternmiere", die "Schmalblättrigen Hainsimse" mit ihren weißlichen Blüten.
Lang zieht sich unsere Schlange unter den schütter stehenden Traubeneichen den Hang hinauf. An der Kehre hinter dem vergessenen eisernen Windenfragment des früheren Steinbruchs warten auf die letzten Schnaufenden. "Rennt nicht so" eine nörgelte Stimme. Im Warten erkläre ich den Umstehenden die Galläpfel, die in großer Zahl die Traubeneichen zieren. Schneide einen durch. Staunen über das Innenleben der Äpfel. Der nun eben werdende Weg ist gesäumt mit dem "Nickenden Leimkraut", dem Schattenblümchen, der "Großen Fetthenne", dem blauschimmernden Waldlabkraut, das Pfaffenhütchen blüht mit grünlichen, unscheinbaren Blüten. Ein paar Ginster haben den starken Frost des vergangenen Winter überlebt, blühen versteckt hinter großen runden Granitbrocken. Wurmfarne im Schatten der Felsen, Alte tote Eichen geben etwas Urwüchsiges, Unheimliches, Zauberhaftes; jedoch nur dem der sich leiten lässt vom Spiel des Lichtes, dem Duft des Wassers das als Dunst aus dem Bewuchs des graniten Gepolters aufsteigt. Germanischer Wald. Zauberlandschaft.
Alte Fahrspuren auf dem Weg zeugen von der schweren Arbeit der Steinebrecher, die hier das Baumaterial für die beiden Burgen gebrochen haben. Elende Schinderei und Mühsal, bestimmt nur auf die Arbeit achtend bei ihrer andauernder schweren Arbeit.
Überwachsen die Zeichen ihrer Mühsal, vergessen ihre Namen, zerstört ihre Werke.
Treffen wieder auf den Bergmannsteig. Eine Bank mit runden steinernen Tisch davor. Steinmetzkunst im Wald am Wege. Fast unzerstörbar!
Essenpause im Sonnenschein.
Danach der Glockenstein mit Stempelkasten. In der Walpurgisnacht, wenn die Hexen zum Brocken fliegen um dem Teufel ihre Aufwartung zu machen, ihm huldigen, ihm , wie es im "Faust" geschrieben steht, am Arsche lecken, klingt der Glockenstein und zeigt mit seinem Geläute den Hexen ihren Flugweg. Wer's nicht glaubt der mache sich in der Nacht zum 1. Mai auf den Weg nach hier.
Auf der Tafel am Glockenstein steht etwas vom einem erratischen Block den er darstellt. Wer weiß sofort was das ist? Ich nicht. Im Duden finde ich den Ausdruck. Ein Irrläufer soll er sein, einer der da nicht hingehört. Hat der Teufel ihn dort platziert als klingenden Wegweiser für den Hexenflug zum Brocken?
Geheimnisse!
Ein Stückchen weiter der Reineckenbach. Ein holpriger,nasser Weg zu seiner Rechten, bringt uns von der Höhe, aus dem Buchenwald in die Feldflur vor Neinstedt. Unterwegs finden wir noch die "Zwiebeltragende Zahnwurz", den Sauerklee, das im vergehen schnell übersehene "Wechselblättrige Milzkraut".
Beim Waldaustritt auf die Feldflur, baut sich im Sonnenschein strahlend, die Teufelsmauer vor uns auf.
Gewaltig die nächtliche Leistung des Baumeister Teufel. Was der leisten kann bevor der Hahn kräht!
Die Hochspannungsdrähte davor stören das Auge und die Kameras die zu klicken beginnen. Abgeblühte Berberitzen, Weißdorn und Weichselkirschen säumen den Weg.
Die Leitung zieht sich über den Hügel rechts vor uns, begleitet unseren Weg zur nächsten Höhe. Der Hang ist voll vom Wiesensalbei. Blaues Hangfließen vom Salbei. Oben dichter Bestand vom violetten "Dänischen Tragant".
Der Kammweg beidseitig zugewachsen,die gelben Blütentrauben des Goldregen dazwischen, später freigeschnittene Flächen. Wieder ein wunderbarer Blick auf Teufelsmauer und Quedlinburg mit seiner Stiftskirche und dem Schloss. Rast mit bester Aussicht. Finde alte und neue Triebe der Orobanche salviae, der Salbei-Sommerwurz. Überall die Blütenköpfe des "Kleinen Wiesenknopf". Nah betrachtet eine absolute Schönheit wie die hier häufige Kreuzblume, . Glücklich kann der sein der ein gutes Auge oder eine Lupe dabei hat, der sieht mehr als seine Begleiter. Am Feldrand Allium, Zierlauch, aus den Gärten geflüchtet und die großen silbrigen Blätter der Eselsdistel.
Im Ort ein Stückchen den Wurmbach entgegen. Der ist hier eingefasst mit Mauern. In den Mauerritzen blüht der "Gelbe Lerchensporn", auch aus Gärten von Ameisen hergetragen. Die Natur kennt viele Tricks sich auszubreiten, sich neuen Lebensraum zu erschließen. Ein kleines süßes Anhängsel am Samenkorn, ein Leckerbissen für die Ameisen, sorgt dafür.
Queren die Fahrstraße, bleiben hart am Bachrand, steigen auf zur Höhe des Rumberg. Treffen wieder auf die Stromleitung mit ihren Stahlmasten. Hier beginnt die Orchideen-Flora. Eine Aussichtsbank zur Lauenburg dient als Sammelstelle. Der Südhang ist freigeschnitten, der Strauchbewuchs entfernt, auf Haufen verbrannt. Suche nach Orchideen. Nichts in diesem Jahr. Kein "Weißes Waldvögeln", kein Purpurknabenkraut. Wo sonst alles mit Orchideen bestanden ist, nichts. Jede Menge Tragant und Kreuzblümchen, Schwalbenwurz, nur keine Orchideen und das bei einer Orchideenwanderung!
Ich tröste die Enttäuschten: "Wir finden bestimmt noch welche". Im noch stehengeblieben Strauchbewuchs dann Blattrosetten des Purpurknabenkrautes und eine blühende Pflanze, etwas blass, doch wenigstens die erste blühende Orchidee. Sonst finden wir nichts auf dem Rumberg. Queren die Wiese hinter der Kuppe. Ein schmaler Pfad läuft überwachsen an der Nordkante des Münchenbergs entlang. Hier die ersten blühenden Männlichen- Knabenkräuter. Auch auf der anschließenden Wiese stehen welche. Im Schatten sogar noch ziemlich ansehnliche Exemplare. Warten auf die letzten Fotografierer.
Blick auf Gernrode, dem Bückeberg ganz links Quedlinburg. Auf der Wiese, der Weg ist mit Holzpfosten gekennzeichnet, blüht der "Blutrote Storchschnabel", der Wiesensalbei in Begleitung seines Schmarotzers der Sommerwurz (Orobanche), die Schwalbenwurz. Ein gelber Schmetterling fliegt unruhig und schnell umher, setzt sich kurz, fliegt zur nächsten Blüte, landet. Bevor ich meine Kamera schussbereit habe ist er schon wieder weiter.
Doch dann erwische ihn doch noch. Der Postillon ein gelber Wanderfalter der an Esparsette, Luzern und Hornklee, die auch alle hier wachsen, lebt. Seine Raupe ist grasgrün mit einem weißen Längsstreifen.
Ein Pfad bringt uns wieder hoch zum Wald. Hier blüht dIe "Blaurote Steinsame", der Haselwurz mit seiner dreilappigen erdnahen braunen Blüte, überall die weißen Dolden des Sanikel. Vereinzelt wieder das "Männliche Knabenkraut". Die Heckenkirsche vereinzelt, verblüht.
Auf der Höhe nach links und ein wenig weiter treten wir auf einen Wiesenstreifen der sich über den gesamten Berg zieht. Oben haben wir den Blick nach Nord-Westen zum Hoppelberg.
Unten am nördlichen Wiesenhang blüht der Lein. Der dichte Bestand des Alant ist noch grün.
Am Waldrand geradeaus steht das "Langblättrige Waldvögelein", der Nestwurz, hellbraun chlorophyllos.
Weitere "Männliche Knabenkräuter" und das Christophskraut mit seinen weißen Blüten. Seine späteren glänzenden schwarzen Beeren galten früher als giftig, sollen es jedoch nicht sein. Es gibt genug anderes zu essen; lassen wir es.
Der Südhang der Wiese sonst voll von blühenden Orchideen, verweist, nur ganz unten im Schatten ein paar vom "Männlichen Knabenkraut". Der nun folgende, vor drei Jahren freigeschnittene Hang, das Prachtstück des Orchideenbestandes, bringt dann doch noch das Erlebnis. Mehrere hohe Kerzen des Purpurknabenkrautes bringen die Fotografen in die Hocke, auf den Bauch. Ein wenig rücksichtslos betreten sie die von einer Benjeshecke umsäumte abgesperrte Fläche. Unbedarft, vom Fotografieren berauscht, übersehen sie die nichtblühenden Exemplare. Manch einer von ihnen trägt Trittspuren davon.
Ein Herr vom Harzklub Gernrode die die Flächen betreuen schimpft über soviel rücksichtsloses Unwissen. Ich schleiche mich still davon. Verstehe beide, die Jäger und die Beschützer.
Soll man die Schönheiten nicht zeigen? Doch meine ich, schützen lernt man nur wenn man sich auskennt und den Wert erkennt. Soweit liege ich nicht daneben! Oder? Meine Fotografen jedenfalls wissen nun wie sie sich verhalten müssen.
Während der ganzen Fotografiererei ist die Hälfte der Truppe weiter gegangen, hat uns im Stich gelassen. Aufregung über eine verloren gegangenen Braut. Wo ist sie hin? Nach vorn oder nach hinten?
"Abwarten, wird sich schon wieder einfinden, bleib ruhig" tröste ich den aufgeregten Bräutigam.
Am Parkplatz ist alles wieder beieinander, die sich Liebenden und der Rest unserer Truppe.
Zum Abschluss geht's zum Felsenkeller in Bad Suderode. Es ist Vatertag und dort wird gegrillt.
Die Steaks sind hervorragend. Allen hat's gefallen. "Nur das hoch und runter Gelaufe, brauchte nicht sein", so die verhaltene Kritik.
Beim nächsten Mal schiebe ich die Berge platt! Jawoll!
Otto Pake
Die Beschwerde einer Dame über unseren Vorsitzenden brachte mich dann zu Hause doch noch in Rage. Ihr war die Reise zu teuer. - "10 Euro für die gut 100 km, nein das geht nicht. Bei fünf Personen in einem Auto verdient sich ja der Fahrer dumm und dämlich! Auch verzichten verschiedene Fahrer auf einen Obolus. Nein so geht das nicht!"-
Ich empfehle dort einzusteigen, vielleicht kommt er oder sie dann beim nächsten Mal mit einem Bus. Das wäre die Lösung!
Herzlich Ihr Wanderführer.