Ein kleiner grasbewachsener Hügel am Rand der eingezäunten Pferdekoppeln, nicht weit von der Sporthalle Oker, das ist von der alten Herrlichkeit der Sudburg übrig geblieben. Störende Hügel, die vom Trecker mit dem Mähwerk umfahren werden müssen, den Treckerfahrer nur Nerven kosten. Zu nichts nutze sind. Selbst die Pferde meiden sie, grasen mal an ihren Flanken, sonst aber werden sie von ihnen verschmäht. So fristen die Hügel ihr halb vergessenes Dasein. Doch gerade diese Hügel verbergen die verschütteten Zeugen der Sudburg. Hier wurde einmal gelebt und gestorben. Hier stand die Sudburg. Ein befestigter Wirtschaftshof, zugehörig zur nördlich gelegenen Pfalz Werla Heinrich I.. Diese hütete, auf einer Kuppe westlich der Oker bei Schladen gelegen, das Reich. Die Sudburg war nicht nur Wirtschaftshof, sie diente als Eintrittskarte in den sich entwickelnden Erzabbau am Rammelsberg. Die Pfalz Werla, die Sudburg nahm die Zeit mit. Die Kaiserpfalz Goslar übernahm die Macht.
Viel, viel später wurden die Werla, die Sudburg wieder ans Licht geholt. Da wurde gegraben, gesichtet. Da wurde die Werla aus ihren Schlaf geholt, während der Rest der Sudburg angeschaut und wieder zugeschüttet wurde. So deckt ein grasbewachsener kleiner Hügel die Geschichte der Sudburg wieder zu. Verlassen wir die Vergangenheit, die Gegenwart ist mindestens so interessant.
Rechts des Weges, hoch zum Sudmerberg, grasen in den Koppeln die Pferde. Links auf dem Acker wiegen sich die Ähren des reifenden Weizen. Niemand denkt mehr an das Dörfchen Reindertingerode welches hier am Sonnenhang, den Schutz der Sudburg suchte. Mit Ihr wüst wurde.
Ein Spatzenschwarm turnt auf der Einzäunung der Koppeln. Fliegt, als wir uns nähern, im Schwarm auf. Jetzt beugt sich ein Teil der Weizenähren ein Stückchen tiefer. Nur noch das Geschilpe der Spatzen ist zu hören, der Schwarm unsichtbar. Nur ein paar der Ruhelose fliegen auf, suchen sich eine neue Weizenähre.
Ein weißes Blütenband der Sichelmöhre rechts am Wege. Ein sicheres Versteck für manchen lauernden Insektenjägern von Spinne über Heuschrecke bis Grille. Dahinter überragt der schlanke Blütenstand der Schwarzen Königskerze die weiße Dolden-Pracht der Sichelmöhre. Tut so als würde sie wie ein Klassenlehrer über losgelassene Pausenschüler wachen. Etwas weiter am Gebüschsaum hat sich das echte Labkraut zurückgezogen, hat sich der Gelben Reseda, dem Aufgeblasenem Leimkraut angeschlossenen. Während die Bärenschote mit der kleinen Lebensgemeinschaft gar nichts im Sinn hat. Sie legt ihre stabilen langen Ranken auf ihre pflanzlichen Begleiter, wächst zum Licht. Sie ist sich selbst die Nächste. Etwas weiter dominiert die Schafgarbe. Diesmal nicht wie üblich in weiß, nein sie hat sich besonders hübsch gemacht, hat ihr seltenes, ein rosa Kleid angezogen. So will sie sich gegen die dicken gelben Doldenrispen des Rainfarn behaupten. Ihn mit ihrer Schönheit übertreffen. Dem Rainfarn ist das schnuppe. Kraftvoll öffnet er seine gelben Blütenköpfe, stellt seine runden kleinen Körbchen mit den an die 100 reichenden strahlenlosen Blüten seinen Bestäubern zur Verfügung. Ein wenig irritierend trägt dieser Korbblütler Rainfarn, den "Farn" in seinem Namen. Der "Rain" beschreibt seine bevorzugten Standorte. Wie der Wurmfarn besitzt er das giftige ätherische Öl Thujun. Beide wurden zur Wurmbehandlung von Mensch und Tier eingesetzt, fanden als Einstreu im Rinderstall Verwendung. Farren, so nannte man früher die Rinder. So einfach kam der Rainfarn zu seinen, viele Menschen, irritierenden Namen. Die Schmetterlinge die schon unterwegs sind wie der Kleine Fuchs und der Zitronenfalter besuchen jedoch ausschließlich die Blütenköpfe der Skabiosen-Flockenblume. Alles Andere, auch die langen Trauben der Weidenröschen bleiben unbeachtet. Wir sind jetzt auf dem Wallerskamp. Laufen, der Höhenlinie folgend nach Norden. Biegen, als sich der Weg nach Westen, zur Höhe wendet, rechts ab. Unterqueren die Starkstromtrasse. "Auf der Gruft" nennt sich das Wäldchen welches wir, immer noch fast auf der Höhenlinie durchwandern. Erreichen bald die offene Wiese im Kuhlkamp. Wieder wird die Stromleitung unterquert. Jetzt geht es erst rechts, dann im linken Bogen hoch zum Doktorbusch, einem Waldstück mit Fichten und Kiefern, an dessen Rand die Graffenwiese und auch unser Weg grenzt.
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