Die Salz-Astern an der Sülze sind verschwunden. Hier oberhalb der Salzquelle im "Süßem Wasser" herrscht die Berle - Berula erecta mit ihren weißen Blütendolden. Die Sülze ist unter dem Blätterdach der blühenden Berle verschwunden. Auf der naturbelassenen feuchten nicht gemähten Wiese, die von den grasenden Rinder auf der anderen Bachseite, noch nicht abgefressen und zerstört ist, wachsen weitere Besonderheiten. Wie Rauhaariger Fuchsschwanz - Amaranthus retoflexus, eine super hohe Filzige Klette - Arctium tomentosum. Auch der weiße Gänsefuss - Chenupodium album macht sich hier breit. Da ist es bald ein Wunder dass der Wasserdarm - Myosoton aquitinum noch seinen Platz zum Licht findet.
Wirklich freuen kann ich mich über das Schwarze Bilsenkraut - Hyocyamus niger. Es ist zwar verblüht, doch immer noch attraktiv so wie es seine einseitig beblätterten Stängel in die Höhe reckt. Genau gegenüber der Blätter stehen in Reihe angeordnet die Fruchtkapseln. Bei Samenreife vergrößert sich der Kelch zu einem Windfangtrichter der zusammen mit Wind und Regen für die Verbreitung der Saat sorgt. Jeder der Fruchtkapseln verstreut bis zu 500 Samen, die bis zu 600 Jahre keimfähig bleiben. Im Mittelalter hatte das Schwarze Bilsenkraut bei der Bevölkerung eine besondere Bedeutung. Es heilte nicht nur Alterskrankheiten wie Zittern, sondern es beruhigte und ließ Schmerzen verschwinden. War gleichzeitig Liebestrank und Rauschmittel. Ein Mittel mit dem das Reich der Toten besucht werden konnte. Bei Überdosierung blieb man gleich dort bei den Vorfahren. Es war ein heilsames und todbringendes Zaubermittel. Die Kirche, die Wissenschaft mit der es kollidierte verdammte es. Es brachte kein Geld in die Kasse von Kirche und Staat. So ist nicht viel von dem vielen errungenen Wissen der einfachen Bevölkerung um das giftige Schwarze Bilsenkraut übergeblieben. Es wird auch eine Beziehung zum Pilsener Bier hergestellt. Dort wurde wahrscheinlich das Bilsenkraut als Würzmittel genommen. Bestimmt wurde es von der Brauerei nicht wegen seiner Schönheit auf den Feldern angebaut. Auch am Flug der Harzhexen zum Brocken hatte es seinen Anteil. Die Hexen, die weisen Frauen, kannten seine Wirkung. Ob und was sie vom Flugkraut zu sich nahmen wurde nicht verraten. Auch ob der Besenstiel mit dem Saft des Bilsenkraut getränkt wurde, blieb ihr Geheimnis. Um das alles einfacher zu gestalten tranken sie vor ihrem Flug zum Brocken, so weise wie sie waren, bestimmt ein Bier aus Pilsen! Der Rest des Kasten mit den Flaschen ließen sie dem daheim Gebliebenem. So konnte der Arme seinen Trübsal ertränken. Ich glaube mir ist vor lauter Freude es einmal wiedergefunden zu haben, meinem streichelnden Berühren der "Götterpflanze", so wird es auch genannt, seine Zauberkraft schon über die Haut in den Kopf gestiegen.
Mir fällt es schwerer den Graugrünen Gänsefuss vom Weißen Gänsefuss, den Grünährigen Fuchsschwanz von der Spießmelde zu unterscheiden.
Der Schwarzen Nachtschatten - Solanum nigrum, ein Verwandter des Bilsenkrauts, windet seine Ranken über die hohe Flora der Sumpfwiese. Kleine weiße Blüten zieren es. Dem folgen grüne runde Beeren die bei der Reife ins Schwarze wechseln. Alle grünen Pflanzenteile werden als schwach giftig eingestuft. Giftiges Solanin und Saponin werden in die unreifen grünen Beeren verstärkt eingelagert. Dies verschwindet bei der Reifung der Samen. Reife, schwarze Beeren, wurden und werden immer noch gegessen. In verschiedenen Mittelmeer Ländern wird das Kraut des Schwarzen Nachtschatten als Gemüse angeboten und gegessen. Bei uns in Deutschland wird es kritischer betrachtet. Wenn man bedenkt das unser Hauptgemüse die Kartoffel, die Tomate, doch auch die Andenbeere, die Goji-Beere die bei uns unter den Namen "Teufelszwirn" oder "Bocksdorn" alte Burgmauern überwächst und wegen ihrer angenommenen Giftigkeit nicht geerntet wird, zeigt wie Unwissen unbegründete Angst hervor bringt. Statt selbst zu ernten, wird die Goji-Beere als Wunder- oder Glücksbeere im Reformhaus, schön verpackt und hochpreisig, eingekauft.
So schnell verliert man sich vom Schwarzen Nachtschatten kommend, in das Gewirr der Meinungen der Gesundheitsapostel.
Wir verlieren uns aber nicht. Machen einfach weiter mit unserer abknickenden Runde. Wir gehen den gekommenen Weg zurück. Rinder stampfen am gegenüber liegenden Ufer der Sülze durch die Wiese, durch den feuchten Schlamm. Bereiten so die Aussaatfläche der Einjährigen Pflanzen vor. Nicht besonders toll für das von Schönheit verwöhnte Auge. Aus dieser neuen Perspektive des Rückwegs fällt Übersehenes, wie das Milchkraut - Glaux maritima, leider schon verblüht, besonders auf. Wie kann man nur daran Vorbeilaufen! Wahrscheinlich hat das Rot des Queller, dass das Auge lockte, dazu geführt. Jetzt wird auch der Trockenhang, der uns nun rechts begleitet, die Sträucher im verblühenden Sommerflor betrachtet. Die Wilde Möhre mit zusammen gerollter Blütendolde, den rötlichen fein bestachelten Früchten, einschließlich ihrer hübschen Halskrause. Das Bitterkraut, die Wegwarte, die Stengellose Kratzdistel, den Feld-Mannstreu, den Eingriffligen Weißdorn, den Sauerdorn der mit seinen vielen rötlich-orangen Früchten regelrecht prahlt. Weiß leuchten aus den Blattachseln des Wolfstrapp - Lycopus europaeus seine zu Scheinquirlen gefassten Lippenblüten hervor. Auch er liebt feuchte Uferbereiche.
Daneben, im salzigen Bereich wächst die Strand-Simse. Ein Sauergras, welches früher zu kleinen Körben verflochten wurde. Nun, wegen seiner Seltenheit im Binnenland, als Besonderheit angesprochen wird!
Auch die Portulak-Keilmelde finden wir. Ihre Blätter schmecken leicht nach Portulak. Daher hat die Melde ihren Namen. Noch etwas Einzigartiges tragen ihre Blätter auf ihrer Oberfläche. Es sind kleine Haare die das aufgenommene überfüssige Salz herausfiltern. Ist ihr Lager voll, brechen sie ab oder spalten sich auf. So wird das Salz wieder aus der Pflanze entfernt.
Sülldorf hat mit seiner Salzquelle schon bessere Zeiten erlebt. Salzgenossenschaften bekamen das Recht Salz zu sieden. Als die Bruderschaft der Salzknechte, der Kohtknechte zu reich dabei wurden, kaufte Friedrich Wilhelm der I. das Recht auf Salzgewinnung auf. Bald wurde die Salzgewinnung jedoch aufgegeben. Sülldorf eröffnete ein Sole-Kurbad. Das lief unter Nachfolgern bis 1976. Dann war Schluss mit dem Gebrauch der Sole. Die Bauten auf dem Weinberg verschwanden, machten Wohnhäusern Platz. An die hohe Zeit erinnert das Denkmal der Familie von Angern im Park hoch über der Sülze. Leider konnte ich die desolate Beschriftung nicht deuten. Doch ihr altes Wappen am oberen Ende der runden Säule ist noch immer prägend. Das alte Adelsgeschlecht das unter Albrecht dem Bären hier über 300 Jahre heimisch wurde besaß 2 1/2 Koht als Erbzins-Gut und Lehn von der Kirche. Kirchenkoht wurde das Lehn genannt.
Weiter zu