Warum hat hier der Harzfluss der Fichten seine Aufgabe den Anflug-Fraßgang, die Rammelkammer nicht sofort zugeharzt, das Borkenkäfermännchen verharzt und ertränkt? An zu wenig Wasser kann das hier am Roten Bruch nicht gelegen haben! Ist es ein vom Borkenkäfer eingebrachter Pilz, der für das Sterben der Fichten gesorgt hat, von dem der Borkenkäfer dann profitierte? Schaurig der gestorbene jüngere Wald, schön wenn das Auge das neue Leben findet und sieht!
Die Warme Bode begleitet uns mit ihrer rotbraunen Wasserbrühe ein Stück am Wege. Taucht mal auf, versteckt sich unter Gras und Fichtengrün, von vom Sturm aufgeworfenen Wurzelteller. Braunes, mit rotem Stich überhauchtes Gras. Gestorbene graue Fichten hinter blattlosen hellen Birkenstämmen auf der linken Seite, des mit leichten Schneegriesel überzuckerten Forstweges. Rechts eine Gruppe mittelhoher im Leben stehender grüner Fichten. Alles von der Sonne beschienen, unter weißen Schleierwolken am blauen Himmel, ergeben eine traumhafte Kulisse. Eine Wanderin mit Doppelstockeinsatz und Hund an der Leine saust an uns vorbei. "Ich will gar nicht so schnell. Der Hund rennt so", sind ihre freundlich hingehasteten Worte. Wenn man nun glaubt sie ist uns im Nu aus den Augen gelaufen, der täuscht sich. Noch eine ganze Weile stolpert sie immer wieder den Hund hinterher zerrend, vor uns hin. Nicht der Hund will so rennen. Sie ist es selbst die das Tempo hoch halten möchte. So bremst der Hund an der Leine ihren sie glücklich machenden Vorwärtsdrang. Oft nimmt das Glück seltsame Wege, stehen sich Verliebte einander im Wege um beide Herzen zu erreichen.
Bald taucht der Bodebruch mit seinem hölzernen Steg, dem Aussichtsturm auf. Bevor die Bretterbohlen des Stegs erreicht werden sorgen die Wurzelteller der Fichten für ein besonderes Wandererlebnis. Eine Art Hochseiltanz auf und neben den nackten Wurzel ist erforderlich. Konzentration und Geschicklichkeit sind gefordert. Es ist wohl mehr dem Glück als unserem Können zuzuschreiben dass wir diesen Wurzelseiltanz schadlos überstehen. Rotbraun die dichten Horste der Haarigen Haarsimse, leicht ins rot gleitend auf einer erhöhten Kuppe die kahlen Triebe der Heidelbeere, die langen gelben Halme des Pfeifengrases, die grünbeblätterten kurzen Triebe der Preiselbeere. Auf den freien nassen Flächen dominieren Sumpfmoose, vermischt mit Rosmarinheide, in der sich die roten Früchte, die geblätterten Ranken der Gewöhnlichen Moosbeere verstecken. Der Rundblättrige Sonnentau der sonst immer hier zu finden ist, hält bestimmt Winterschlaf. Er ist nicht zu entdecken. Ein paar zerzauste kränkelnde Fichten kommen mit dem feuchten Grund nicht richtig zu recht, zeigen es. Am Rand des Bodebruchs, der von Fichten gesäumt ist, wütet der Tod. Alle Randfichten recken ihre kahlen nadellosen Äste in die winterliche Sonne. Der Blick vom Aussichtsturm über das im Sonnenschein rotbraun erstrahlende Bodebruch wirkt wie verzaubert. Die wenigen krüppeligen kleinen Fichten, die im Moor verteilt stehen, gleichen zur Flaute verdammten kleinen Segelschiffen. Moortraumbilder!
Die poltrige Wurzelstrecke umgehen wir. Nicht noch einmal das Schicksal herausfordern. Ältere Knochen wachsen nicht so schnell wieder zusammen. Am Wegweiser des NP entscheiden wie uns für die schnellste Variante. Schenken uns die 600m zum Dreieckigen Pfahl; nehmen erst die Loipenbohlen, dann den Weg über die Höhe 624 die den Bodebruch vom Schwarzen Sumpf und Oderbruch trennt unter die Sohlen. Laufen quasi auf der Wasserscheide zwischen Elbe / Weser auf direktem Weg die ca. 2 km nach Oderbrück zurück. Vor zwei Jahren bin ich hier mit einem Wanderfreund sammt Hund auf dem Weg zum Brocken entlang gelaufen . Ein hoher, dichter dunkler Fichtenwald begleitete uns damals. Jetzt liegt unser Weg im Sonnenschein. Links und rechts sind aus Sicherheitsgründen die Bäume abgeschnitten. Hinter dem Sicherheitssteifen stehen sie weiterhin aufrecht im Licht als wollten sie uns weismachen sie seinen Lärchen. Doch hier schiebt keine Knospe ihr Grün mehr in den Frühling, wird kein Blütenstaub vom Wind mehr fortgetragen, werden keine Zapfen ihre Samen mehr ausstreuen. Hier herrschen jetzt erst im Unsichtbaren, später für viele sichtbar die Pilze. Wer Hallimasch mag ist hier richtig, wird bald pfündig. Ob Steinpilz, Maronen, Pfifferlinge das Leben ohne die Fichte gut finden wird sich zeigen. Baumpilze die nicht in Topf und Pfanne wandern werden zahlreich auftauchen. Sie werden die Grundlage für den neuen sich selbst bildenden Wald bringen. Weide, Birke dann die Vogelbeere, der Ahorn werden kommen. Die Buche wird erst einmal ausbleiben. Da fehlt es an Samenbäumen, oder an Pflanzhacke und Jungpflanzen. Vielleicht erleben wir ja noch das Vorhaben des NP von "Natur, Natur sein lassen". Etwas Besonderes wird schon herauskommen. Fachliche Kompetenz ist reichlich vertreten. Betrachten wir ihr Eingreifen, ihr Nichteingreifen. Geben wir der Natur ihre Chance. Sie braucht uns nicht!
Halten wir gemeinsam ihren scheinbaren, uns meist unverständlichen erscheinenden Ungemach aus. Die Wälder des Harzes werden uns mit Sicherheit positiv überraschen!
Otto Pake