Sie ist bedeutend freundlicher zu mir und der Fotolinse. Zwar haben wir zwei Flaschen Wasser dabei doch Rita macht es einer vorbeikommenden Familie nach, trinkt aus ihrer hohlen Hand einen ordentlichen Schluck Gebirgswasser das über drei hölzerne Rinnen fließt und zwischen den Steinen wieder verschwindet. Auch mein dezenter Hinweis, sich einen ordentlichen Dünnschiss einzufangen, nützt da nichts. Sie trinkt und behauptet noch: "Es schmeckt prima". Es dauert zwar etwas länger mit dem "Flotten", doch nach drei Wochen meldet er sich! Heute geht alles gut, so gut dass selbst die blauen Blüten des Schwalbenwurz-Enzien ins Weiße wechseln. Wir finden am Weg zwei Pflanzen von Schwalbenwurz-Enzian, bei der die sonst blauen Blüten ins Weiße gewechselt sind. Wundersame Welt! Von der Elbfallbaude, die rechts vom Weg liegen bleibt sind es noch etwa 1,5 km bis zur Elbquelle. Verkohlte Latschen zeigen, hier muss vor Jahren ein Feuer durchgezogen sein. Ansonsten haben die Gräser der sauren Wiesen schon alles wieder überwachsen. Bilden ein fleckiges Braun-Grün, durchsetzt mit lockeren weißen Fruchtbüscheln des Wollgrases, zwischen den, an der Spitze wieder ergrünten, Kiefern. Aus dem Quelltopf der Elbe auf 1346m, quillt kein Wasser. Nur eine stehende Pfütze verharrt zwischen den Steinen. Statt Wasser bilden viele Menschen einen stetigen Fluss von Kommen und Gehen. Schön ist ihr Lauf von der Quelle bis zur Mündung in die Nordsee gestaltet. Eine Reihe von Städtewappen links und rechts des stilisierten Flusslaufs macht Lust ihren Lauf bis zur Mündung zu folgen. Von Schmilka bis Lauenburg kennen wir sie. Sind wir, Rita und ich, die Elbe schon mehrmals gepaddelt. Die Wochen sind unvergessen. Von dort bis zur Kugelbake kenne wir sie vom Auto, bzw. vom Fahrrad aus. Auch Teilstücke der Elbe in Tschechien haben wir schon kennen gelernt. Nun soll ihr Lauf, die Elbseifen, von hier durch den Elbgrund bis Spindlermühle abgewandert werden. Vorher verabschieden wir uns noch von der nun langsam eintrudelten Truppenteilen unserer Busgesellschaft. Nicht alle haben es bis hier geschafft. Da fehlte wohl das Wollen. Der Rest ruht sich auf den Sitzgelegenheiten rund um die Quelle aus. Gleich ist Abschied von den Wanderunwilligen, den Busfahrern. Wir drei wandern zurück zum Städtchen Spindlermühle.
Einmal wenigstens lag mein Schatten im Quelltopf der Elbe. Wer möchte kann sich den Tag noch verschönern indem er den runden Hintern von der sinnlich knienden, dahin gestreckten hölzernen Dame die wohl die Weiblichkeit der Elbe symbolisieren soll, ein paar Streicheleinheiten zu kommen lassen. Das soll ein Wiederkommen fördern. Nicht wenige gönnen sich das Vergnügen.
Wieder lassen wir die Elbfallbaude liegen. Das große Haus ist bewirtschaftet, präsentiert sich jedoch in einem traurigem Zustand. Von der angehängten Fassadenplatten haben die Stürme nicht viel übergelassen. Roh, leicht verbröselnd der Beton des Hauses. Der Baustahl drängelt verrostend ans Licht. Neue, mit Bauschaum abgedichtete Fenster zeugen von einem Renovierungswillen. Der ist in diesem Sommer sicherlich eingeschlafen. Oder sind die sich angeregt unterhaltend auf der Terrasse stehenden bärtigen Herren, die ganze Baukolonne? Ihr Aussehen ist danach. Still betrachten wir das langsam verrottende Gebäude. Gut das der erste, vom weiten geprägte Eindruck einer Talsperrenmauer, sich nicht erfüllt hat. Die wäre mit seiner Betongüte schon lange vom Elbwasser zu Tal gespült. Ein neuer Wandersteg zweigt zum Elbfall ab. Um ihn zu erleben muss etwas abgestiegen werden. Doch dann erfreut man sich nicht nur an der famosen Aussicht, sondern auch an seiner stabilen, gekonnten Bauweise. Ein Prachtstück der tschechischen Bauingenieure und Arbeiter! Zu meiner Freude entdecke ich neben den dicken hölzernen Bohlen des Kunstwerks, am feuchten Ufer noch einen kleinen Bestand des Fettkrautes; einem Wasserschlauchgewächs, das mit seinen für den Insektenfang geeigneten klebrigen Blättern für sein Überleben sorgt. Etwas anstrengend und schweißtreibend ist der Aufstieg zum Weiterweg schon, doch allemal lohnend der Besuch des Elbfalls.
Gekonnt schwingt sich der mit Lesesteinen des Gebirges zusammengesetzte Wanderweg in steilen, manchmal engen Serpentinen zu Tal. Immer sind im Wegebau die natürlichen Felsformationen, wie Felsplatten oder Felsstufen mit einbezogen. Immer wieder sorgen Querrinnen für den gezielten Abfluss von Hochwassern. Oft, plötzlich und unvermittelt tauchen sie auf, so dass mann stetig den Tritt seiner Füße beachten muss. Soll nicht nur der Weg sicher zurückgelegt werden, sondern auch das wunderbare Umfeld betrachtet werden hilft nur ein Stehenbleiben. Doch trotzt aller Vorsicht passiert es dann doch. Rita, für einen Augenblick mit ihren Gedanken beschäftigt, poltert über die Steine.
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