Die Dächer, die Hausfassaden der Altstadt Kutaisis taucht die Morgensonne in ihr morgendliches Licht. Der Blick aus unserem Hotelzimmer zeigt einen milchig blauen Himmel. Bestimmt wird uns ein weiterer schöner Tag geschenkt. Nach dem Frühstück sind wir die Ersten am Bus. Noch eine Menge Zeit bis zur Abfahrt. Schmal, ein wenig polterig, die Straße am Hotel wo unser Fahrer seinen Bus zwischen parkenden Autos noch so eben untergebracht, abstellen konnte. Eindrucksvoll vor allem die unzähligen Leitungen. Nicht nur links und rechts der Straße, sie springen auch von der einen zur anderen Seite, bilden an ihren Verteilermasten regelrechte Schlingen-Nester. Erinnern mich an die vielen Storchennester mit der Tokay / Theiß in Ungarn aufwartet. Statt der schwarzweißen Vögel Ungarns stehen hier graue Wasserkästen über, hinter den Kabeldraht-Nestern. In den Ritzen zwischen den Straßensteinen wachsen Mastkraut, kurze Gräser. Fehlende Straßensteine mit rundgewaschenen Flusskieseln ausgebessert. Zäune, Mauern mit überquellenden Büschen, kleine Kaki-, Granatapfelbäume. Vergitterte Fenster, stabile, mit Ornamenten verzierte Haustüren. Gedenktafeln an Hauswänden.
Die Gespräche unsere Reisetruppe beim Verladen ihrer Taschen und Koffer erfüllt den Straßenraum. Sie werden nur manchmal kurz durch vorbei fahrende Pkw unterbrochen. Mit Geschick jongliert unser Fahrer seinen Bus aus der schmalen Lücke. Wir sind auf dem Weg zum Naturpark Sataplia. Rauschen durch Kutaisi. Vorbei an seinem weltweit berühmten Springbrunnen. Für unsere Reiseleitung nicht erwähnenswert. Gerade soeben noch zwei Bilder des Schmuckstücks eingefangen, dann sind die zwei "Goldenen Pferde" hoch über den tanzenden Fontänen, den anderen bronzenen Tierfiguren, dem Tamada, dem Zeremonienmeister, der mit seinem Trinkhorn das Ensemble dirigiert, vorbei. Liegt einer der schönsten Springbrunnen weltweit, schon hinter uns. Hierher kamen auch die Argonauten auf ihrer Suche nach dem "Goldenen Vlies", dem güldenen Fell eines Widders. Gut, dass Medea sich in ihren Anführer verliebte. Mit List und Tücke sorgte die Zauberkundige für den Erfolg der griechischen Horde. Medeas Glück nur von kurzer Dauer. Ihr Geliebter machte sich dünne. Sie vergrämte, sann auf fürchterliche Rache. Medeas Zauber finden wir noch heute im Wort "Medizin" wieder. Ich war nicht dabei, aber mit Schaffellen auf dem Grund strömender Bäche und Flüsse gelegt, sollen die Menschen hier kleine Goldkörner, den Goldstaub der Berge, aus dem Wasser gewaschen haben. "Goldene Vliese" gab es demnach viele, ob von Widder oder Schaf. Die Argonauten fanden aber Dank der Hilfe Medeas das "Goldene" ihres gesuchten Widders! Oder missbrauchte Medea eines der Vielen? Wer weis? Auch die Besten der Griechen, die Argonauten, unterlagen dem weiblichen, geheimen Zauber Medeas.
Wir warten am Eingang Sataplia. Ein Führer wird organisiert. Das dauert. Dann kommt so'n Jüngling, pustet uns sein Wissen über, zeigt uns in einer Halle am Hang, die "Dreizehigen Fußtapsen" der Dinos die hier vor 400 Millionen Jahren, auf ein paar Nullen kommt das nicht an, herum getapst sind. Da ist der uralte Wald des Parks hundertmal interessanter. Floren von wärmeliebenden, von subalpinen Pflanzenarten geben sich ein Stelldichein. Ein Wald aller Altersstufen, nie bewirtschaftet, voll seltener großer und kleiner Tiere und Gewächse, der Naturpark Sataplia, der "Honigsüße", wie er übersetzt heißt. Von den vielen wilden Bienenvölkern die hier lebten kommt sein Name. Die Bienen haben sich verborgen. Ein paar Blütenpflanzen finden sich noch. Kaukasischer Milchlattich in hellblau, die Kissen-Flockenblume in lila-rosa, die Schaben-Königskerze in gelb, die Großfrüchtige Spitzklette im stacheligen Grün, der Winter-Thymian. Eine Feldheuschrecke mit dunkelbraunen breiten Streifen auf hellbraunem Körper. Doch ein Kraut: Grüner behaarter Stängel, kurze waagerechte Seitentriebe mit dunkelroten abwehrenden, auch in waagerecht, abstehenden weichen stachelähnlichen Dolchen, den Waldboden in Mengen überziehend; die kann ich nicht einordnen. Ein wenig Traurigkeit im Herzen, die erst wieder verschwindet als wir durch ein altes Bachbett, weit unter der Erde krabbeln. Ob wir nun weit unter der Erde sind ist so eine Sache. Dunkelheit verursacht schon ein einziger Zentimeter geschlossener Erde über dem Kopf. Doch hier leuchten farbige Lampen uns den Weg, zeigen uns Stalaktiten ihren Gegenpol. Eine Aussicht mit Imbiss und Café versüßt noch einmal den "Honigsüßen" Naturpark Sataplia.
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