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Seite 3.. Im Harly 

1 Tonfarben Schüppling mit vergehenden Hallimasch

Es ist eine Schleimmasse in Bewegung. Dort wo die geballte Schleimmasse durchgezogen ist bleiben dünne faserähnliche Reste des Schleims zurück. Äußerst selten an diesem wandernden Schleim ist die weißlich-graue Farbe. Trotzdem handelt es sich bestimmt um eine Art der Gelben Lohblüte. Im Fichtenwald des Harzes ist diese oft zu finden. Da trägt sie sattes Gelb statt Weißgrau wie hier an der Wedde. Die Wissenschaft ist sich noch nicht ganz einig dieses Unikum einzuordnen. Man hat sich, meines Wissens, erst einmal weitgehend auf Schleimpilz geeinigt. Wobei das mit dem "Pilz"  nicht stimmen kann.
Die Gelbe Lohblüte ist vielmehr ein "intelligenter  Schleim" der bei seiner Nahrungssuche über den Untergrund gleitet und das was er zum Leben braucht dabei aufnimmt. Wird der Schleim geteilt, übernimmt  das abgetrennte Schleimstückcken alle Lebensfunktionen seiner "Mutter". Da stirbt nichts. Jedes geteilte Stückchen Schleim ist überlebensfähig! Dort wo der Schleim entlang gezogen ist hinterlässt er eine weißliche schneckenähnliche Kriechspur, die  nach neuesten Erkenntnissen, das Pflanzenwachstum anregen und fördern sollen. In Mittelamerika wird der Schleim, ähnlich wie bei uns Rührei, in der Pfanne gebraten und verzehrt. Das habe ich noch nicht probiert und werde auch nicht!  So plötzlich wie der "intelligente" Schleim erscheint ist er bei einer Nachsuche auch schon wieder verschwunden.
Da ist der Hallimasch, ein paar Schritte weiter, nicht so mysteriös. Das was wir als Hallimasch ernten, mit Speck in der Pfanne braten, ist der Fruchtköper seines unterirdischen Myzels. Das kann sich weit im Boden verbreiten und dort wo der Boden besonders für seine Sporen aufnahmebereit ist, treibt es dann seine Fruchtkörper, unseren Hallimasch. Dort verbreitet er seine Sporen, gibt ihnen beste Voraussetzungen zum Keimen, zur weiteren Verbreitung seiner  Nachkommen.
Der Tonfarben Schüppling, der sich hier zum Hallimasch gesellte, sowie alle anderen Pilze machen das genau so. Sie fruchten dort, wo ihre Sporen die besten Lebensbedingungen finden. Ob es sich nun um den Parasol, den Schwefelköpfen, den Täublingen oder um die große Familie der Tintlinge, die eben auch überall auftauchen, um andere  Blätterpilze oder um die Familien der Röhrlinge handelt.
 Der Weddebach begleitet uns ein Stückchen des Weges. Schwenkt, als er vom Süden kommend auf den Harly trifft in Richtung seiner Quellen, von und bei dem Kloster Grauhof / Goslar, ab. Wir laufen weiter in Richtung Osten. Immer am Waldrand entlang. Starke Äste von Eichen Buchen und Kiefern schweben über uns. Nicht lange dauert es und Felder geben den Blick frei zu den in weiter Ferne liegenden Harzbergen. Mit seiner halbrunden Mächtigkeit überragt der Brocken alle Anderen. Wie den Königsberg, den Quitschenberg, das Torfhaus zu seiner Rechten, die Zeterklippe, den Hohnekamm zu seiner  Linken. Wir stoßen auf den Gedenkstein des Tier-, Heimat-  und Landschaftsmalers  Fritz Laube aus Vienenburg. Im Wirtshaus des Klosterkrugs Wöltingerode schmücken oder schmückten lange Zeit seine wunderbaren Bilder die Wände. Diesen Krug lassen wir jedoch erst einmal rechts liegen um am ehemaligen Forsthaus vorbei zum Bismarckstein zu kommen. Wo früher Wiesen blühten, wachsen jetzt zur Energiegewinnung Hybridpappeln. Sie verbergen hinter ihrem hohen Grün das ehemalige Kloster Wöltingerode, die Aussicht auf die Berge.
Im Verhältnis zu den Bismarck-Gedenkstätten im norddeutschen Raum ist es nur ein bescheidener Stein der zu seinem Gedenken hier am Rand des Harly  in der Nähe des Schacht 2 der Vienenburger Kaligrube, der Hercynia, aufgestellt wurde. Welche Gedanken ihm nur diesen kleinen Stein bescherten, ob es Geld oder an einem besondern Wohlwollen an dem vielseitigen Herrn Otto  von Bismarck mangelte, kann ich nicht sagen. Doch ein bisschen mehr Achtung sollte dieser Gedenkstein auch in unserer heutigen Zeit immer noch erfahren. So gammelt er sachte von der typischen Vegetation des Harly umgeben, seiner eisernen Inschriftentafel beraubt, halbvergessen etwas abseits des Pfades dahin. Nur sein markanter schnauzbärtige bronzene Kopf im oberen Drittel des Steins greift noch in die Erinnerungskiste seines Lebenswerks. Wie immer man es betrachtet: Viel Macht bringt halt auch viele Neider, Nörgler und Besserwisser.
Dem "Besserwisser" mit all seinen Nebenformen war, wie nachzulesen ist, unser Otto von Bismarck auch häufig  zu seinem Vorteil und Ego, sehr aufgeschlossen.
Man könnte glauben die Gruppe von Glimmer-Tintlingen, in Sichtweite des Gedenksteines, lebt auch solch einen Traum. Mächtig und kraftvoll drängeln sie ihre leicht glitzernden braunen Pilzköpfe ans Licht. Doch nur kurz ist ihr Leben, viel kürzer als viele der anderen Pilzarten. Schon bald verschwindet ihre Kraft und sie zerfließen zu einer schwarzen tropfenden Brühe. Verschwinden bald so schell wie sie ans Licht drängelten. Verschwinden unter den robusten mit großen silbernen Flecken überzogenen  Blättern der Silberblättrigen Taubnessel. Sie, ein Gartenflüchtling, hat sich in letzter Zeit in der Nähe von Gärten, explosionsartig ausgebreitet. Das Lustige daran ist, das Niemand weiß wo ihre eigentliche Heimat, ihr Zuhause ist.  Es bleibt im Dunklen wo sie hergekommen sind. Warum sie  so plötzlich auftauchten. Auch der ungestüme, heimliche Drang ihrer Verbreitung ist voller Rätsel!  
Wir kehren um. Nehmen den Pfad, der uns herführte, noch einmal unter die Füße. Vermissen noch einmal die verloren gegangene Aussicht auf Klostermauer und Klosterkirche. Betrachten, bevor das Forsthaus wieder auftaucht, die kleine davor liegende Wohnsiedlung, ihre gepflegten Gärten. Wandern, mit etwas ermüdetem Schritt, doch voller Gedanken,  am ehemaligem Forsthaus vorbei zu unserem Auto.

Otto Pake