Vor dem Eichsfeldischen Dorfe Bockelnhagen auf einem Parkplatz bei der ehemaligen LPG stellen wir das Auto ab. Ein kleines grünes Schildchen weist zur Allerburg. Eine bewaldete Kuppe liegt vor uns und oben drauf sollen die Reste der ehemaligen Burg aus dem 13.Jahrhundert sein.
Unser Wanderführer Wilfried, was heisst hier Wanderführer, er ist Natur- u. Landschaftsführer des Naturparks Eichsfeld - Hanisch - Werratal, kennt den Weg und möchte uns seine Heimat vorstellen. Den Eichsfeld - Wanderweg der auch durch Bockelnhagen führt hat er teilweise mit ausgeschildert.
In besten Händen sind wir; Rita und ich.
Ein altes, mitgenommenes Wanderschild weist uns den Weg zum Eselsbrunnen.
Zugewachsen zwar , doch noch sichtbar führt der Weg bergan. Bald schon sind wir am umzäunten Brunnen. Unter einer starken Rotbuche kommt das frische Quellwasser hervor gesprudelt. Trotzt der längeren Trockenheit ein ganz ordentliches Wasser das der Berg her gibt. Der Wurzelteller der Buche ist nur zur Bergseite ausgebildet, zur Wasserseite hat sie keine Wurzeln. Möge kein Sturm von der wurzellosen Seite blasen, der interessante Quelltopf wäre hinüber!
Ein dichter Bestand des Bach-Ehrenpreis (Veronica beccabunga) begleitet uns im feuchten Weitergehen.
Nach überqueren eines Fahrweges wird der Aufstieg trockener. An der trocken Hangseite nun die Samenstände der Breitblättrigen Sumpfwurz (Epipactis helleborine), nicht nur einzelne, in lockeren Gruppen stehen sie. Dazwischen die Gemeine Goldrute (Solidago virgaurea) in Farbe.
Beide begleiten uns nun bis der Pfadaufstieg zur Burg nach links abzweigt.
Eine große hübsch gestaltete Tafel erläutert die Geschichte der Burg.
Durch eine Wand von Knoblauchsrauken, auch Knoblauchhederich genannt (Alliaria petiolata) steigen wir weiter.
Der rote Backsteinbau des Ruinenteil der Burg schimmert durch die Buchen und Ahorne. Der verputzte runde Turmteil versteckt sich noch hinter den Bäumen.
Kleiber und Meisen lärmen über uns, lassen sich nicht stören.
Keine Sicht von hier oben.
Lange verweilen wir nicht.
Wandern weiter zum "Weißer Stein".
Etwas noch durch den Laubwald , dann haben wir Sicht auf die Harzer Berge.
Über die geschwungenen Hügelfelder zum Ackerhöhenzug mit der "Hans Kühnenburg", davor zwischen Mais und graubraunen Ackerflächen Bockelnhagen.
Der "Große Knollen" mit seiner Gastwirtschaft, Der "Brocken" lugt noch links hinter dem Ravensberg hervor. Der Ravensberg -Turm krönt die Reihe der Harzberge, die dann hinter einem der Eichsfelder Hügel untergehen. Die Felder der Hügel sind mit Waldstreifen durchsetzt. Satt grün leuchtet nur der Mais, sonst Graugrün bis ins Braune, die übrigen Äcker. Am Ackerrand noch Frauenflachs (Linaria vulgares) in gelb, Schmalblättrige Weidenröschen (Epilobium angustifolium) mit wenig Farbe, schon in Samen. Der Kompasslattig (Lactuca serriola) auch schon verblüht, doch sind seine Blätter immer noch quer gestellt.
Kornblumen (Centaurea cyanus) in blau. Die roten Beeren des Gemeinen Schneeball (Viburnum opulus) wetteifern mit den rot-schwarzen Beeren des Schwarzen Holunder (Sambucus nigra).
"Weißer Stein" , ein "Kurmainzischer Grenzstein, diese markante Stelle empfängt uns mit einem reifen Zwetschgenbaum, oder ist es doch eine Pflaume? Die Größe spricht für die Pflaume, der Geschmack für die Zwetschge.
Doch bis hierher war es ein langer breiter staubgrauer Feldweg. Voller Aussichten, doch nicht schön zu laufen. Auf einem Acker ein riesiger Haufen Klärschlamm der seine Düfte weithin schonungslos verbreitet. Wir streiten uns darüber was mehr stinkt; der Schlamm der Gesellschaft oder die darin enthaltene Chemie von Waschmitteln und Klosteinen. Jetzt dämmert es uns warum der Wirtschaftsweg so ohne jegliche Vegetation ist. Zu stark befahren von landwirtschaftlichen Großmaschinen. Dem Druck der Riesenreifen, der Trecker u. Anhänger, ist noch kein Kraut gewachsen. Muss man nicht haben diesen Wirtschaftsweg zum Wandern.
Der "Weißer Stein" ist ein kleiner alter, von Steinmetz bearbeiteter Grenzstein. Die eine Seite schmückt das Mainzer Rad, die andere ein Angelhaken, einem -S- nicht unähnlich. Ein Herrschaftszeichen.
Daneben steht ein imposanter Großer,um ein vielfaches größer, als der kleine mit dem Mainzer Rad. Bedeutungslos? Kein Hinweis auf ihn.
Sumpfkratzdiesteln (Cirsum palustre) blühen hier, Weißlinge saugen an ihnen, flattern umher, Eine langbeinige Radspinne wartet am stacheligen Stiel auf ins Netz gegangene Beute. Ein asphaltierter Wirtschaftsweg bringt uns nach Norden zum Weiler Weilrode. Apfelbäume begleiten uns, sind noch nicht zu genießen, zu unreif noch; doch ein zerzauster Admiral tut sich an einem angepickten Apfel gütlich.
Am Weggraben Bitterkraut (Picris hieracioides), das Gemeine Seifenkraut (Saponaria offizinales).
Der Kyffhäuser im Nord-Osten. Kulpenberg und Barbarossa -Denkmal deutlich zu erkennen.
Der Wald des Kirosberg's nimmt uns auf, Ein riesiger Radlader und ein noch größerem Miststreuer fährt an uns vorbei. Der Klärschlamm- Gestank hat uns wieder, begleitet uns lange.
Die weißen Haarkränze der Früchte des Hain-Greiskraut (Senecio vulgris, der Waldstorchschnabel (Germanium sylvaticum) in rotviolett, die Acker-Minze (Mentha arvensis) mit seinen helllila Scheinquirlen, Das Große- u. Kleine Springkraut (Impatiens noli-tangere / I.parvifolia) beide in gelb, der Hornklee (Lotus corniculatus) auch gelb, erfreuen uns, blenden den Gestank etwas aus.
Ein Kaisermantel fliegt die letzten Ackerkratzdistelblüten (Cirsum arvense) an.
Koppeln tauchen auf, auf denen sich eine Herde Kaltblüter- Pferde tummeln, suchen den Schatten der Bäume.
Der Friedhof Weilrode mit seinem Glockenturm. Die Läutezeiten und ihre Bedeutung kann man auf einem Hinweisschild lesen.
Nur unser Wanderzeichen, das Mainzer Rad das uns vom Kurmainzer Grenzstein begleitet hat ist verschwunden. Laut Wanderkarte zweigt hier kurz vor Weilrode unser Weg scharf nach Westen ab. Doch das Wegzeichen fehlt! Der Weg ist zwar sichtbar doch mit Stacheldraht versperrt. Er führt hier ein Stückchen über eine Koppel und verschwindet hinten im Wald.
Sollen wir den Stacheldraht ignorieren, drüber steigen und dem Eichsfeldwanderweg , er ist es, - ganz bestimmt-, folgen? Ein angesprochener Anwohner rät uns davon ab. "Zu sumpfig, zu polterig" seine Auskunft.
"Die Straße ist wenig befahren, lauft da; oder über den "Weißer Stein"rät er uns.
Da kommen wir her; dann doch lieber die Straße; beschließen wir.
Links das Feuerwehrgerätehaus, rechts ein Weg zum Denkmal der beiden Weltkriege. Ein Rastplatz unter Eichen. Der Weg endet im abgeernteten Acker, Zurück wollen wir nicht, führt die Straße doch unter uns entlang und bestimmt finden wir einen Abstieg zu ihr. Alles ist zugewachsen, weiter! Unter einem verrosteten Elektrozaun der eine Wiesenfläche abgrenzt hindurch, noch mal unter oder drüber weg und vor einem Wohnhaus sind wir wieder auf unserer Straße . Ein großer Hund mit noch größerer Stimme kläfft uns an, springt am Zaun entlang, macht einen Terz als wollten wir ihm an Fell. Wir sind froh als wir sein Gekläffe und die verwunderten Augen seines Frauchen - wo die (wir) wohl herkommen, hinter uns lassen.
Ein bunter blühender Garten mit Besitzerin. "Haben sie herrliche Zinnien
und so saubere Beete u. die tollen Malven, selbst die Chrysanthemen blühen schon", sage ich zu ihr. Die ältere Dame blüht auf, erzählt uns von der vielen Arbeit und in diesem Jahr die Astern nicht gedeihen wollen. "Immer geht eine kaputt, immer wieder eine,ich verstehe das nicht" klagt sie. Ich tröste sie und weise auf das wechselhafte Wetter hin ,dass die Astern das wohl nicht vertragen. Zustimmendes Nicken. Meine Frage nach dem jenseits des Baches, der Weilroder Eller (vielleicht leitet sich daher der Name Allerburg ab) winkt sie ab, sagt: "Wir laufen da immer, hättet ihr auch, die Pferde stören sich nicht daran". Die Pferde nicht, aber vielleicht der Herr dieser Pferde? Sage aber nichts, denke nur.
Auf unserer sonnenbeschiedenen Straße kommen wir gut voran. Sind jetzt fasst 5km auf Asphalt gelaufen. Ein, zwei Autos kommen uns entgegen. Aufgerissene Augen fahren ans vorbei. Fremde auf der Straße. Ein Motorsensenmäher mäht den Koppelrand unter dem Zaun. Seine Zunge mäht mit, hat bald die gleiche Geschwindigkeit wie der Mähfaden, nur dass sie sich nicht dabei abnutzt.
Er bemerkt uns, nickt freundlich, einen Augenblick Ruhe, - - die Sense kreischt weiter.
Der Eichfeldwanderweg, der richtige, kreuzt unsere Straße, führt weiter Richtung Bartolfelde/Niedersachsen, wir biegen ab nach Bockelnhagen. Stoßen bald auf den Abweig nach Weilrode, hier wollten wir ankommen. Auch hier Stacheldraht, doch die Wegzeichen sind noch vorhanden. Weit hinter dem Zaun strahlt das Beruhigungszeichen, das Zeichen dass dem Wanderer die Sicherheit gibt auf dem richtigen Weg zu sein, uns entgegen.
Ein bisschen Wegeverwirrspiel in Bockelnhagen. Die Kirche tarnt sich als Fachwerkhaus, ein Briketthaufen erinnert an vergangene Zeiten, ein Uralt-Wohnwagen macht den Eindruck komplett, daneben ein moderner Kindergarten und flugs haben wir unser Auto wieder. Die Herren gehen noch einmal pinkeln, ein jeder in einer anderen verschwiegenen Ecke. Rita sitzt schon im Auto, ich setze mich ans Steuer, Wilfried kramt noch hinten umher, setzt sich auf den Rücksitz hinter Rita.
"Hier stink's nach Hundescheiße" meldet sie. "Hat da jemand reingetreten"?
Rita steigt aus betrachtet ihre Sohlen, ich tue das auch. Alle vier Sohlen blank. Wilfried meldet sich vom Rücksitz:"Meine Schuhe sind sauber"!
Ein zufälliger Blick auf seine Schuhe, die hat er gar nicht mehr an, seine blanken Füße stecken in Sandalen, die Schuhe samt der Strümpfe liegen hinten und duften!
"Aber nach Hundescheiße riecht das nicht" verteidigt er sich, wobei er er noch die -Hunde -weg lässt!
Ein Erlebnis im schönen wanderbaren Eichsfeld.
Zum Erbbegräbnis derer von Minnigerode in Silkerode wollen wir noch.
Im Ort rechts auf einen kleinen Parkplatz stellen wir das Auto ab. Wandern die Sackgasse hinunter, laut Wilfried liegt dort auf der anderen Seite das Mausoleum. Der Gang durch die Gasse wird zum Abenteuer, Ein Schäferhund,seine Pranken liegen auf auf dem oberen Zaunrand, bellt uns böse an,versucht über den Zaun zuspringen. Seine Hinterläufe lösen sich bedenklich vom Boden, doch er bleibt drüben. Der Halter, die Leine in der Hand grinst dazu, macht keine Anzeichen den Hund zurückzuhalten.
Wir grüßen, sind aber doch froh als wir vorbei sind an Hund und dem Grinser.
Der Weg wird zum Pfad, führt über eine verfallene Brücke über den Bach. Zurück wollen wir nicht, ein zweites mal am Hund vorbei, das schenken wir uns. Also balancieren wir über die Verfallende. Rita muss, trotz Zögern, mit rüber auf die andere Seite. Drüben am Hang kein Mausoleum nur ein Teich mit Tafel die auf eine vergangene Glashütte hinweist. "Laut meiner Karte liegt das Mausoleum auf der anderen Seite " melde ich. "Ich war noch nicht her, doch muss es in der Nähe sein, vielleicht doch auf dem gegenüberliegenden Hang", sagt Wilfried mehr zu sich selbst als zu uns.
Auf breitem Feldweg geht's zur anderen Seite.
Landen wieder auf den Wiesenplatz an der Straße wo unser Auto steht.
Ein prächtig tragender Zwetschgenbaum, frei zugänglich, steht hier. Es gefundenes Fressen, denken Rita und Wilfried, dann im Augenblick des Zugreifens doppeltes Hundegebell und nicht nur das, sondern eine Dame steht plötzlich hinter dem Zaun des hinterliegendem Grundstück und fällt mit ärgerliche Stimme in den Hundelärm ein: "Das ist unser Baum, wir haben den gepflanzt, das ist Diebstahl, lassen sie das"! Wilfried geht zu ihr. "Eine Handvoll ist vielleicht Mundraub oder so was, das ist nicht strafbar, es auch nicht ersichtlich dass das ihr Baum ist und wenn doch, dann können sie uns ja zur Strafe zu einer Tasse Kaffee einladen"!?
Der keifende Klang ihrer Stimme wird freundlicher, milder "Dazu habe ich keine Zeit"!
Erklärt uns sogar den Weg zum Mausoleum. Selbst die Hunde schweigen.
Finden es auch gleich ein paar Schritte weiter den Hang hinauf , versteckt zwischen der Wohnbebauung.
Etwas mehr Platz hätte mann dem Bauwerk wohl zubilligen können, so eingeengt wird auch der Andachtsgedanke in enge Fessel gelegt.
Sehens wehrt aber allemal.
Beim Rückweg kommen wir wieder am Zwetschgenbaum vorbei, Wilfried und ich lassen ihn links liegen, nur Rita greift noch einmal zu.
Sofort melden sich die Hunde lautstark; die Dame aber schweigt
Das Eichsfeld teilen sich Thüringen, Niedersachsen und Hessen.
Hügel an Hügel, mal lang gestreckt, mal als runde Kuppe aufgebaut, die Kuppen meist bewaldet.
Felder und Wiesen, nicht einfach platt daliegend, nein schwungvoll überziehen sie die Hänge. fallen ab ins Tal und setzen ihren Schwung auf dem nächsten Anstieg fort. Kleine Bäche dazwischen. Hier finden wir hübsche heimelige Dörfer mit liebevoll gestalteten Gärten und arbeitsame Bewohner.
Eigen im Sinn sind sie die Eichsfelder. Laut, aufmerksam, agil und nicht sehr freundlich zu uns, ihre Hunde.
Einer von ihnen, der Eichsfelder Hermann Iseke, dichtete in seinem "Eichsfelder Sang":
Bist du gewandert durch die Welt,
auf jeden Weg und Pfad..
Hast du das Eichsfeld nicht gesehen
mit seinen burggekrönten Höh'n
und kreuzfidelen Sassen,
dein rühmen kannst du lassen!
Recht hatte er!
Otto Pake
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