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1 Am Prallhang

2 verläuft der Pfad zur

3 vielstämmigen Linde

4 Schwemmland

5 Erle am Tümpel

6 grüne Segel

7 Kloster Wöltingerode

8 Kanadische Goldrute

9 Judasohr

10 Schwarzerlen

11 links der Oker

12 Ãœberfallwehr

13 Silberreiher

14 streichen ab

15 Angebrannter Rauchporling

16 Futterstelle

17 mir entgeht nichts

18 in Sicherheit

19 Birnengitterrost

20 an der Blattunterseite

21 Kloster-Weizen

22 von Wöltingerode

Winterwanderung zum 1. Advent... 1.12.2013 


Der November verabschiedete sich sehr unfreundlich. Immer wiederkehrende Regenschauer bestimmten den trübsten Monat des Jahres, das alte Kirchenjahr. Nun geht es auf Weihnachten zu. Die traurige Stimmung weicht einer Erwartungsvollen! Der Sonntagmorgen ist zwar bedeckt und die Sonne versteckt sich noch hinter dichten, grauen Wolken, doch es ist trocken und mild.
Unsere Harzer-Berge verschwinden im wechselndem Grau. Im Land, nach Norden, ist der Himmel heller.
Ganze drei Mitwanderer haben sich eingefunden. Verdammt schwach das heutige  Wanderbedürfnis! Ist es das Wetter, sind es die vielen lockenden Weihnachtsmärkte, werden zu viele Wanderungen in der Woche angeboten, oder liegt es ganz einfach am Wanderführer, der nicht das Erwartete bietet?
Gedanken die den Kopf belasten.
Beim Bahnhof wird noch einmal geschaut, doch findet sich keiner der noch mitkommen will. Uschi, voller Tatendrang fragt: " Wo geht's denn hin"? "Ins Licht, nicht in die Berge, zur Okeraue südlich von Vienenburg, auf dem Rückweg besuchen wir den Weihnachtsmarkt in Wöltingerode". Weiter komme ich nicht, eine Zwischenbemerkung: "Der kostet Geld" bringt mich ein wenig aus dem Gleichgewicht meiner angedachten Wanderung. "Ja, der Eintritt kostet 2 Euro, wer diese -Pause- nicht möchte kann sich ja in die Wirtschaft setzen". "So ist das nicht gemeint, wollte nur darauf hinweisen das die dort Eintritt nehmen. Bin schon dabei, fahre aber selber, kann dann gleich von Vienenburg nach Hause fahren".
Was es so alles zu bedenken gibt!
So fahren wir dann mit zwei Autos zum Parkplatz "Schacht 1".
Westlich der Oker wandern wir am Harlyrand auf schmalem Pfad durch die Okeraue. Eine schüttere Graslandschaft umgibt uns. In einer alten, mit Gleisstücken abgegrenzten Rinne finden wir die Überbleibsel der Breitblättrigen Stendelwurz des vergangenen Jahres. Braun, unscheinbar im braunen, abgefallenen Laub von Buche und Eiche, leicht zu übersehen, trotzen ihre Samenstände den Wetterunbilden, verbreiten ihre kleinen leichten Samen mit dem Winde. Immer wollte ich die Pracht während ihrer Blüte bewundern, doch dann gibt es immer etwas vermeintlich noch Interessanteres was mich den Besuch vergessen lässt.
Aufpassen muss man über die vielen Hundehaufen die den Weg schmücken. Leicht wird in dieses Glück getreten. Zum wahrem Glück führt dieser Tritt bei den meisten Spaziergänger nicht, mehr zum Groll über die Hundebesitzer die das Recht für sich in Anspruch nehmen, die Hinterlassenschaften ihrer vierbeinigen Freunde mitten auf den Wegen zu platzieren. Zum weiterem Glück gibt es jetzt so kleine Hundeanzüge mit der Aufschrift: "Steuerzahler". Wird daraus das Privileg hergeleitet dass auf den Wegen geschissen werden darf oder soll?
Reinigen wir die Stiefelsohlen und wünschen uns auf dem weiteren Wegen etwas trittfesteres Glück.
Schmal und etwas abenteuerlich dicht neben, oberhalb der Oker windet sich der Pfad. Eine junge Frau mit gleich vier von den vierbeinigen Freunden an ihrer Seite kommt uns entgegen. Wartet bis alle die Engstelle passiert haben. Hat keine Probleme ihre Meute unter Kontrolle zu halten. Ihre Hunde liebkosen die in der Hocke sitzende Dame, beachten nicht uns, die Vorübergehenden. Eine Glocke des Glücks umgibt die Fünf.
Die Oker trifft hier voll auf den Hang des Harlys, hat einen Kulk in den Prallhang gespült. Eine vielstämmige Linde stemmt sich dem Wasser entgegen. Wie lange noch? Einem nächsten Hochwasser hat sie trotzt allem Wurzelgeflecht wenig entgegen zu setzen. Doch jetzt bei Normalwasser ein schönes friedliches Bild. Ihre kahlen Äste spiegeln sich im Okerwasser. Selbst betrachtet sie ihre Schönheit. Sie erinnert an junge Mädchen, die sich ihren Liebreiz in jedem Spiegel vergewissern.
Bald überqueren wir auf der Holzbrücke bei Schacht 2 die Oker. Wandern nun linksseitig der Oker weiter. Aufrecht stehende trockene Riesenknöterich- Stängel, niederliegende des Drüsigen Springkrautes. Die ihr buntes Sommerbild verloren haben, nun in schmutzigem Braun auf dem Boden vergehen. Zwei der pflanzlichen Einwanderer die der einheimischen Flora zu schaffen machen. Den Dritten der hohen Einwanderer, die Kanadische Guldrute ,steht mit ihren Samenständen auch noch umher.
Auf einem kleinen Tümpel, links des Weges schwimmen malerisch die abgefallen grünen Blätter einer am Ufer stehenden Schwarz-Erle. Grün lässt die Erle ihre Blätter fallen, sie hat es nicht nötig, ihre im Blatt gebildeten Nährstoffe im Holz einzulagern. Stickstoff zur Blattgrünbildung steht ihr dank Symbiose mit Luftstickstoff bindenden Bakterien beim Blattaustrieb ausreichend zur Verfügung.
Hinter der Kreisstraße ein anderes Bild der Flora. Beerengehölze bestimmen  rechts das Ufer zur Oker, links ein Baggersee, nun Angelteich, mit "Betreten Verboten" Schildern. Große Flächen am linken Wegesrand mit Rentierflechten, wahrscheinlich der "Milden Rentierflechte" bewachsen, doch da gehe ich zu weit mit dem exakten Bestimmungsversuch. Die Merkmale liegen eng beieinander, nicht klar beim Vorbeilaufen erkennbar.
Heckenrosen, Pfaffenhütchen mit ihren roten Samenhütchen mit den heraushängenden orangen Samen. Die fast dornlose Kriechende Rose, die Kartoffel-Rose und Weiden der verschiedensten Arten begleiten uns. Auf dem  aufgeschütteten Damm des alten Kiesabbaues stehen in dichter Folge starke Büsche, nein, kleine Bäume des Schwarzen Holunders. Ein einzeln stehendes Exemplar zwingt zur Erklärung dieses alten heiligen Strauches:
Im alten germanischen Glauben war es der Strauch der Hof und Haus vor dem Bösen schützte. Ein Holunderstrauch am Stall, auf dem Grundstück zog Unglück und Krankheit an. Alles Übel was Haus, Hof, den Bewohnern, ihren Tieren schaden wollte, wurde vom Holunder angezogen, in die Erde geleitet. Dort fiel es in den brodelten Feuertopf den Frau Holle kräftig rührte. Alles Schlechte wurde vernichtet. Hof und alle die dort wohnten, lebten, wurden vom Unglück verschont. Es wird erzählt, dass selbst Judas, der Verräter am Abendmahl-Tisch, sich vor lauter Gram am Hollerbaum, am Holunderstrauch erhängte. Am alten, trockenen Schwarzen-Holunderholz kann man in der Winterzeit noch seine Ohren finden. Das Judas-Ohr, ein Ohrlappenpilz, ist ein Speisepilz. In Chinesischen-Suppen wird er als glibberiges Etwas, ohne besonderen Geschmack einfach mit gegessen. Sammelt man ihn bei uns, macht es eine besondere Freude ihn in heißer Pfanne zu braten. Eine ehrliche Knallerei, ein vorgezogener Sylvester!
Holunder-Blüten in Eierkuchenteich gebacken ist eine Gaumenfreude. Die Blüten in Wein eingelegt schmeckt auch gut und als Fliederblüten-Tee soll er die Gesundheit fördern. Aus seinen schwarzen Beeren werden Gelees und Säfte hergestellt. Gesund ist alles was aus seinen Früchten hergestellt wird, nur gekocht muss es sein; denn erst beim Kochen geht sein Gift verloren. Nur die Blüten sind ohne Gift.
Der Holunder ist ein Tausendsassa!
Die Oker hat hier eine Vielzahl von Überfallwehren. Alle Nase lang rauscht so ein Überfall ins Unterwasser. Steil und abrupt die Fallkanten. Der Sportfischerverein möchte den Lachs wieder heimisch machen. Er setzt Jungfische in die Oker bei Vienenburg. Die wandern ab ins Meer. Zur Geschlechtsreife kommen sie den Fluss ihrer Geburt zurück. Laichen im sauberem flachem kieshaltigen Wasser ab. Ob der Versuch von einer Rückkehr der Lachse gekrönt wird? Bis in die kiesigen Laichgewässer der frei fließenden Oker oberhalb Probsteiburgs gelangen die Rückkehrer bestimmt nicht. Der Sprung über die vielen Überfallwehre wird ihnen nicht gelingen.
Bis zum noch aktiven Kieswerk laufen wir, dann wird das Ufer gewechselt. Ein kurzes Stück der Oker gefolgt, dann auf dem ersten begehbaren Teichwall rüber zum Krähenholz, einem kleinem Rehreichen Waldstück.
Silberreiher, Graureiher ein paar wenige Kormorane, ein Trupp Stockenten auf den Kies- jetzt Fischteichen. Es geht das Gemurmel um, dass die Kormorane zum Abschuss freigegeben sind. Zu groß soll ihr Treiben zum Schaden der ausgesetzten Fische sein. Werden die Reiher auch bald weggepustet?
Der Kormoran, der Wundervogel: Schwimmen,fliegen, tauchen, Flügel trocknen, aufsitzen auf hohen Bäumen, koten dass die Bäume blattlos werden, absterben. Der Fischjäger, ob groß, ob klein alles was erreichbar ist wird angegriffen, angepickt, gefressen oder verletzt. Selbst die modernste Kriegsführung ist diesem Vogel unterlegen. Doch für dieses wilde Leben ist auch einige Energie erforderlich, die die Fische decken müssen. Keine Freunde findet er in der Fischwirtschaft, beim Fischer, beim Angler.
Angenehmer kann man noch mit dem Reiher, dem Auflauerer leben. Oft viele Minuten lauert er auf eine vorbei schwimmende Mahlzeit, doch dann sticht er mit seinem Schnabel sicher und erbarmungslos zu. Selten geht er leer aus. Doch geliebt wird er auch nicht von Anglern und Fischern, deshalb werden es wohl auch hier weniger. Der Silberreiher, der Langhalsige, der noch unter besonderem Schutz steht, ist bald häufiger als sein grauer Genosse. Nicht nur Fische stehen auf seiner Beuteliste, Mäuse, Insekten, Frösche und Eidechsen gehören auch dazu.
Am Waldrand des Krähenholzes liegt eine alte Buche. Nicht mehr viel über von ihrer einstiegen Pracht. Der Angebrannte Rauchporling hat sich ihrer angenommen, sein Myzel hat wohl schon den ganzen Stamm erobert, seine dunklen, weiß-berandeten Fruchtkörper zeigen es.
Der Weg verliert sich unter alten Buchen, Bergahorn und Hainbuchen, wird zum Pfad. Eine desolate Fasanenfutterstelle mit Dach und großem Vorratsbehälter, nicht mehr be- und genutzt. Wo es keine Fasanen mehr gibt, braucht man sie auch im Winter nicht mehr füttern. Schade das dieser bunte Vogel aus unserer Landschaft verschwunden ist! Kalte Winter, Fuchs und Waschbär begründen wohl sein Verschwinden. Mancher Schuss hätte auch den Lauf nicht verlassen müssen! Doch wer füttert, will auch ernten.
Beides vorbei.
Die weißen Blumen dreier Rehe tanzen im auf und ab zwischen den Bäumen, verschwinden aus dem Blick. Oben auf der Höhe stehen sie äsend auf dem Acker. Ihre Zahl hat sich verzehnfacht. Über dreizig Stück Rehwild stehen in vier Trupps verteilt im Getreide und Raps. Im Weggehölz schimpfen die Wacholderdrosseln über unser Erscheinen, fliegen auf, zetern laut, streichen ab zur nächsten Beerenfutterstelle. Drei, vier mutige Nachzügler, denen wir nun doch zu bedrohlich erscheinen, fliegen mit Lärm, hinter dem Schwarm her.
Apfel, Kirsch und Birnbäume links des Weges. Rechts wächst der neue Wöltingeröder Korn heran, ein Weizenfeld vom Kirchturm des ehemaligen Klosters überragt. Nur der Birnbaum trägt noch ein paar Blätter. Rote Pusteln auf der Blattoberseite weisen auf Birnen-Gitterrost hin. Die Blattunterseite mit runden bis ovalen Gitter-Becherchen, aus denen weißliche Bärte heraus luken. Die verteilen die Wintersporen die einen Winterwirt, Wachholder,finden müssen. Von dort werden die jungen Birnenblätter gleich nach dem Austrieb erneut befallen. Auch so etwas Neues! Erst seit etwa 20 Jahren kommt es zum massenweisen Auftritt des Birnen-Gitterrostes!
Bald stehen wir auf dem Klosterhof, bezahlen unsere 2 Euro Eintritt, ein Euro wird beim Kauf einer Flasche Klosterkorn oder Klosterlikör angerechnet.
So werden dann zwei Euro glatt verschenkt, weil Korn und Likör im Regal stehen bleiben.
"Zur nächsten vollen Stunde Treff am großem Tor des Klosters", unsere Absprache. "Jeder kann seiner Lust am Betrachten, Kaufen, Glühwein, Bier, Bratwurst oder was er sonst begehrt, nachgehen. Vorher gebe ich noch einen aus, weil ihr mir unterwegs soviel zuhören, meinem Gerede lauschen musstet. Alle einverstanden"?
Kein Widerspruch, nur eine der Damen statt Glühwein, einen warmes Plürrwasser, etwas ohne dem Besonderem!
Pünktlich zurück sind wir alle!
Hoch zum Schacht 2, noch etwas hören zu dem großem Ereignis des Absaufens des Kalischachtes, betrachten der Rogensteine am Wegrand. Doch der Glühwein wirkt noch nach, die Aufmerksamkeit hat dolle gelitten, ist verschwunden.
Ein letzter Blick in das saubere, fließende Wasser der Oker, kein Lachs zu sehen, nicht einmal eine Forelle. Und schon die große Verabschiedung von unser allein reisenden Dame.
War ganz schön, der Tag!                                        

Otto Pake

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