Dicht ist auch das Tor zum Garten Rautenbach. Gern würde ich mit meiner Truppe diesen gepflegten, bildhübschen Garten besuchen. Er ist nicht nur schön, nein noch besser, er ist begeisternd! So fasse ich nur auf die Klinke. Da muss ich noch einmal wieder kommen um mit der Chefgärtnerin Frau Neumann unseren Besuch zu arrangieren.
So mache ich mich etwas enttäuscht auf dem Heimweg nach Bad Harzburg.
Der Saneltalsbach hat Hochwasser, der Bach der aus dem Tänntal, der Rammelsbach rauscht mit wilder Wucht herunter. Dort wo beide zusammenfließen, hat die Feuerwehr, der Straßenbau Hocheinsatz.
"Alles fließt", so kann man es ausdrücken. Weiße Sandsäcke halten die Massen an Wasser von den Hauseingängen ab, leiten, halten den Wasserstrom auf der Straße. Selbst die kleinen Gerinne die vom Karrberg abgeleitet werden haben ihre Durchflüsse verstopft. So wird die Straße ihr Bachbett. Auf Sandsäcken, am Lattenzaun entlang hangelnd ist die einzige Möglichkeit diesen Fluten auszuweichen, den Karrberg zu erreichen. Friedlich grasen hier am Hang die Schwarzbunten. Ein Teil wiederkäuend die Anderen das Maul im Grase. Heben nicht einmal ihren Kopf als ich vorüber gehe. Vier mächtige Bäume zieren den Karrberg. Wenn ich mich richtig erinnere sind es drei Eichen und ein Berg-Ahorn die mit bester Sicht hier oben auf 304m einsam Wache halten. Zwei Eichen und der Berg-Ahorn treiben schon. Die dritte Eiche überdenkt noch ihre Entscheidung. Schnell ist die Straße zum Öhrenfeld überquert, über die Wiese zum Osterfeuerplatz. Ein Maschendrahtzaun versperrt nun den Weg. Nach Norden, hoch über dem Drübecker Kloster wird der umgangen. Der Wiesenweg zieht weiter Richtung Ilsenburg. Ein verschwiegener Trampelpfad, ein verschämter aufgelassener Teich mit Mönch und schon ist der Wanderweg wieder erreicht. Die schweren tiefhängenden Wolken sind verschwunden. Jetzt bestimmen weiße strukturierte, langsam durch das Blau des Himmels gleitende Wolken, den Tag.
In dem dunklen Wasser des nächsten Teiches vor Drübeck spiegelt sich die Fuchs-Segge/ / Carex vulpina. Dunkelgrün ihr Blütenstand, gelblich-weißlich ihre Staubblätter. Wer beachtet sie? Eichenstämme warten am Wegrand liegend auf ihren Abtransport, werden eingerahmt von der Hänge-Segge, deren lange herunterhängenden Ähren von der Spitze her erblühen. Die Wurzeln des daneben stehenden Eichenstubben pumpen immer noch Wasser und Nährstoffe. Sie haben noch nicht mitgekriegt, dass ihre Krone, die sie versorgen möchten am Rand des Weges liegt. Seltsam und voller Überraschungen ist das pflanzliche Leben!
Bald stehe ich am Ilsenburger Schloss, der ehem. Jagdfalz der Ottonen. Sie nannte sie Erlenburg / Elysanaburg. Weitgehend sind die Erlen verschwunden. Fremdländische Bäume umrahmen sie jetzt weitgehend im Norden. Im Osten und Süden macht das ganz natürlich die dominierende Rotbuche. Zum Westen, am steilen Hang der Ilse, da sorgen die starken Mauern des Schlossgebäudes, das früher der betenden Mönch, jetzt der Besucher, nicht von Winde fort gepustet werden. In der Mauerritzen der verbauten Granitsteine wächst die Mauerraute. Auf der Deckplatte der Kirchenmauer verteilt der verblühende Flieder seine rosa bis braunen kleinen Blüten. Die Zeit seiner Pracht, seines Blühens, geht zu Ende. Unter der Krugbrücke rauscht, statt dem hellen, klaren Bergwasser der Ilse, eine graubraune Brühe von Moorwasser. Es konnte seine organischen, moorigen Schwebstoffe noch nicht abbauen. Das wird nun erst auf ihrem weiteren Weg zur Oker oder in dieser geschehen. In den Ilsenburger Gärten wird geplanzt, geputzt, gejätet. Zwischen den Latten eines Stakettenzaunes recken sich die bläulich-roten Blüten des Pyrenäen-Storchschnabel zum Licht. Auf den grünen Wiesen am Weinberg, die sich mit gelben Blüten vom Hahnenfuß schmücken, grasen braune und schwarze Hochlandrinder. Aus dem ergrünenden Buchenwald rinnen, an Stellen wo sonst nie Wasser fließt, lustig verzweigte Rinnsale. Sie füllen den Kienbach bis zum Überlaufen. Erst jenseits der Ecker, die nur etwas angestiegen ist, auf dem Ilsenburger-Stieg, versiegt, verebbt das wilde Gerinne aus dem Unterholz. Der Blaubach, der das Große Wetzsteintal entwässert, meldet sich noch einemmal mit wildem Rauschen zu Wort während der Bach im Kleinen Wetzsteintal vor der Wanleffsroder Schutzhütte und etwas später der Weißbach, nur sachte vor sich hinplätschern. Da muss ich wohl meine Meinung etwas revidieren, denn mit: "Hinter der Ecker scheint immer die Sonne" lag ich in diesen Tagen völlig daneben.
Am Morgen des nächsten Tages, am 22.5.2019, dem Tag der Biodiverstät, bin ich wieder in Darlingerode, im Garten von Rautenbach. Nach etwas holprigen Gesprächsbeginn mit Frau Neumann, der Chefgärtnerin der Anlage, darf unsere Harzklub-Truppe auch bei ihrer Abwesenheit den Garten besichtigen. So wird es am Abend auch gemacht. Und die, die mit dabei waren hatten Freude.
Otto Pake