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2 Feldweg

3 fünf Farben

4 wieder auf der Höhe

5 wo bleiben die Besucher?

6 Listspinne

7 Phacelia

8 Aussicht mit Sichtschutz

9 Weißdorn

10 Weinberg

11 Neuenkirchen

12 zwei Alte unter blauem Himmel

13 Johanneskirche

Seite 2... Neuenkirchen 

1 Primula veris

 Keine weiteren Orchideen, sondern Beinwell, die Heil- und Zauberpflanze, in großen Horsten. Der Beinwell zeigt schon seine braunroten Blütenknospen. Dankbarkeit huscht durch meine Gedanken, hat doch sein Pflanzensaft mir die Schmerzen aus dem Knie genommen. Mehrmaliges Einreiben mit seiner schwarzen Soße aus seinen Blattstielen, seiner Wurzel, hat den Schmerz aus dem Knie vertrieben.
Der Wald wechselt zu Äckern und Feldern. In der Krummen Beeke, ihr Namen ist laut Karte, zum Krummbach geworden, nur wenig Wasser. Weiße, ziehende Wolken wandern über den blauen Himmel. Der Weißdorn im Gebüschsaum blüht. Die Reihen der ausgesäten Zuckerrüben zeichnen sich, in Reihe stehend, auf der Ackerfläche ab, dienen zwei Hasen als Futterplatz. Die verschwinden, als sie uns als Störenfriede entdecken, hinter der Hügelkuppe das Ackers. Ein Wiesenweg zweigt ab. Wir wählen die vermeintliche Abkürzung zur Höhe vor Wehre. Am Ackerrand blühen in einem dichten Band Wiesen-Schlüsselblumen.
Feuchtes hohes Gras bringt feuchte Beine und Schuhe. Wir kehren auf den Fahrweg, der schon lange von Asphalt auf Schotter gewechselt ist, zurück. Gelbe Streifen von blühenden Raps ziehen sich über die Hügel die uns nun völlig einrahmen. Hügel rund um uns herum. Kein Blick in die Vorharzlandschaft, zu den Harzer Bergen, nur Hügel mit Äckern, Weiden und bewirtschafteten Feldern um uns. Kein Blick in die Weite der Landschaft. Die fehlende Weite bedrückt, gibt aber auch eine nicht gekannte Heimlichkeit. Eine besondere Welt öffnet sich dem Auge. Wir verlassen das heimliche Rinnen des Krummbachs, wenden uns vor dem "Teufelsberg" nach links. Stolpern über einen zerfahrenen, grasbewachsenen Weg den Hügel hinauf. Finden in Richtung Wehre eine Bank mit der uns vertrauten Aussicht zum Brocken, zu dem Salzgitterhöhenzug, zu den Dörfern Groß- und Klein Döhren. Weit im Nordwesten schmiegt sich Liebenburg an seinen Lewerberg. Es muss schon ein Liebhaber seiner Heimat gewesen sein, der diesen herrlich Platz für seine Bank ausgesucht, die kleinen Bäume daneben angepflanzt hat. Wo ist er geblieben? Hat das Alter ihn eingeholt, eine Krankheit ihn ans Bett gefesselt oder ist gar der Tod vorbei gekommen? Wir sind seit langer Zeit die Ersten die das hohe Gras vor der Sitzfläche der Bank zu Boden treten, die Aussicht genießen, uns glücklich fühlen. Nicht ganz so glücklich macht uns der breite Feldweg auf der Höhe der uns nach Neuenkirchen zurück bringt. Wegebaumaschinen haben ihre Spuren hinterlassen. Grober, noch nicht richtig planierter Schotter bringt den Schritt für eine Weile aus dem Takt. Die Harmonie des Weges ist völlig aufgehoben, die Augen suchen nach Schönem. Entdecken im Graben eine längliche, hellbraune Listspinne, die auf einem mit Tropfen überzogenem Frauenmantelblatt auf Beute wartet. Am Weinberg finden wir wieder eine Bank mit Aussicht. In dem Blühstreifen davor beginnt die Phacelia ihre hellblauen Knospen zu öffnen, ihre dunkelblauen Pollenträger in die Höhe zu recken. Allerliebst ihr Erscheinungsbild. Nur das vor dem Auge des Betrachters angebrachten Geländer verleidet einen längeren Blick in das gefleckte Mosaik der Felder. Auf einem kleinen Dreieck wird wieder Wein angebaut. Ein erneuter Versuch oder ein sentimentaler Rückfall in die Vergangenheit? Ein Pferdehof bietet seine Dienste. Reitplätze bestimmen das Ortsbild, das von der Kirche, der Johanniskirche, dominiert wird. Es ist Mittagszeit. keine lebende Seele außer uns auf dem Friedhof der ringsum die Kirche seinen Platz hat. Wenn ein Friedhof die Seele des Ortes widerspiegelt, dann kann man von einem Neuenkirchen der Zufriedenheit, einer glücklichen Dorfgemeinschaft ausgehen. Sauber und ordentlich wirkt die Stelle der Trauer auf den Besucher. Hier ist noch nicht die Zeit der Entsorgung der Toten eingezogen, hier wird der Verstorbene nicht verscharrt sondern richtig beerdigt. Unter der schon mit weißen Blütenrispen blühenden Rosskastanie noch etwas Besonderes. Drei kantige Hölzer mit Einflugloch und Reinigungsklappe. Noch nie gesehen solche "Niststelen" für Vögel! Hoffentlich sind die Meisen, die anderen Höhlenbrüter so klug und nehmen dies Angebot auch an.
Etwas schwierig ist es schon zur Hauptstraße zurück zu kehren. Dort rauscht ohne Pause der Verkehr vorbei und wenn ein Spiegel nicht den nach Liebenburg fahrenden Strom dem Einfädelnden den Ankommenden melden würde, dann könnte glatt von einem russischen Roulett beim Einbiegen gesprochen werden. So trennt und fördert die L500 mit ihrem Durchgangsverkehr, wie ein breiter, rauschender Fluss, die liebliche Verschwiegenheit Neuenkirchens. Ãœber Lüderode, dem Edelhof, dem Wasserreichen wo einmal die die ersten Häuser der Rodung Eilenrode, die Mühle stand und noch heute ein Kleinod ist,  kommen wir nach Gielde. Das Gasthaus, der Biergarten unter dem Eichberg ist geöffnet. Die Wirtin, eine ältere Dame brät uns Schnitzel nach Jägerart. Wir sitzen an einer Tischplatte aus rotbraunem Rogenstein bei einem Glas Bier aus Hasserode für den Beifahrer, einem Alkoholfreien Franziskaner Weizen für mich. Lauschen dem Ruf des Spechtes, dem Gackern der eingesperrten Hühnern, dem leisen Klagen der Wirtin über das wie es weitergeht mit ihrer Wirtschaft. Uns scheint die Maisonne wärmend auf den Rücken, betrachten die in die Jahre gekommenen Kinderspielgeräte die das Auge ein wenig stören, erfreuen uns an den gelben Knospen eines nicht von mir bestimmbarem Fingerkrautes, sind einfach glücklich über den erlebten Tag.

Otto Pake


14 Niststele

15 Kirchweg

16 ein Pilz und ein Weizen

17 alles geht einmal zu Ende

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