Grau, mächtig, wie ein Klotz speichert das Auge das Gebäude der Armenischen Schriften. Erst beim Näherkommen erkennt man seine Schönheit. Schließt man es ins Herz. Nachdem die breite Treppe erstiegen, weist der linke ausgesteckte Arm der Statue Mesrop Maschtots, der Begründer der armenischen Schrift, zum Eingang. Dem Eingang zum Wissen. Seine Rechte auf eine Tafel mit den Buchstaben seines, von ihm ersonnenen, armenischen Alphabets. Ein Jüngling himmelt den großen Gelehrten, seinem Vorbild, in hingebungsvoller Weise an. Statuen anderer Armenischer Größen bewachen den Eingang zu den berühmten Schriften vergangener Zeiten. Wir tauchen ein in diese fremde kulturelle Welt. Die Führung für mich und auch anderen Unwissende zu speziell, ermüdend, trotzt des frühen Morgens. Wie von unsichtbarer Hand nach draußen gezogen versammelt sich ein Trupp von uns im Sonnenschein. Sitzt wartend auf den Steinen der Treppe, der Mauern, der Geländer, bis der gebildete Rest, den Gedankenschall des Museumsführers erlebt, hinter sich gebracht hat.
Eine kurze Busreise bringt uns zu unserem letzten Besichtigungshöhepunkt in Jerevan.
Auf einem Hügel innerhalb der Stadt erhebt sich die Gedenkstätte an die osmanischen Schandtaten, die erst die armenische Intelligenz, kurz darauf alle christliche, armenische Bewohner in den Orten des Osmanischen Reiches zu erleben hatten. Grausam, einfach hingeschlachtet von verblendeten Horden. Aller Menschenwürde beraubt, fanden viele von ihnen den Tod. Die Überlebenden vertrieben, in die Wüste geschickt. Über 100 Jahre sind seitdem vergangen. Die Ewige Flamme ihres Gedenken brennt erst seit 1967. Noch immer wird von dem Folgestaat des Osmanischen Reiches, der Türkei, dieses Geschehen heruntergespielt, als übertrieben dargestellt, sogar total verleugnet. Unsere Truppe besucht die Ausstellungsräume. Wir zwei, Rita und ich, vom Betrachten des Elends der Konzentrationslagern der Nationalsozialisten in Deutschland, Polen, Tschechiens, geläutert. Wir bleiben den Bildern des Leidens, des selbst in der Öffentlichkeit erfolgten Ermorden des Armenischen Volkes, fern. Wir betrachten die Anlage des Mahnmals.
Weit, bis zum Ararat in der Türkei gelegen, reicht der Blick von der Höhe.
Eine 100 Meter lange Mauer mit der Nennung der Namen der betroffene Orte der Vertreibung beschließt eine Seite der Anlage. Wird überragt von einem 44 Meter hohen gespaltenen, spitzen Obelisken der symbolhaft die Teilung des Siedlungsgebietes der Armenier darstellt. Umringt von zwölf zur Mitte strebenden Pylonen um das Rund der von Blumen geschmückten ewigen Flamme. So präsentiert sich Zizernakaberd, die "Schwalbenfestung", das Genozid-Mahnmal. Staatsmännische Besucher pflanzen, in einen Hain von Stechfichten, die ihrige dazu. Ihr Namensschild zeugt von ihrem Besuch. Reihen von Lebensbäumen /Juniperus schmücken mit ihren blauen Früchten das Plateau der Schwalbenfestung. Braun-rote Blüten des Gewöhnlichen Bartgras / Botriochloa ischaemum schwanken im aufkommenden heißen Wind. Wir suchen einen schattigen Platz an einem der Trinkwasser speienden Brunnen. Nachdenklich, schweigend, teils in leise Gespräche versunken verlassen wir Zizernakaberd. Nachmittags eine kleine Ruhephase im Hotel. Werden dann von unserem Bus zum Abend-Esslokal gebracht. Ein kleiner Trupp geht nach dem Essen zu Fuß zum Hotel zurück. Der große Rest nimmt den Bus. Nehmen uns noch gut eine Stunde Zeit beim Betrachten der singenden, den tanzenden, bunt angestrahlten Fontänen vor dem Haus des Historischen Museum am Platz der Republik. Versuchen vor der Abreise, der Bus bringt uns um 24 Uhr zum Flughafen, im Hotelzimmer eine Mütze Schlaf zu finden. Gelingt nicht, vertrauen dem gestellten Wecker nicht. So sind wir mit die Ersten in der Hotelhalle die auf den Abtransport warten. Das versprochene Mitternachtsmahl des Hotels verwandelt sich in eine Tüte mit Brötchen, Kekse, einen Apfel, einer Plastikflasche Wasser Die Wasserflasche landet nicht ausgetrunken, die Regeln der Ausreisekontrolle lauten so, im Abfalleimer. Das eintreffende Flugzeug hat Verspätung. So warten wir mit müden Augen aber wachem Geist auf die Ansagen, der sich immer wieder ändernden Gates, der Abflugzeiten. Um die vier Stunden ungeduldiges Warten auf dem Flughafen in Jerevan. Dann erst ist die Polish Arlines LOT bereit uns über Warschau nach Hannover zu bringen. Ein Start am Ende der Nacht. Morgengrauen in Warschau, schon lange Sonnenschein in Hannover. Suche nach dem Halteplatz der Fahrbereitschaft zum Auto-Parkplatz. Freudig wird das gleich ankommende Fahrzeug, sein Chauffeur begrüßt. Der lässt Abreisende aussteigen, uns aber nicht einsteigen. Dafür ein gequetschtes Nuscheln aus seinem Mund: "Komme gleich wieder". Kopfschütteln und warten bei uns. Zehn Minuten können lang werden. Mit einem anderen Fahrzeug kommt er wieder. Die Elektrobatterie des kleinen LKW war leer gefahren, der Tausch des Wagen erforderlich. So hieß es für uns warten, bis das Auto getauscht ist. So die einfachen Regeln der Elektrofahrzeuge. Vollgestopft mit Rückkehrern, Koffern und Taschen wird Parkplatz um Parkplatz abgefahren, Leute ausgeladen. Wir ganz zum Schluss der wilden Reise. 39,90 Euro verlangt der Automat bis er die Karte zum Öffnen der Schranke ausspuckt. Die kleinen Räder unserer Koffer ziehen tiefe Rillen in den frisch ausgebrachten Kies. Schell vergängliche Spuren unserer gesunden Rückkehr. Finden unser Auto, etwas eingestaubt, doch sonst unverändert wieder.
Zwei Stunden später, nachdem wir unsere beiden Reisebegleiter in Ihrer Heimat abgeliefert haben, schließt uns der Duft unserer Wohnung, unseres Hauses in seine Arme. Schön war es, ist es in der Fremde. Unser kleines Reich in Bad Harzburg steht dem Allen aber nichts nach!
Otto Pake
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