2013.04.16. Frühlingswanderung Kleiner Fallstein
Dienstags: Hoppenstedt - Bismarkturm - Fallsteinklause - Hoppenstedt
Treff um 10 Uhr am Bahnhof. Ein Trüppchen erzählender Wanderer wartet schon. Doch noch ist die Zeit nicht rann und tatsächlich treffen so sechs - sieben Personen ein, die das zwar trübe doch trockenen Wetter heraus gelockt ein. Der Zeiger der Bahnhofsuhr springt auf die 12. "Es ist 10 Uhr, Otto sag endlich wohin es geht, damit wir los kommen" ein kleiner Ungeduldiger.
"Hast ja recht, also alles herhören und aufgepasst, damit wir uns alle in Hoppenstedt wieder sehen. Auch die Damen dahinten sind gemeint, kommt ein bisschen näher".
38 Augen schauen auf meine Lippen, 38 Ohren lauschen meinen Worten. Aber nein, ein Wunsch. Nur die Fahrer hören mir zu. Das interne Erzählen hört nicht auf! Am Ende meiner kleinen Ansprache die obligatorische Frage: "Weiß jeder Bescheid, hat jeder seinen Platz im Auto"?
Keine Antwort, nur Gemurmel, auch keine weiteren Fragen. "Also los nach Hoppenstedt, alles einsteigen, ich fahre vor, hängt euch dran"!
Finden uns alle in Hoppenstedt auf dem Feldweg vor der alten Scheune wieder. Keiner verloren gegangen, alles erprobte Kolonnenfahrer und Wanderer.
Ein kleines Stückchen Landstraße Richtung Rhoden, gleich den ersten Weg recht hoch bis zum Rand des Wiesen-Hügels. Hier unten, etwas erhöht über dem Ackerrand läuft ein ebener Weg vor dem ganzen Hügel entlang. Ein Weg für ältere Herrschaften und für solche die auf dem Weg dahin sind, vielleicht auch noch nicht haben wollen dass sie schon bei den Älteren angekommen sind, mit einfachen Worten ein Spazierweg.
Gleich am Beginn die ersten Blüten, unscheinbar, klein und mickrig, weiß, erst erkennbar als ich mit dem Finger drauf zeige. Das Frühlings-Hungerblümchen (Erophila verna) im kleinen Trupp. Ein Blümchen der mageren Böden, dem, wenn es in großen Mengen auftrat, im Aberglauben, Missernten angedichtet wurden. An diesem Süd-Wiesenhang blühen sie schon, die "Adonis vernalis", die Frühlings-Adonisröschen.
Die Sonne meint es gut mit uns und den Adonis, viele haben ihre Blüten schon weit geöffnet, strahlen der Sonne entgegen. Dicke Trauben von Knospen schieben sich neben den offenen Blüten ans Licht. Noch geschlossen harren sie der weiteren warmen, sonnenreichen Tage die der Frühling bringen wird. "Kennt ihr die Geschichte wie das Adonisröschen zu ihrem Namen kam" frage ich scheinheilig. Weiss wie erwartet keiner und so beginne ich meine Adonis- Geschichte:
"Der Adonis war ein gewöhnlicher sterblicher bildhübscher Jüngling. Ihm wurde vom Zeus die Endscheidung aufgetragen den goldenen Apfel, den eine nicht geladene, beleidigte Göttin zu einer göttlichen Hochzeitsfeier in die Gästeschar warf mit dem Hinweis : "Der Schönsten"!
Anwesend waren die Göttinnen Aphrodite, Pallas Athene und Hera. Zeus suchte den Adonis für die heikle Aufgabe aus, die Schönste zu wählen, war doch seine Gattin unter den drei anwesenden Göttinnen und das konnte ihn schon in Bredouille bringen.
Der schöne Adonis entschied sich aus dem Kreis der drei schönen Göttinnen für Aphrodite, die ihm die schönste sterbliche Frau dafür versprach. Leider war diese schon mit einem Andern verheiratet, was natürlich zu großen Problemen führte.
Doch auch Aphrodite verliebte sich in den hübschen Kerl. Das brachte Neider auf den Plan. Einer schickte einen starken Eber, der den Adonis tötete. Überall dort wo sein Blut hin spritzte wachsen seitdem die roten Sommer-Adonisröschen (Adonis aestivalis). Aphrodite aber weinte über den Tod des Geliebten, hörte gar nicht auf zu weinen, so dass sich Zeus erbarmte und den Gott der Unterwelt anwies mit dem gelben Frühlings-Adonisröschen ein Gedenken an den schönen Jüngling zu schaffen.
Seitdem erscheint dies gelbe, strahlendes Prachtstück für die kurze Zeit des Frühlings, jedes Jahr neu und wir können uns besonders bei Sonnenschein an der gelben Schönheit des Frühlings- Adonisröschen erfreuen.
Die Erdsegge (Carex humilis) in geschwungenen festen Horsten ein weiteres "Gelb" im noch erwachenden Grün der Gräser.
Bald säumen Schlehen den Wiesenpfad. Ihre Knospen schwellen schon, wie lange dauert es noch bis sie ihre weiße Pracht entfalten? Mir fällt die alte Weisheit ein: " Fangen die Schlehen an zu picken (zu blühen) muss der Bauer die Handschuh flicken". Wird bestimmt noch einmal kalt und frostig werden.
März-Veilchen (Viola odorata) in dunkelblau, in hellblau das Hain-Veilchen (Viola riviniana), der Acker-Gelbstern (Gagea villosa) dicht bei dicht mit seinen vielen langen Blütenstielen stehen am Heckensaum der Schlehen, begleiten uns.
Als sich der Hang bewaldet tauchen unter den Weißbuchen die den Waldsaum bilden, Leberblümchen ((Hepatica nobilis), Wiesen-Schlüsselblumen (Primula veris) auf, ein wenig weiter glänzen die weißen Samen der Blauroten Steinsame (Lithospermum purpurrocaeruleum) an dürren Stengel des vergangenen Jahres in der Sonne. Ihr neuer Trieb ist schon 4cm hoch.
Wiederhole mein altes Spiel, die Mitwanderer sollen den Samen knacken, zerdrücken. Gelingt keinem, doch nun wissen sie warum Steinsame!
An einem Weideplatz mit alter Eiche, darunter eine Bank, lädt zur Rast. Rundherum ein Blühen von Hohler Lerchensporn (Corydalis cava) in trüb-rosa und weiß, Hyazinthen, kleinblumige und großkronige Osterglocken, aus Gartenabfällen übriggebliebene Flüchter. Märzbecher (Leucojum vernum), den Waldrand hoch die grünen Blätter des Bärlauchs (Allium ursinum), dazwischen die giftigen , gerade erscheinenden punktierte und rein-grünen Blätter des Gefleckten Aronstab (Arum maculatum), schnell kann ein sorgloser Bärlauchpflücker sich vertun und ein paar giftige Blätter des Aronstab unter seine Sammlung mischen! Was dem Genießer ein paar Beschwerdetage bringt. Unser Welfen-Kaiser Otto IV ist an so einer Kräutersuppe auf der Harzburg gestorben.
Maiglöckchen, als weitere Zutat, sind noch nicht zu finden.
Wandern ein Stückchen in das Tälchen hinein. Hier steht alles voller Märzbecher! Dicht bei dicht, immer an feuchten aber auch an sickerfeuchten Hängen hochziehend, zeigen sie ihre Blütenpracht.
Einzeln, dann zunehmend die erst roten, dann blau werdenden Blüten des Echten Lungenkrautes (Pulmonaria officinalis) besucht von zahlreichen Hummelschwebern, die am Nektar saugen, das Buschwindröschen (Anemone nemorosa) wenige noch und am Hang einzeln die Hohe Schlüsselblume (Primula elatior), bin zwar nicht hingegangen, doch der lange Blütenstiel weist darauf hin.
Wieder zurück zum Wendeplatz mit seiner Bank unter der Eiche. Eine Pause wird gefordert. Essen und trinken und quatschen für nicht ganz eine halbe Stunde. Finde die Gefleckte-Taubnessel (Lamium maculatum) mit Blüte, die Schwarznessel (Ballota nigra) im kräftigen Durchtrieb. Breche einen Trieb aus dem Horst, komme bald ins wanken mit meiner Aussage "Schwarznessel"l so sehr ist die Ähnlichkeit zur Stockmalve (Alcea rosea) gegeben. Aber es ist die Schwarznessel!
Beim Weitergehen die Blattrosetten der Königskerze (Verbascum), ein mit Stacheln bewehrter kleiner Baum, eine Robinie (Robinie pseudoacacia). Die Frage was ist ein Stachel, was ein Dorn wird geklärt. Huflattich (Tussilago farfara) steht leuchtend gelb am Wegesrand. Noch keine Blüte hat Samen angesetzt, alle noch jungfräulich.
Kirschbäume noch nackt, die Knospen noch klein. Ein Roter Milan segelt über uns.
Hoch zum Bismarckturm. Vier neue Bänke mit Blick auf den Harz, gerade neu einbetoniert noch mit Flatterband abgesperrt. Erneute Pause. Alle sitzen auf der Steinmauer. Der Harz im Wolkenschleier. Unter den alten Rosskastanien, sie sind mit ihre Knospen noch zurück, blüht alles voller Scharbockskraut (Ranunculus ficaria) der alten leicht giftigen Gebrauchspflanze, früher viel genutzt heute fast vergessen.
Ein weiterer gelb blühender Horst, ich glaub es nicht, das Gelbe Windröschen ( Anemone ranunculoides) blüht schon! Unter den alten Eichen die den Weg begleiten ist alles weiß . Weiß von Buschwindröschen (Anemone nemorosa). Ein Traum!
Ein Stückchen weiter hinter und vor dem Gatter steht der Türkenbund (Lilium martagon) mit seinen kräftigen Blütenstängeln über dem Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis).
Eine fünfstämmige Riesen-Buche (Fagus sylvatica) findet Bewunderung. Der Pfad ist mit Weißbuchen zu geworfen, kein Durchkommen. Ein wenig am Ackerrand, an blühenden Hasel vorbei zum weiterführenden Weg. Die Haselkätzchen, die männlichen Blüten und die kleinen roten weiblichen Blüten werden betrachtet. Von vielen Betrachtern das erste Mal überhaupt gesehen!
"An was man nicht alles vorbeiläuft", ein Kommentar.
"Wenn wir nicht bald einkehren falle ich tot um vor Hunger" eine weitere Stimme des Volkes; doch da taucht die Fallsteinklause schon auf und bietet einen Platz an der Sonne.
Bauernfrühstück und Currywurst mit Pommes, auch Salat für die kalorienbewussten Damen sind der Renner. Trotz superschnelle Bedienung vergeht doch gut eine Stunde bis wir wieder auf die Beine kommen. Es sitzt sich schön in der Sonne!
Auf dem Kammweg des Kleinen Fallstein zurück bis zum Abzweig zur Adoniswiese. Unterwegs ein Reh ganz nah, äst weiter als unsere schnabbelnde Gesellschaft auftaucht. Bleibt stehen lässt sich fotografieren. Ist es krank, verletzt oder hat es keine Lust mehr einfach immer nur davon zu laufen? Wie auch immer, ist wohl für den Luchs bestimmt, der fotografiert nicht!
Drei weitere Rehe stieben kurz darauf über den Acker, die wissen was ein richtiges Reh zu tun hat.
Wolken sind aufgezogen. In der Ferne eine dunkle Wand.
"Am Nachmittag soll es regnen" eine überflüssige Warnung, den wenn der tatsächlich kommt, na dann. Niemand ist für Regen ausgerüstet, lautete es doch beim Wanderbeginn: "Heute regnet es nicht"! Alle sind in Sommersachen unterwegs, Jacken und Schirm liegen im Auto. Unten am Waldrand seile ich mich ab, das Weizenbier der Fallsteinklause drückt. Betrachte bei der Erleichterung die Gegend, den Boden. Da entdecke ich doch im Gras die Blattrosetten des Purpur-Knabenkrautes (Orchis purpurea). Gut das ich ein Bild der Orchidee dabei habe, so kann man ersehen was sich aus diesem Kreis von Blättern entwickeln wird.
Die Adonis an Hang schließen schon ihre Blüten, schützen ihre Staubgefäße und den Stempel.
Kluge Pflanzen.
Am toten Fuchs der am Ackerrand sein Leben gelassen hat laben sich vier Kleine Füchse (Aglais urticae) der kleine Tagfalter mit seinen blauen Randflecken. Seltsam die Namensgleiche.
Ein Gartenfeuer mölmt uns ein, die Qualmwolke zieht von Hoppenstedt über den Acker hoch.
Die dunkle Regenwolke ist weiter gezogen. Alle trocken und zufrieden wieder beim Auto angekommen.
Wird mir jedenfalls so gesagt. Doch zum Steinbruch will keiner mehr. "Ist genug", der Tenor.
Für mich ein schöner gemütlicher Tag noch nie habe ich im April soviel Frühlingsblüher so vereint blühen sehen. Vom Märzbecher bis Schlüsselblume, einfach toll! Nach den vergangenen kalten Tagen, hat nun die sommerliche Wärme sie hervor gezaubert! 24 Grad C. zeigt das Thermometer.
Meinen mitgenommenen Apfel bringe ich wieder mit heim.
Otto Pake
Als pdf Datei können Sie den Bericht ausdrucken!
Weitere Berichte finden Sie unter Landschaften!