Am 4. November 2020 brennt es in den Gärten von Badersleben. Grauer Rauch verbrennender Gartenabfälle duckt sich vor der Kirche, zieht, vom leichten Wind getrieben, nach Osten. Der Herbst zeigt sein farbiges Können. In goldgelb, über verschiedene braune Farbtöne, bis ins dunkle Rot reicht seine Blätter-Farbkulisse.Ein paar wenige Nadelhölzer in ihrem dunklen Grün mischen sich dazwischen. Der Acker davor im hellen Grün der Wintersaat. Dazwischen bleich die Stummel der abgeernteten Maishalme im Sonnenlicht hervor glänzen. Weißgraue Wölkchen ziehen durch das Blau des Himmels. Ruhe liegt über Badersleben, über dem Land. Nur das Wasser des Marienspring plätschert wie immer. Sein Lauf kreuzt kurz den Weg, rinnt ein Stückchen neben ihm, verschwindet hinter einem Zaun im nächsten Garten. Wir bleiben auf dem Weg der unterhalb des Kuhbergs auf der Höhenlinie bleibend dem Ölertsberg zustrebt. Weit reicht der Blick nach Norden über das Große Bruch zum auslaufenden Elm bei Schöningen, zum Kraftwerk Buschhaus, bis der Flechtinger Höhenzug den Horizont begrenzt. Eine Vielzahl hoher weißer Masten, die drei rotierende Flügel tragen, Strom erzeugen, drängeln sich in den Vordergrund. Weiter entfernt stehenden Gruppen dieser den Vordergrund Beherrschenden, schrumpfen zu einer Art kaputten Staketenzaun, der mal auftaucht, dann wieder für kurze Zeit verschwindet. Unser Wiesenweg mausert sich sachte zu einem immer schmaler und höher werdenden schattigen Blättertunnel. Ein paar selbst gezimmerte Holzbänke am Wege. Plötzlich tauchen aus dem halbschattigen Sonnenspiel des Blättertunnels zwei Pferde mit ihren Reitern auf. Zwei mittelalterliche fitte Damen sind es, die eng beieinander im leichtem Galopp auf uns zu stürmen. So zwei galoppierende Pferde mit zwei aus den Sätteln hüpfenden Damenhintern geben schon etwas her. Vor lauter Respekt vor diesen acht Pferdebeinen. den vier im Steigbügel steckenden, dem wippenden Körperteil der Damen, suchen wir Schutz in den Büschen am Wegesrand. Doch aus dem ungestümem Parallel-Galopp wird gleich ein sanfter Schritt, ein hintereinander Reiten. Somit Platz genug für unsere Begegnung. Freundlich grüßen die im Sattel sitzenden Damen von oben herab uns zu. Wir, vom leichten Erschrecken befreit, grüßen freundlich zurück. Das Getrappel verklingt, Pferde samt Damen sind verschwunden. Am Wegesrand stehen Samenstände des Löwenzahn. Die sonst so lockeren Schirmchenfieger haben sich durch die Feuchtigkeit des Morgens zu einer fast kompakten weißen Masse zusammen gekauert. Tragen, wie eine Zipfelmütze, auf ihren zusammengeklebten feinen Flugschirmen, dem Pappus, noch Reste ihrer gelben, nun braunen Zungenblüten. Ein anderer ihrer hohlen Fruchtstiele steht schon mit nackigen Blütenboden da. Der gestrige Wind hat schon gut gearbeitet, hat die Pappushaare anderer Fruchtstände, den Pfaffenstielen (die heißen so, weil der punktierte Blütenboden der die fedrigen Fruchtstände, den Pappus, trägt, auf einem hohlen fein behaarten Stängel sitzt, einer Tonsur der Mönche gleicht) getrocknet, vom Blütenboden gelöst, sie samt Samenkorn zu neuen Standorten mitgenommen hat. Gleich darauf biegen wir in die von Badersleben kommende "Kirschallee" ein. Ein kleiner Huckel und wir biegen ab zum 235 m hohen Ölertsberg. Bevor wir die leicht von Wildrosen verbuschte trockene Rasenfläche erreichen, kommt von hinten ein großer angriffslustiger Hund heran gesprungen. Auch das noch, mein Gedanke. Umgreife automatisch meinen Wanderstock etwas kräftiger. Weit hinten am Hauptweg steht der Hundebesitzer und schaut zu was da kommt. "Du Arsch halt deinen verdammtet Hund fest" senden ihm meine Gedanken zu. Noch immer stürmt der Hund mit aufgerichtetem Schwanz auf uns zu. Da ertönt ein schriller Pfiff. Auf der Stelle steht der Hund. Ein Augenkontakt zum Hund, zum Hundebesitzer. Ein weiterer Pfiff, der Hund macht kehrt, läuft zurück. Ein Dank mit der Linken, die Rechte trägt meinen Knüppel. Eine erhobene Hand der Gegenseite. Alles noch einmal gut gegangen!
Wir verlieren uns bei der Suche nach dem hier blühenden Deutschen Enzian aus den Augen. Finden weder den Gesuchten, noch den Hund mit Herrn wieder. Traurigkeit über den nicht gefundenen Deutschen Enzian zieht leicht ins Herz. Der alte Trampelpfad der über den Trockenrasen führte ist verschwunden, die Heckenrosen haben ihn verschluckt.
Den Blick in den alten Steinbruch schenken wir uns. Haben genug zu tun mit den vielen Stacheln der Heckenrosen die sich an die Hosenbeine hängen. Nach einem kleinen Absatz liegen die Rosen hinter uns. Hier wird gemäht, und mit dem Gras, fallen auch die Rosen. Ein Graben voller Sumpfkratzdisteln wird übersprungen. Klappt nicht ganz. Nach einem Ausrutscher hält Rita die Disteln festumschlungen im Arm. "Kratzen ganz schön die Biester" ihr Kommentar nachdem ich sie aus ihrer misslichen Lage befreit habe. Wir stehen nun unterhalb des Steinbruchs "Körtgenbruch". Kurz darauf öffnet sich das bewachsene kleine Tal, am Wege nach Huy-Neinstedt, zur offenen Wiese. Rechts am Hang, der ewige Bau von Dachs und Fuchs. Auf der Wiese drängeln sich die Wiesenchampignons. Zwar haben sie schon ihre frische helle Farbe verloren, bilden jetzt ein weißgraues, eng stehendes Pilzband. Ein in der Wiese vergehendes köstliches Mahl! Ein weiteres Pilzband vom Möchsköpfen, zieht sich noch viel länger durch die Wiese, löst sich erst im anschließenden Buchenwald auf. Dicke, mit grünen, gelbbraunen Blättern, im Sonnenlicht glänzende Buchenstämme bestimmen das Waldbild. Wir tauchen ein in das bunte Blättergewirr. Ein zur Höhe des Hardelsbergs abgehender Abzweig wird ignoriert. Wir bleiben auf den weiter nach Süden, zur Höhe, zu den Kollyteichen strebenden Wege. Der macht's aber nicht mehr lange. In der Nähe eines Ansitzes ist es Schluss mit lustig. Kein Weg, kein Pfad wie die Karte anzeigt. Nichts außer dichtem Gestrüpp. Das frühere Grünland musste dem Ackerbau weichen, mit ihm auch der eingezeichnete Weg an der Waldkante. Wir stolpern mehr als dass wir gehen an dieser entlang. Kämpfen uns durch das Gestrüpp einer steilen Hangwelle in der der Schwarzdorn das Sagen hat. Stehen vor einem weiteren Acker. Danach zugewachsenes Ödland. In den hohen Gräsern und stacheligen Büschen verbirgt sich einer der Kollyteiche.
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