2018.12.31.
"Lass uns noch einmal mit Horst über den Besinnungsweg gehen", Ritas Wunsch zum Jahresende. "Ja, der wird sich freuen wenn bei dem Scheißwetter überhaupt jemand kommt", erwidere ich. Es ist gerade einmal 9 Uhr, der Himmel verdeckt die Gipfel der Berge mit einer milchigen Wolkensoße, aus der es obendrein noch sachte pieselt."Da müssen wir uns beeilen, denn Treff und Start ist bei der Bergstation der Seilbahn auf den Burgberg". "Nein, bei der Talstation" widerspricht Rita. "Diesmal hat Horst wegen des erwarteten Ansturm von Gästen den Treff auf den Berg verlegt, um jedem die pünktliche Ankunft auf dem Burgberg zu ermöglichen." "Meinst du"? "Meine ich nicht, so steht es in der Zeitung". Wir machen uns also schon früh auf. Die Faulheit lässt uns Bergbahnkarten zum Burgberg kaufen. Nur Bergfahrt, versteht sich. Der Schaffner knipst die Billetts ab, gibt die Gondel frei. Erst kein Andrang in der Gondel. Ein Hund mit Dame und vier Erwachsenen warten. Der Schaffner wartet noch auf weitere Gäste. Ein Wanderer mit Rucksack, Frau und Hund füllt die Gondel auf. Der Hund der Dame wird auf ihrem Schoß drapiert. Der Rucksackwanderer tätschelt und beruhigt den seinen. Noch immer fehlt der Schaffner. Der kommt aber bald mit weiteren Gästen. Dichtes Gedränge in der Gondel Der Rückwanderer schimpft über die Enge, schlüpft aus seinen Rucksack, stellt ihn zwischen seine Beine. Sein Hund zittert, wird unruhig. Dem Schoßhund gefällt die Enge auch nicht, kläfft und schnappt nach Luft. "Drei Minuten dauert die Seilfahrt, dann ist die Bergstation erreicht", erklärt der Schaffner nebst ein paar belanglosen Dingen über Sicherheit und Aussicht. Die ist nicht nur trübe wegen des Wetters, sondern wegen beschlagener Scheiben. Einplanierter Schutt des Harzburger Hofes, ein dampfender Schornstein des Thermalbades, die Baustelle des Siemens-Ettershauses, die Stahlkuppel des Baumwipfelpfades bringt das Abwischen der Gondelscheiben den Augen der Schwebenden. Aber nur wenn sie um den Köpfen der Mitgondelnden, eine der freigewischten Scheibenstellen erwischen. Sonst herrscht Schweigen und Gipfelerwartung in der Gondel. Der Tripp über den Seilbahnmasten bringt nicht nur Schaukeln sondern auch Bewegung in die dichtstehenden Menschenleiber. Der Rucksackwanderer hat mit seinem Hund zutun. Er schiebt mit seinen Hintern beim Herunterbücken zum Tätscheln seines Hundes, die Umstehenden zur Seite, ins Wanken. Leichtes Stimmengewirr, Räuspern, Kopfschütteln, auch verständliches Lächeln der Gondelfahrer. Der Schaffner schiebt die Tür der Gondel auf, bremst mit der Hand die Reisegeschwindigkeit, mit Griff an die Haltestange der Bergstation, sachte ab. Die Gondel steht. "Sie dürfen aussteigen, viel Spass auf den Burgberg, ihrem weiteren Weg" verspricht der Schaffner. "Danke" schallt es wie eine Erlösung von den meisten der Gäste zurück. Ein paar schweigen sagen nichts, ihnen hat's die Sprache verschlagen. Der Rucksackwanderer, als erster draußen, spielt mit einem glücklichen Hund.
Horst steht schon bereit für den Empfang seiner Besinnungsweggäste. Wir werden zu seinem dritten und seinem vierten Gast. Die Ersten, auch zwei Harzburger, die Horst erleben wollen. Es ist 10:30 Uhr. Dauernd laden nun die ankommenden Gondeln Gäste aus. Körbe, Kinderwagen, Handwagen, kleine und große Kinder, kleine und große Menschen, kleine und große Erwachsene. Der Platz an der Bergbahn vor der Burgmauer füllt sich. Horst macht sich auf die Suche nach weiteren Besinnungswegwanderern. Es bleibt bei der Suche, wir vier und Horst bleiben allein. Nach einem großen Palaver der Ankommenden, vergeblichen Toilettenbesuchen, die wird gerade geputzt, einer Großreinigung unterzogen, verschwindet der Pulk mit Handwagen, Körben, Karre und Kindern. Vier fremde Personen bleiben über. Horst schmeißt sich rann. Dank seiner Worte, dass diese Führung mit ihm, der Höhepunkt des Tages werden wird, verbleiben auch die Vier aus Bad Driburg bei uns. Eine einsame Dame aus einer vollen Gondel bleibt auch noch hängen. Es ist jetzt normalerweise Abmarsch angesagt. Es ist 11:00 Uhr. Horst kassiert die Besinnungswanderer ab. Jeder muss sich selbst in die Anwesenheitsliste, wegen eines angeblichen Versicherungsschutzes, einschreiben. Aus der Bergstation reckt sich der Bergbahnleiter aus dem Fenster, verkündet dass noch Besinnungswanderer unten an der Bergbahnstation stehen und mit möchten.
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