Im Bodepark ist der Vorfrühling schon durchgezogen. Was in der letzten Märzwoche noch blühte, wie Scilla, Kirschpflaumen, Schwarzdorn, Forsythien, Mahonien, die grazilen männlichen Blüten des Eschen-Ahorn sind verschwunden. Jetzt bestimmen das Scharbockskraut vermischt mit dem Hohlem Lerchensporn die Wiesenflächen vor der Klostermauer. Die Vogelmiere hat ihren weißen Blütenflor angezogen hat teilweise das Scharbockskraut überwachsen.
Letzte Blüten des Hohlen Lerchensporn führen einen aussichtslosen Kampf mit dem Klettenlabkraut . Über allem recken sich die kräftigen Blütenstiele ausgepflanzter, verwilderter Kaiserkronen. Der Spitzahorn täuscht mit seinen gelblich grünen, aufrecht stehenden Blüten viele Betrachter. Die Blüten des Spitzahorn täuschen gekonnt einen Blattaustrieb vor. Bis der so weit ist vergehen aber noch in paar Tage. Auf dem Tisch in der Felsengrotte stehen Osterglocken in einer Vase. Stammen die von einer Andacht, die hier im Freien, die evangelische Kirchengemeinde veranstaltet hat? Diese Gemeinde nutzt die Grotte auf diese Weise. Aus der Stille um uns tönen halblaut Vogelstimmen. Ein Park zum Wiederkommen und wenn obendrein das alte Wirtshaus seine Gartenterrasse geöffnet hat, bietet er ein Erlebnis der besonderen Art.
Das trifft auch auf des vergangene Zisterzienserinnen Kloster zu.
Als Karl der Große im 8. Jahrhundert auf seinem Zug zur Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen hier die Bode querte, gab es hier an der Bode schon zwei kleine Ansiedlungen. Westlich der Bode Wegeleben, östlich der Bode "Villa Hardesleva", so nannte sich Adersleben damals (978). Es wurde samt seiner Burg, von den Ungarn, die sich damals hier herumtrieben, zerstört. Mit untergegangen sind damals auch die Burgen in Wegeleben, Gröningen und Oschersleben. Doch die Bevölkerung beiderseits der Bode rappelte sich auf. Ihre Niederlage nicht vergessend, bauten sie stärkere Burgen, zogen Mauern um ihre Ortschaften. (Wegeleben 1020). Die Börde war zu ertragreich um sie aufzugeben. 1260 kam es, vom Bistum Halberstadt gefördert, zur Gründung des Zisterzienserinnen Kloster in Adersleben. Nonnen aus dem St. Burchardi Kloster zogen nach Adersleben. Fünfhundertneunundvierzig Jahre wurde im Kloster gebetet und gewirtschaftet, gelebt und gestorben. Dann war es Geschichte. Seine Liegenschaften fanden andere Eigentümer. Und wie das so ist, dort wo die starke ordnende Hand plötzlich fehlt, geht es bald drunter und drüber. Wie man es auch immer sieht, die heutige meist desolate Bausubstanz zeigt es uns. Niemanden kann und will ich verurteilen, doch ein bisschen mehr Weitblick von denen die das Sagen haben möchten, hatten oder haben, wäre schon sehr, sehr angebracht gewesen. Nicht nur gewesen. So stehen wir nun zwischen sanierter und verfallender Kloster-Bausubstanz, die weiter der Vergänglichkeit geopfert wird.
Vom Park aus folgen wir den Lauf der Bode. Gelangen bald darauf zu einer Brücke die über einen Graben führt. Vom Graben ist nicht mehr als eine Vertiefung über geblieben. Die Brücke mit Natursteinen gepflastert, das eiserne angerostete Brückengeländer, etwas verbogen. Die teilweise mit Schmuckornamenten versehen Geländerpfosten träumen von ihrer Vergangenheit. Eine Eschen hat sich an das Geländer angelehnt, ist dabei mit ihm Eins zu werden, hat den oberen Handlauf, ein starkes Flacheisen, schon bald überwallt, gibt den alten Pfosten neue Stabilität. Von der späteren Nutzung des Klosters als Zuckerfabrik verläuft noch ein Stückchen einer Gleisspur. Über eine verwegene Fußweg-, Bahnbrücke der Bode kommend, verläuft sie in der Mitte des Pflasterweges, vorbei am so genannten "Herrenhaus", Die Spur endet so abrupt wie sie auftaucht. Auf dem großen Platz vor dem "Herrenhaus", der Kirche St. Nikolaus, dem Taubenturm, Richtung Torhaus ist von der eisernen Spur nichts mehr zu finden.
Neu saniert die katholische Kirche St. Nikolaus. Das "Herrenhaus" früher ein besonderes Schmuckstück ist desolat, unbewohnbar. Im Hintergrund zwischen Herrenhaus und Kirche St. Nikolaus ein bewohntes Gehöft mit hohen Schornstein. Oben drauf ein Storchennest. Dann, wenn man der Runde im Uhrzeigersinn folgt, die Kirche St. Nikolaus mit seinem prächtigem Eingangsportal. Ein herunter gekommener Taubenturm folgt. Er verdeckt ein wenig die Fensterwand des abgerissenen Stallgebäudes. Schaut man in die leeren Fensterhöhlen sieht man auf Gras und Wildwuchs von Sträuchern und Bäumen. Dahinter das große neu eingedeckte Wirtschaftsgebäude des Gestüts. Dies bewirtschaftet jetzt wohl die ehemaligen Ackerflächen des Klosters. Von hier strahlt Gediegenheit und Wohlstand herüber! Ein Spitzahorn treibt einen seiner Zweige von innen durch die mit roten Backsteinen ummauerten Fensterlaibung Jetzt fehlt nur noch, wenn man den Gedanken ein wenig weiter spinnt, ein Kissen auf der Fensterbrüstung, eine alte Dame oder ein alter Herr mit abgewinkelten aufstützenden Armen darauf liegend die das umliegende Geschehen mehr oder weniger vorwurfsvoll betrachten. Dies bleibt aber Illusion. Es bleibt beim austreibenden Zweig des Spitzahorn der sich im offenem Fensterahmen zeigt. An der Ecke des gleichen Gemäuers macht ein Ast einer Esche es dem Ahorn nach. Mit dem Unterschied, dass die Esche schon ihre unscheinbaren grünlich-gelben, mit dunkelbraunen Staubbeutel geschmückten männlichen Blüten, keck in den Wind stellt.. Ein intensives Betrachten ist daher angebracht, um die wahre grazile Schönheit einer Eschenblüte zu erkennen. Oft blüht sie gemeinsam mit der Birke. Vermischt der Wind beide Pollen miteinander, treibt sie in die Augen von Allergikern, haben die einen besonders schweren Stand, dann tränen und jucken die Augen besonders heftig. Vom Taubenturm steht nur noch ein kümmerlicher Torso. Einst eine Zierde des Klosters, jetzt dem Verfall preisgegeben bietet er ein trauriges Zeichen des Vergehens. Die Vergangenheit nagt auch besonders intensiv am Torhaus. Was daraus in den letzten Jahren geworden ist, ist unbegreiflich! Hier zwängt sich der Eindruck auf, wird der Verfall willkürlich gefördert. Hier wird ein verzinkter Drahtzaun um das Gebäude gezogen, Von beiden Seiten ein Durchfahrts-Verbotsschild montiert. Das war es schon mit den Erhaltungsinvestitionen! Hier wird kein Dach geflickt, keine Scheibe repariert, hier werden die Augen, das Portmonee geschlossen gehalten. Wahrscheinlich die Verantwortung über das Geschehen von sich selbst zum Nächsten geschoben.
Noch erhalten geblieben sind an den alten Mauern fein gearbeitete Wappensteine. Mal unter einem überstehen gerieften Sturz vor den Unbilden des Wetter geschützt, mal wie an der Tür des "Herrenhauses" vom Türbogen eingerahmt. Hier am "Herrenhaus" müssen die Türen mehrmals ordentlich zugeschlagen worden sein! Nicht umsonst zeigt der gerissene Türsturz unter welcher Belastung es einmal stand. Jetzt wird nicht mehr mit der "Herrentür" geknallt, jetzt wird sie nicht mehr zugeschlagen, nicht von Innen nicht von Außen. Verschlossen ist sie jetzt! Das "Herrenhaus" zur Rumpelbude degradiert. Machen sie sich selbst ein Bild. Besuchen sie das ehemalige Kloster, den Bodepark in Adersleben! Beide umgibt ein besonderer Zauber.
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