2019.03.31.
Gestern zog der Ärger durch meinen Kopf. Die Wiese am Butterberg ist Opfer des Pflugschar geworden. Mit einem großer Trecker als Schlepper, hat ein Landwirt den Eisenstachel durch die Wiese gezogen, die Grasnabe umgekippt. Nun heißt es warten was aus der umgepflügten blütenreichen Wiese werden wird. Ob sie wirtschaftlich genutzt, neu eingesät oder ganz und gar als Ackerland umgewandelt wird. Erst einmal ist ihre natürliche Flora zerstört.
Was wird aus Witwenblume, Wundklee, der Tauben-Skabiose, der Wiesen-, der Skabiosen-Flockenblume, dem kleinen sich entwickelten Bestand der Bienenragwurz der sonstigen, Bienen und Falter anlockenden Blüten?
Polterig, in grober Scholle, graubraun mit grünen Streifen durchzogen liegt sie auf ihrem Gesicht, recken sich Gras- und Blütenpflanzenwurzel zum Himmel, liegen abgerissenen, von der Seite eingewachsene Baumwurzeln, hochgepflügte Kalksandsteine an der Oberfläche. Ein elendiger Anblick der schmerzend in mein Herz dringt.
Heute will ich mich nicht wieder darüber ärgern und lenke meine Schritte zum Heinischen Bruch. Steige über den Abbenroderstieg, der heutigen Bad Harzburger Rodelwiese, vom Butterberg herunter. Im Sonnenschein breitet sich das Nördliche Harzer Vorland vor mir aus. Hinter dem Harly, dem Nördlichen Abschluss der Ebene zwischen Oker und Ecker steigt kerzengerade die Dampfsäule des Schornsteins der Zuckerfabrik Schladen, in den mit Schleierwölkchen und Kondensstreifen der Flieger, leicht bedeckten Himmel. Angeherbstet, in bunter Blätterpracht die ersten Bäume und Gebüsche der Feldraine und Wälder. Über den Bergen des Harzes ziehen graue Wolken. Gelb sind schon die Blätter des Feldahorns. Die rosenroten Samenkapseln an schon blattlosem Zweigen der Pfaffenhütchen sind aufgeplatzt, zeigen ihren orangen Samen. Auch die mehligen roten Früchte des Gemeinen Weißdorn bieten sich als Vogelfutter an, wollen ihre Samenkörner in die Landschaft, zu anderen Wuchs-und Standorten tragen lassen. Harzige, lange Weymouth-Kiefernzapfen liegen im gelben Gras unter den hohen Stämmen ihrer Mütter. Vertrocknete kahle, braune, verblühte einseitswendige Scheintrauben, des noch im fleckigen Grün auf den Winter wartenden Salbei-Gamander /Teucrium scodonia, bestimmen das steile, trockene Ufer des Kattenbachs. Eine einsame rote Blüte der Roten Lichtnelke erinnert noch an den Sommer, während das Schmalblättrige Greißkraut / Senecio inaequidens noch in Hochform seine gelben Blüten präsentiert. Der Gewöhnliche Beifuß / Artemisia / vulgaris am Wege. Er wartet auf einen Sammler der seinen Gänsebraten mit ihm würzt, die fettige Bratensauce schmackhaft und bekömmlicher werden lässt. Die "Hexeneiche" mit ihrem überdimensionierten rauen, borkigen Stamm, die bald darauf am Waldrand auftaucht, ist auch schon blattlos, hat ihre unzähligen Eicheln schon auf dem Boden verteilt. Schlanke weiße Birkenstämme leuchten in freundlichem vergilbten Blattgrün unter den hohen, schlanken, dunklen Weymouthkiefern / Pinus strobus, die wie ein schütterer Schirm hoch über den Birken im Winde schwanken. Irgendwo kreischt eine Motorsäge. Waldarbeiter am Aufarbeiten eines gefallenen Stammes. Gleich in kurze, für den Ofen passend gesägte Klötze geschnitten, landet der Gefallene auf einem Anhänger. Über allen diesem Tun schimpfen hoch oben aufgeregt kreisend ein paar Rabenkrähen. Still und unscheinbar lassen die hakeligen Früchte der Klette / Arctium die Aufregung, den Lärm über sich hinweg ziehen. Sie warten auf Jemanden der vorbei kommt an den sie sich anhängen können. Egal ob Jacke oder Fell, alles was Halt bietet wird genommen, Hauptsache man kann auf ein Reise gehen, sei das Ziel auch in weiter unbestimmter Ferne. Nur weg von der Heimat lautet ihr einprogrammiertes Wander-Gen. Der Ufer-Wolfstrapp / Lyopus europaeus in seiner feuchten, nasse Senke hatte es bestimmt schwer in diesem trockenen Sommer. Seine Samen schickt auch er auf Reise. Nicht durch Felle oder Jacken oder Hosen, nein er vertraut seinen Samen dem Wasser an. Schwimmausbreitung nennt man das. Doch damit nicht genug, eine Portion Klebstoff haben sie mit an Bord. Am Gefieder der Wasservögel haften sie an und kommen so von Graben zu Graben, von Teich zu Teich, von Wasserloch zu Wasserloch. So sage nur noch einer die Pflanzen hätten keinen Verstand. Den haben sie bestimmt! Nur wo der sich im Pflanzenkörper versteckt, das halten sie uns verborgen. Was wiederum darauf hinweist wie überlegen sie uns sind.
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