Wenn sich die Blätter färben, frische Winde mit ihnen spielen, die Sonne nur sporadisch durch dunkle Wolken blitzt die mit Regenschauern die Erde tränken, dann sind wir mitten drin in der Zeit der Pilze. Dann sieht man schweigende Frauen und Männer mit Körben und Tüten in der einen, ein Messer in der anderen Hand, weglos, mit suchendem Blick durch den Harly streifen. Oft kehren sie heim mit mit reicher Pilzernte für Topf und Einmachglas. Daran wollen wir uns heute nicht beteiligen, wollen uns dem Sammelstress nicht ausliefern. Wir wollen nur wandern, sehen, schauen, nicht ernten!
Die Blätter des Wilden Wein im Garten am Forsthaus bei Wöltingerode strahlen im prächtigsten Rot. Der Ahorn dahinter schwankt noch zwischen Grün und Gelb. Er will die Entscheidung die der Herbst getroffen hat noch hinausschieben. Einigkeit bestimmt aber nicht das Bild der übrigen Laubbäume, der kleineren Sträucher und Büsche. Viele sind arg strubbelig gepustet, haben ihre Blätter dem Wind schon mitgegeben. Der sie dort abgelagert hat wo er die Lust seines Spiels mit ihnen überdrüssig war. Wie Trommelstöcke mit vergrößerter Spitze stehen jetzt junge Parasol-Pilze, fast in Linie angetreten, in der abgelagerten Laubspur am Wege. Auf einem mit Moos überwachsenen Stubben stehen, wie auf vergessener Wacht, zwei vergangene Weißmilchige Helmlinge.
Vorbei an der Kräuter August Höhle steigen wir hoch zum Kammweg. Dieser zieht sich über den gesamten Harly von der Oker bei Wiedelah bis nah ran an den Weddebach bei Weddingen. Der Kammweg ist wohl im Sommer ein wenig von den Wanderern vergessen worden. Schmal, vom Rand her zuwachsend präsentiert er sich. Umgestürzte Bäume liegen quer. Eine starke Buche hat es auch getroffen. Sie muss schon seit längerem hier liegen, das zeigt der Grad ihres Vergehens. Das ist der Platz, die Lebensgrundlage den sich der Ästige Stachelbart, auch Buchen-Stachelbart (Hericium coralloides) genannt, ausgesucht hat. In kleineren und größeren Gruppen hat er den ganzen alten Buchenstamm eingenommen. Hier könnte man, wenn man denn wollte, nicht nur einen vollen Korb von ihm nach Hause tragen, denn seine Jugend hat er noch nicht überschritten und in dieser ist er besonders schmackhaft. Später er wird zäh, dann ist es nichts mehr mit einem Genuss. Wegen seiner Seltenheit in unseren Gefilden wäre auch angebracht nur eine kleine Kostprobe von ihm mitzunehmen.
Ganz hinten, versteckt am Ende in einer Ecke, des alten Buchenstammes, hat der Rotschneidige Helmling noch seinen Platz gefunden. Er steht da, eingerahmt von Nasenklemmern des Ahorns, auf seinem am Fuß weißbehaarten gebogenem Stiel. So bringt er seine Lamellen in die richtige, waagerechte Position zum Verstreuen seiner Pollen.
Eine Laubheuschrecke versucht sich zu im trockenem Laub unsichtbar zu machen. Sie trägt die braune Farbe der umliegenden Blätter. Nur weil sie über ein paar frisch-grüne Blätter, die der Wind hergetrieben hat, krabbelt fällt sie ins Auge. Sie ist zu erkennen an ihren langen Fühlern und dem, bei den Weibchen, üblichen langen Legedorn. Mit dem legt sie ihre Eier in Pflanzenteile ab, oder vergräbt sie im Boden. Sie ist ein Allesfresser, lebt von Tieren und Pflanzen, was hier im Wald nicht besonders auffällt, es sei denn man gehört zu ihren Opfern. Mir fällt sogleich eine ihrer Schwesternart, die Gewächshausheuschrecke ein mit der hatte ich in meiner Gärtnerlehre einiges zu tun.
Darüber möchte ich kurz berichten: Mein Lehrbetrieb Max Schenk Hohenhameln, früher in Gärtnerkreisen weit bekannt für Cylamenzüchtungen, betrieb mehr oder weniger aus Hobby des Chefs auch die Vermehrung und Anzucht von den aus Ostafrika stammenden Usambaraveilchen.
Die waren damals "in", konnten leicht durch Blattstecklinge vermehrt werden. Ihre Farben reichen vom tiefen Blau über Rosa, Rot bis zu Weiß gesprenkelten und gefüllten Formen. Sie brauchen gleichmäßige Wärme und indirektes, helles Licht. Das alles wurde ihnen geboten. Sie dankten es mit gesunden prächtigem Wachstum. Bis, ja bis sich die Gewächshausheuschrecke darüber hermachte. Das war bitter. Ihre Blätter, die ganze Pflanze welkte, starb dahin. Was haben wir alles angestellt um die Gewächshausheuschrecke wieder los zu werden! Es wurde gespritzt und genebelt. Nichts half. Immer wieder fraßen die Viecher unbemerkt von uns an den Usambaras. Das am Gewächshaus, ein paar Stufen tiefer gelegenen Kesselhaus, geheizt wurde mit Koks, wimmelte, wenn man Abends gegen 10 Uhr zum Abheizen musste, das Licht anschaltete, der Kessel für die Nacht versorgt wurde, (das war eine kleine Zusatzschicht der Lehrlinge), von den Gewächshausheuschrecken. Sie hockten reglos auf dem Boden. Hatten ihre langen Fühler nach oben gestreckt, waren von der plötzlichen Helligkeit des Kesselraum überrascht. Schnell wurde zur großen Koksschaufel gegriffen und von oben drauf geschlagen.
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