Eine Dreiviertel Stunde später genießen wir den Garten einer Lavash-Bäckerei. Das Weltkulturbe- Brot wird in einem mit Obstbaumschitt beheizten, eingegrabenen Tontopf gebacken. Sein Teig geknetet, ausgerollt, über ein Kissen gezogen, von dem Bäcker mit Schwung an die Innenwand des heißen Tongefäßes geklatscht, abgewartet bis der Fladen Blasen schlägt, mit einem eisernen Haken herausgefischt, auskühlen lassen. Fertig ist das Brot, der lange haltbare dünne Fladen.
Schneiden darf man ihn nicht, gebrochen wird er! In das Bruchstück eingerollt werden Zwiebeln, Sellerie, Persilie, oder sonst was der Garten bietet. Gewürzt mit Käse, verschiedenen Soßen ergibt die Rolle eine handfeste über den Daumen genossene Mahlzeit. Doch gibt der Varianten viele. Die eingedeckten Tische zeigen das. Wir aber sind zum Zusehen des Backens geladen. Die Tische sind anderen Gästen vorbehalten. Denen entgeht leider der interessante Vorgang des Backens der Brotfladen. Nach einem Gartendurchgang, ein paar Zwetschen werden als Nachtisch verzehrt, die Pracht der Tagetes, der Nelken, der Euphorbia marginata, dem" Schnee auf dem Berge" bewundert und schon bringt uns der Bus zu dem Sonnentempel in Garni. Einer felsige Hochebene. Gewaltige Abgründe aus denen Basaltsäulen zur Höhe streben. Unten im Grün der Bäume verschwindet der Azat, der Fluss der teil hat an der Entstehung dieser gewaltigen Schlucht, des Canon zu unseren Füßen. Hier oben steht der Unvergleichliche dieser Landschaft, der Sonnentempel. Nicht die Römer, nicht die Griechen haben dieses Bauwerk hier hingestellt. Armenische Könige haben ihn errichtet, errichten lassen. Viel rumgekommen sind sie, Rom werden sie besucht haben, von dort die Idee her geschleppt haben. Wenn ich da an unseren Heinrich IV. mit seiner Harzburg auf dem Burgberg in Bad Harzburg denke. Ich lass es lieber. Nicht weit weg ein weiterer Höhepunkt. Kloster Geghard zwischen den auslaufenden grünen, den felsigen Hügeln der Azatschlucht. Quellen gaben seit Altersher ihm seine Bedeutung. Noch heute wird aus seinen Quellen getrunken. Noch immer feiern Besucher wilde, rauschende Feten am Ufer der Azat. Werden Tücher als Glücksbringer in die Sträucher gebunden. Noch immer sieht es aus, wenn wie Heute, die Feiernden verschwunden sind, wie nach der Schlacht bei Lutter am Barrenberge. Wobei es auch andere Beispiele gibt. Der Dreck bleibt trotzdem. Kreuzsteine, Catsch'khare säumen den Weg hoch zu den Höhlenkirchen. Werden von Vorbeikommenden innig geküsst, sollen sie doch an das Christentum ihrer Heimat erinnern, mahnen dies nicht zu vergessen. Schmuckvoll verziert die Eingangspforte, dem Portal zum Kloster. Sein Tympanon verziert mit den Früchten Armeniens. Granatäpfel, das Symbol der Fruchtbarkeit, der Macht, (der Reichsapfel ist auch ein Granatapfel). Fruchtende Weinreben symbolisieren die von Noah in seiner Arche mitgebrachten Rebstöcke. Ein verwobenes Schleifenband fasst das steinerne Bildnis ein. Zwei Tauben, links und rechts des Rundbogen betonen den ausstrahlenden Frieden. Mächtige Säulen im dämmernden Licht, drängelnder Menschen. Jeder glaubt etwas zu verpassen. So ist es auch. Zuviel wird dem Auge geboten, verschwindet im Schatten, hinter den Säulen, in den Winkeln der Kapitelle. Man sitzt und schaut. Neue, andere Eindrücke übertünchen das eben Gesehene. In der mächtigen Halle des Gavith erschallt Gesang. Zwei in Rot gekleidete Damen, zwei in schwarz gekleidete, daneben stehende, Herren nehmen ihr Publikum mit auf eine Armenische Reise der Töne. Wer es mag ist hingerissen, wer nicht, versucht zu entkommen. Draußen im Licht, über eine Treppe zu erreichen, wunderschöne Kreuzsteine, kleine in den Fels geschlagene Löcher, Orte des Gedenken. Rundherum blinken helle Kreuze von den Bergen.
Bald werden wir eingesammelt nach Jerevan, zu unserem Hotel gefahren. Die Dämmerung legt sich schon über die quirlige Stadt. Von unserem Fenster aus dem 2. Stock schauen wir auf die große Kreuzung vor der Markthalle. Haben eine kleine Wohnung mit zwei Zimmern bekommen. Eine Sprudelwanne rundet den Luxus ab.
Beim Abendessen, was auf den Tisch kommt wird nicht verraten, erzählen wir von unserem Glücksgriff. Werden etwas beneidet. Das Glück mit der Sprudelwanne verfliegt beim Duschen. Aus dem Duschkopf tröpfelt es, aus der Zuleitung spritzt es. Als ich über den Wannenrand steige stehe ich im überfluteten Badezimmer. Rita lacht. Mir ist das vergangen, kommt erst später als alles so halbwegs trocken ist, mit einem Lächeln, mehr einem verhaltene Grinsen, kurz vorm Schlafengehen, bei einem Glas armenischem Kognak, wie hier in der Bar der Weinbrand gehandelt wird, zurück. Die Nacht wird ruhig. Kein Straßenlärm überwindet die Doppelglasscheiben.
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