Waldhyazinte - Steinsame - Diptam u-a.
Viel hatte es in den vergangenen Tagen geregnet. Die Bäche randvoll! Ungestüm brauste die Radau durch Harzburg, testete ihre gemauerten Ufer.
Gut das die Okertalsperre viel Wasser der Oker aufnehmen konnte und so ihr Wasserschwall abgeschöpft wurde. Doch trotzdem, Wolfenbüttel hatte Probleme mit seiner Oker, die von Radau, Schamlah, Ecker und Ilse bis über den Rand gefüllt wurde.
Doch heute am Morgen blinzelte die Sonne durch die Wolken,versprach einen schönen Tag.
Fünfzehn Wanderer hatten sich eingefunden, alle neugierig auf den Diptam, wächst er doch hier nicht so häufig.
Zwei Wehmutstropfen musste ich gleich ausschenken:
Erstens: der Diptam öffnet erst seine Blüten, die kalten Tage haben auch seinen Blühtermin verzögert.
Zweitens: Statt der angekündigten 17 Km, werden es wohl um die 20 Km. Betonierungsarbeiten am Feldweg bei Börnecke zwingen uns eine kleine Schleife zu laufen, den die Betonfahrzeuge haben den vorgesehenen Wanderweg in eine Sumpf- und Schlammpiste verwandelt. Unbegehbar, wenigstens am 31. Mai, bei meiner Vorwanderung, war dies der Fall. Ein Begleiter hatte sein Garmin dabei das die zu wanderte Strecke mit kapp 21Km ausmaß.
Alle wussten nun Bescheid.
Alle kamen mit.
Am Dorfteich in Langenstein unter den großen alten Pappeln parkten wir unsere Autos. Nachdem auch der Sandaletten-Kraftwagenfahrer auf Wanderschuhe umgestiegen war ging's los. Die Treppe hoch, an den alten Viehställen, der Höhlenwohnung vorbei, nein hier nicht vorbei, sondern erst einmal hinein in die alten Räume. Nicht alle kannten diese Behausung. Verschiedene diskutierten über das Für und Wider dieser Wohnkultur. "Wir werden Herrn Schwalbe auch noch aufsuchen, der betreut noch weitere fünf dieser Wohnungen, eingerichtet wie damals und seinen Worten kann man gut lauschen. Zum Schluss unserer Wanderung besuchen wir ihn", so lockte ich meine Mitwanderer hoch zur Wetterfahne. Doch auch die Zisterne wurde noch besichtigt.
Von hier oben der prächtige Blick zum Schloss, über Langenstein, weiter nach Halberstadt, Spiegelsberge, den Thekenberge.
Goethe, die Gräfin Branconi, der Herr von Spiegel mit seinen Aufforstungen bestimmten die Gespräche, doch auch der Scharfe Mauerpfeffer, der Feld-Beifuß, das Weiße Fingerkraut mit seiner silbrigen Unterseite fanden Beachtung.
Die Berge des Harzes im Dunst.
Über Eisentreppen abwärts, vorbei am Nickendem Leimkraut, unter krüppligen Waldkiefern auf ausgetretenen Pfad zum Siemensstein. Das Gras unter den Kirschbäumen ist abgefressen, die Schafe sind schon da gewesen. Keine Blüte ziert die Streuobstwiese. Die Früchte der Kirschen noch grün.
Mächtige Schwarzkiefern bilden die Waldkante, ihre starken Äste reichen weit über unseren Weg.
Ein Weg mündet vom Ort herkommend ein, wenig weiter biegen wir ab. Es geht nach links auf den ansteigenden Weg.
Links die Waldkiefern lassen nichts aufkommen, nur am Weg grünt es. Holunder, Faulbaum, Pfaffenhütchen mit Raupennestern, rechts den Hang hinunter Buchen, Ahorn und Ebereschen.
Abzweig zum Hoppelberg. Nicht alle Begleiter wagen den steilen Anstieg. "Kennen ich schon" und andere Leiden werden hervor geholt. "Treff bei den beiden Wackersteinen rechts des Weges, den Froschsteinen". "Geht klar"!
Ganz schön ins pusten kommt man schon, hoch zum Hoppelberg!
Tolle Sicht über Halberstadt mit seinen Bergen. Ein See schimmert hinter den dunkelgrünen Kiefern. Kein See, sondern Fotovoltaik-Flächen auf dem früherem russischem Militärlager!
Erst bezahlt man für das russische Militär, jetzt für subventionierten Strom!
Lassen wir das, bleiben wir mit den Gedanken beim Wandern.
Am alten Turm beim Trigonometrischen Punkt klappert die Stahltür vor Glück und Begeisterung über die vielen Besucher die einen Blick ins Innere wagen. Ein Turm erbaut für die innere Sicherheit der DDR. Feuerwache oder so etwas ähnliches!
Rundherum blüht das Maiglöckchen, etwas weiter die Weiße Schwalbenwurz und der erste Horst Diptam in Knospe.
Fotopause. Auf die Hoppelnase mit dem Blick auf die Türme von Quedlinburg wird verzichtet. Steil und glatt geht es den Berg wieder herunter. Am "Frosch" treffen wir die erzählend wartenden Hoppelberg-Umgeher wieder.
Noch ein kleines Stückchen Kammweg , dann rechts hinunter und schon tauchen frei gestellte Flächen mit Bewuchs von Blauroter Steinsame, Purpurknabenkraut im verblühen, auf. Der Diptam leuchtet mit seinen rotfarbigen Knospen herüber.
Ein paar seiner Blüten sind schon geöffnet die ein Foto-Gewitter klaglos über sich ergehen lassen.
Breitblättriges Laserkraut am Wegrand, auch die Schwarzwerdende Platterbse zeigt ihre ersten Blüten.
Unter den Buchen die zarte Zweiblättrige Waldhyazinthe in voller Pracht. Nur wenige zwar, doch auch sie finden ihren Fotografen.
Unter dem angrenzenden Kiefern hat sich der Adlerfarn breit gemacht, lässt nichts anderes mehr hochkommen.
Die Wiese auf der der Weg mündet ist schon gemäht. Hat heute auch Vorteile denn so bleiben unsere Hosenbeine trocken. Der Feld-Mannstreu reckt aus dem geschnitten Gras seine stacheligen Blätter an Licht.
Am angrenzendem Ackerrand finden wir nichts an Ackerunkräutern, alles der großem Spritze geopfert. Ernte hat Vorrang, absolut!
Wenden uns nach Norden. Wiesenkerbel mit seinen weißen Dolden und Taumel-Kälberkropf mit seinen hängenden Knospen begleiten uns.
Am nächsten Ackerrand dann der Ackerkrumhals mit seinen blauen im Blütenstiel abknickenden Blüten, die Sonnenwend-Wofsmilch in gelbgrünen Tönen, der Acker-Rittersporn noch grün, weit zurück.
Wir biegen rechts den ersten Weg in den Eichenwald. Zwischen den zarten Gräsern finden wir Stockschwämmchen, die bleiben stehen, den Flockenstieligen Hexenröhrling in schönen, noch nicht von Schnecken angefressenen Exemplaren, einen frühen Steinpilz. Die letzt genannten kommen in den Rucksack, ergeben ein unverhofftes schmackhaftes Abendbrot.
Der Waldweg endet an der alten Grenze B-Braunschweig - P-Preußen.
Oberhalb am Hang noch einmal ein Bestand Diptam, noch sehr knospig schwer auszumachen.
Weiter auf kleinem Pfad, Brombeeren- und Rosenranken greifen nach Hose und Bein, scheuern über die Arme. Der Hund eines Begleiter geht stiften, kommt bald wieder, wird nun fest an die Leine genommen.
Eine vergitterte Höhle im Sandstein. Früher zur Champignonzucht genutzt, heute ein Fledermaus Quartier.
Wieder über eine Streuobstwiese durch hohes Gras. Klappertopf, Grasnelke, Greiskraut am Feldweg beim Reitplatz. Der Besenginster blüht an der Wegeböschung.
Pause wird gefordert, vertröste auf den Schusterberg, sind nur noch 15 Minuten.
Die neue Betonstraße von Börnecke in Richtung Halberstadt wird überquert.
Noch einen Blick auf die Felszeichnungen, die eingeritzten Namen der russischen Soldaten, die hier ihre Zeit vertrödelten um den aggressiven Westen am Einmarsch in das geteilte Deutschland zu hindern.
Kalter Krieg! Blanker Unsinn!
Schnell ist die Bank mit Blick auf Börnecke erreicht. Endlich Rast!
Kleine Völlerei. In der Zwischenzeit suche ich die Bienen-Ragwurz, finde sie aber nicht. Bestimmt übersehen, denn da ist sie. Na, vielleicht noch grün im Gras versteckt.
Die Frühlings-Adonis zeigen ihre Früchte, die Küchenschellen ihren Hexenbesen. Wiesensalbei in blau, weiße Schwalbenwurz und oben am Hang noch einmal der Diptam auch noch knospig. Dafür die Violette Königskerze in voller Blüte, verschiedene Pflanzen schon im Abblühen, haben ihre Blüten am unterem Blütenschaft schon fallen lassen, nur oben am Schaft noch ein paar der lila Blütenscheiben. Selten so gesehen! Ein Glückstag!
Auch zeigen die ersten Graslilien, etwas oben am trockenen Hang, ihre weißen Blüten.
Beim hier stark vertretenen Zypressen Wolfsmilch färben sich die Hochblätter rot. Verschiedene Wolfsmilchstängel tragen einen leuchtend-rote Perle als Kopf, als Vegetationspunktende, fast einer roten Knospe vortäuschend.
Bestimmt ein Virus der diese Erscheinung hervor zaubert.
Häufig stehen der Netzstielige Hexenröhlinge verdeckt im Gras. Die sind mit Vorsicht zu genießen, nur gekocht essbar, so sagt es die Literatur und ein Bier zum Abendbrot zu so einer Netzstieligen Pilzmahlzeit ist dabei absolut tabu!
Darum bleiben sie stehen, denn was ist ein Abendbrot ohne ein kühles süffiges Bier?
Wir verlassen den Schusterberg, wenden uns nach Norden, den Thekenbergen zu.
Kurz vor dem ersten Feldweg, der als Beton-Zulieferweg benutzt wird leuchtet rot mit schwarzer Mitte das Sommeradonis, das Sommer-Teufelsauge (Adonis aestivalis), am Feldrand. Auch gelbe Exemplare zeigen sich.
Unscheinbar, fast übersehen wird die Acker-Steinsame (Lithospermum arvense) die sich dazwischen zum Licht reckt.
Wir queren den Beton-Lieferweg, der mit einer feinen glatten, fast abgetrockneten Schlammschicht überzogen ist. Unser Weiterweg glänzt mit Pfützen durchsetzt in der Sonne. Der Landwirt hat die Seitenränder gemäht, seine Treckerspuren stehen voll mit Wasser. Ein Balancieren um die Pfützen wird als sportliche Einlage bewertet.
Der Große Thekenberg, rechts von uns, wird von drei Roten Milanen umsegelt. Wir verzichten auf die Besteigung des Gipfels, wenden uns nach links in den Hohlweg.
Eine schöne Ecke mit großblumigen Flockenblumen (Centaurea) weist auf einen verschwundenen Garten hin. Mauerreste auf ein verschwundenes Gebäude.
Über eine steile Hangkante, am Feldrand und Waldkante entlang stoßen wir gleich auf einen kleinen Pfad der hier von Hochsitz zu Hochsitz, immer am Wald- und Ackerrand entlang führt.
Die Orientalische Zackenschote (Bunias orientalis), der Hundszunge (Cynoglossum offizinale), das Mönchskraut (Nonea pulla) mit seiner dunklen trichterförmigen Blüte, eine Pflanze mit kleinen bläulichen Blüten bringt mich ins Zweifeln, noch nie gesehen, doch der Echten Steinsame ähnlich. Sollte es noch eine vierte Art der Steinsame bei uns geben? Im "Haeupler-Muer" finde ich die Unbekannte. Es ist die Bläuliche Acker- Steinsame (Lithospermum sipthorpianum)!
Plötzlich der Treffer des Tages: Dicht bei dicht auf großer Fläche das Sommer-Adonis (Adonis aestivalis)! Hier hat wohl die Herbizid-Spritzmaschine des Landwirts versagt, oder war der "Stoff" alle?
Freude über so einen roten Ackerrain! Wieder Fotopause, die Digitalkameras laufen zur Hochform auf.
Robinien zeigen die ersten Blütentrauben, bringen ihre weiße Schmetterlingsblüten zur Geltung, ihr Duft hängt süßlich in der Luft, zieht Hummeln, Bienen und Fliegen an. Alle nehmen Teil an der Ernte des süßen Nektar. Doch so im Sammelrausch werden die Robinienblüten so nebenbei von den Sammlern bestäubt.
Ein Geben, ein Nehmen.
Das kann man von den Insassen des KZ-Zwieberge, das wir kurz streifen, nicht sagen. Die Armen mussten nur geben! Mussten ihr Leben, oder wenigstens ein Teil von diesem, einer verblendeten Ideologie opfern!
Gelernt aus solchen Taten hat die Welt bis heute nicht! Neue Beispiele gibt es viele!
An den Gedenksteinen blüht zwischen den Pflastersteinen auf trockenen Grund lila-rot der Reiherschnabel ( Erodium).
Die Lagerbilder auf der Bildtafel werden betrachtet, mit dem Heute verglichen, doch bald finden die Gespräche beim Weitergehen wieder die gewohnte Alltäglichkeit.
Dicke, abgeschnittene Eichen lagern neben der Waldstraße. Hier steht häufig in kleinen Gruppen der Echte Steinsame ( Lithospermum officinale).
Elsbeeren und Speierling am Waldesrand. Eine Biogasanlage im Bau kurz vor Langenstein. Die Schrebergartensiedlung, die Datschen sind weitgehend ausgebaut, die Gartenanlage zum Neubaugebiet geworden. Schönes Wohnen unterhalb des Hoppelberges.
Vom Schützenhaus schallt Musik mit kräftigen Geschrei und Gelache durchsetzt, zu uns herüber. Ein Zuwinken, uns zur Einkehr auffordernd, der, auf den Steintritt stehenden Bierglas schwingenden Herren in Zunftkleidern. Alle tragen einen schwarzen Zylinder auf dem Kopf, weißes Hemd mit dunkler, schwarzer Weste. Man sieht es ihnen an dass die Feier schon lange andauert. Auch Damen der Zunft sind mit dabei, halten auch ein Glas in der Hand, sind prächtig drauf!
Alle sind freundlich, höflich und begeistert das wir uns nicht scheuen für eine kleine Weile mit ihnen die Heimkehr eines ihrer Zunftmitglieder aus Langenstein mit zu feiern.
Vier Jahre und ein paar Tage war der junge Mann auf Achse, zog durch die Welt bis weit nach Asien hinein. Nun wird schon seit dem Sonnabendmorgen mit verschiedenen festgeschrieben Regeln und Rieten seine Rückkehr nach Hause zu Mama und Papa gefeiert. Die sind ganz stolz auf ihren Heimkehrer!
Seit Sonnabendmorgen durch bis Sonntagnachmittag, da darf der Zylinder schon einmal schief sitzen!
Bier gibt's, sonst nichts. Nur unter erschwerten Bedingungen gelangen die Alkoholfreien an eine Cola!
Eine Spendendose macht die Runde. Die Musik macht Stimmung, bringt die langsam Ermüdenden auf die Tanzfläche.
"Trinkt man noch eins" schallt es durch den Saal als wir weiter wollen. Erst der Hinweis dass uns der Herr Schwalbe bei den Höhlenwohnungen erwartet bringt Verständnis. Mit Kuss, Umarmung und großem Hallo verlassen wir die lustige Gesellschaft!
Herr Schwalbe macht Kaffeepause. Doch ein Anruf genügt und er kommt zu uns, zeigt uns "seine" Wohnhöhlen. Er lebt mit seinen Berichten, erzählt uns wie alles hier begann, das ein nur kleiner Verein diese Attraktion wieder zum Leben erweckt hat. Doch auch über seine Sorgen, über Denkmalschutz und andere Stolpersteine die weg zu räumen sind spricht er.
Hoffen wir das die Tatkraft von Herrn und Frau Schwalbe, sowie seiner Mitstreiter noch lange andauert.
Danke für die interessante Führung.
Durch die Parkanlagen des Schlosses, auf nassem Pfad am Dorfteich entlang finden wir die Autos wieder.
Ein junger Waschbär klettert durch die Äste der alten Pappel, verspeist genüsslich eine Schnecke mit Haus, lässt sich auch von den näher rückenden Fotografen nicht stören.
"Nun langst aber auch" eine Bemerkung. "Das war meine Grenze" eine weitere.
"Das war aber weit" noch hinterher.
Guenther meldet sich "Nachher rufe ich dich an wie weit es war, habe alles aufgezeichnet".
18 km und so'n paar zerquetschte sind dabei heraus gekommen.
Stimmt doch fasst mit den angegebenen 17 km. Oder?
Mein Hinweis auf die 21 km hat wohl zur Erschöpfung beigetragen, denn Zweifel an den "Garmins" ist doch wohl nicht angebracht.
Trotz drohender dunkler Wolken sind wir trocken geblieben.
Otto Pake
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