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1 Im Gelben Haus

Nicht lange dieser Genuss. Das Haupthaus ruft. Biggi erzählt seine Geschichte: Baubeginn 1899 durch die Johanniter auf 50 Morgen Pachtland. Einweihung im Sommer 1902. Reine Lungenheilstätte (Tuberkulose) für selbstzahlende Damen. Ab 1962, die Tuberkulose war besiegt, die Damen wurden weniger, der Ertrag der Klinik ging in den Keller, da wurden auch Herren aufgenommen. Die DDR löste die Kirchliche Organisation ab. Fünf Jahre später Einstellung des Kurverkehrs.  Die Kurklinik wurde NVA-Kurheim für Unter- und Offiziere der Armee, der Grenztruppe. Wirbelsäulen-, Herz- und Kreislauferkrankungen wurden behandelt. Den Kurgästen wurden nicht nur Gesundheitsanwendungen in Form von Wasserbädern und ähnlichen Angeboten, sondern sie genossen hier ein Leben weit oberhalb des Lebensstandard der Menschen innerhalb der DDR. Bei den Grenzbewohnern, die bald von einem Besuch hier ausgeschlossen wurden, hieß der Laden hier im abgeschlossenen Wald bald "Wasserburg", weil hier viel mit Wasser und Wässerchen gekurt wurde. Böse Zungen sprachen von einer "Faultierfarm".
Nach der Wende ging es dann turbulent weiter. Es wurde gestritten wem das Grundstück eigentlich gehöre. Der evangelischen Kirche, der Kirchenprovinz Sachsen, den Liegenschaften der DDR? Es ging hoch her bis endlich die Treuhand einen Käufer fand der den Betrieb weiter führen wollte. Während der ganzen Zeit stand das Gelände, das Haus ohne, mit geringem Schutz umher. Vandalen hausten, bauten alles ab was sich irgendwie zu Geld machen ließ. Ein Weiterbetrieb, eine Renovierung wurden in die Ferne geschoben. So geht hier mit Granit-Mauern versehen, ein für die Ewigkeit erdachtes und erbautem Gebäude in einen riesigen Schuttberg über. Durch diesen werden wir von unserer Biggi geführt. Wir betrachten die "Zeitflocken" an Fenstern, Türen, Wänden, das durch Regen- und Schneenässe aufgeschobenes Parkett. Setzen unsere Stiefel  auf herabgefallene Zimmerdecken, auf in Falten gepresstes Linoleum, auf verblichene Läufer und Teppiche. Laufen durch Duschräume, Toilettenzellen, endlose Flure. Schauen in Kino- und den Speisesaal. Durch zerbrochene Scheiben blicken wir in die Wipfel von verschneiten Fichten und Ahorn. Die beiden Letztgenannten sind das einzige Positive, sind vielleicht die Hoffnung, dass aus diesem desolaten Kurheim-, dem Ochsenberger Schloss-Schrott doch noch etwas werden könnte.
Eine halbe Stunde steigen wir durch dieses Tränental, dann knarrt das Funkgerät, ruft uns an den Suppentopf. Der dampft im Winterwind. Mit einer großen Kelle wird die Suppe in Plastikschalen gegossen. Ja, gegossen, denn heißes Wasser war die Menge. Die eingestreuten Kohlblätter, die kleinen Brokoliköpfe, rötliche Mohrrüben-Würfelstückchen, ab und an ein winziges Fleischstückchen die in der, mit ein paar aufgelösten Brühwürfel angereicherten heißen Wasserbrühe schwimmen, bremsen nicht die Fließgeschwindigkeit der Suppe. Gewürztes heißes Wasser in winterlicher Landschaft aus schwabbeligen Plastikschalen mit Plastiklöffeln gelöffelt, ist auch einmal etwas Besonderes!  Und geschmeckt hat es den Meisten von uns auch! Was will man mehr?
Die Stunde des Abschieds ist gekommen der Bus in Sorge wartet nicht. Auf dem winterlichem Rückweg meint eine Begleiterin: "Wenn 14 Tage so zu Mittag esse, brauche ich mich um meine Pfunde nicht mehr zu sorgen"! Womit sie bestimmt nicht verkehrt liegt!
Unser Wanderführer wird von den Damen in den höchsten Tönen gelobt: "Kuno das hast Du gut gemacht. Ein wunderbarer Tag. Das wir das alles sehen konnten. So nette Leute, die schönen Hunde. Dazu noch der Schnee im Sonnenschein. Kuno wie machst Du das nur?Danke"! Kuno schwebt fasst auf der Lobeswoge der Damen.
"Kuno, bleib sofort stehen. Du gehörst in eine Sänfte! Die Damen tragen Dich zum Bus!", schlage ich vor. Kuno winkt ab. Die Damen schmunzeln, die Sänfte bleibt aus.
Vor Sorge auf der Rodelwiese vergnügt sich die Jugend aus Sorge. Winterfreuden mit viel Lärm und Geschrei. Schnell ist in Gedanken die eigene Jugend zurück. "Ist das nicht schön, genau wie damals! Heute spielen die jungen Leute nur noch am PC, mit der Maus, schrecklich" aus dem Mund einer betagten Damen. "Schön finde ich es aber doch, so einmal mit der Maus zu spielen" werfe ich ein. Ungläubige Blicke treffen mich. Bestimmt kreisen ihre Gedanken nicht um die Maus vom PC.
Pünktlich zur Busabfahrt trudeln wir in Sorge an der Bushaltestelle ein. Mit Hallo und freundlichen Worten verabschieden wir uns von den lustigen Damen, den wenigen Herren aus der ehemaligen Kreisstadt Wernigerode, von unserem Wanderführer und Freund Kuno.

Otto Pake

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10 Deckenleuchter

11 Flure

12 Zimmer

13 freundlicher Abschied

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