2018.07.16.
Wilfried war schon dabei seine Stiefel zu schnüren. Ich war überpünktlich, doch er war schon da, auf dem Parkplatz an der B27 Lausebuche. Wir hatten uns hier verabredet um sein Geburtstagsgeschenk, einen Gutschein vom Rinderstall, dort einzulösen. Hier auf der Höhe des Schlosskopfes zieht auch der Kaiserweg seine Bahn, quert hier, von Walkenried kommend die B27. Über Königskrug, Torfhaus kann man ihm folgen zur Burg Heinrich des IV, auf dem Burgberg oberhalb Bad Harzburgs. Soweit wollen wir heute nicht, doch erst einmal nehmen wir ihn unter unsere Füße. Noch kalt sind Knie und Gelenke als wir auf die Lausebuche treffen und halten. Der alte Grenzbaum ging bei einem Brand 1949 verloren, der Harzklub Zweigverein Braunlage pflanzte ein Jahr später eine neue Buche, rüstete sie aus mit Stein und Schild und vergaß sie. Das zeugt der abgerissene starke Ast der total vertrocknet von Himbeeren, Brombeeren und Brennnessel überwachsen, sich auf seinen Gedenkstein zur Ruhe gelegt hat. So liegt er da und vergeht so langsam. Kein fleißiger Ehrenamtlicher des großen Heimatbundes, nimmt sich der Nachfolgerin der bekannten vergangenen, verbrannten Grenzbuche an. Niemand räumt einmal ein wenig auf, gibt der alten Stätte ihre Würde zurück. Doch heute scheint die Sonne, überstrahlt meine trüben Gedanken. Auf diesem alten Fichtenstandort wachsen jetzt junge Buchen. Zwar zeigen viele von Ihnen Fraßspuren von Hirschen. Zu kleinen, dichten Pyramiden sind sie durch ihren Verbiss gewachsen. Doch ist der Haupttrieb dem knabbernden Maul entkommen, wächst sie heran, die neue Laubgeneration des Mischwalds. Über dem jugendlichen Wachsen der kleinen Buchen wacht eine gewaltige Große. Fünf gewaltige, eng zusammengewachsene Stämme einer einmalig schönen alten Buche dominieren das Waldbild. Man muss einfach stehen bleiben, schauen, sie bewundern, sie anfassen. Vielleicht fließt so ein wenig von ihrer gewaltigen Lebenskraft in den eigenen Körper über. Sie zeigt auch in diesem außergewöhnlich trocken, heißen Sommer keine Schwäche, kein Welken, kein gelbes Blatt. Sie ist vernetzt mit dem Untergrund, mit den tiefen, wasserführenden Bodenschichten. Während die Heidelbeeren, auf einem am Boden liegenden Fichtenstamm, der schon lange ihre Heimat ist, die Trockenheit dieses Sommers nicht überstanden haben. Gelb sind auch die Waldgräser, nur die Ackerkratzdistel behauptet ihr Grün, bietet ihre rot-violetten Blüten zur Bestäubung an. Die flatternden Gäste lassen sich nicht lumpen, Ob Kaisermantel oder Pfauenauge, ob Kleiner Fuchs oder Distelfalter, ob Hummel oder Schwebfliege, alle sind vertreten, naschen an der dargebotenen Gabe, dem Nektar. Bepudern sich mit Blütenpollen, tragen ihn zur Nächsten. Bald endet dies Idyll, ein breiter, mit groben Kiesel geschütteter Waldweg nimmt uns auf. Radfahrer knirschen an uns vorbei, ein Eichelhäher macht Lärm. Die Blütenpracht des Randstreifens ist verschwunden. Wir balancieren um die grobkörnigen Kiesel des Straßenschotter herum, suchen die Fahrspur der Fahrzeuge. Da lässt es sich angenehmer laufen. Kinderlachen schallt von der Waldmühle herüber, oder toben sie am Mythenpfad entlang? Sehen tun wir die kleinen Schreihälse nicht. Ein kurzer Umweg bringt uns auf den Mythenpfad, ins Mythenreich. Nein, mehr in das Reich der Umweltprobleme. Eine riesige Holzbanse mit offenem Tor. Dahinter Baumstämme mit Schildern auf denen Sprüche prangen wie: "Wasser ist der Quell alles Lebens" (was ja jeder weiß) oder: "Bangladesch säuft ab - Russland schwitzt". (wir können nichts gegen tun) auch "Eisdecken schmelzen" ( der nächste Winter kommt bestimmt!) Alles gut gemeint, vielleicht stimmt es ja auch, doch so genau weiß das sicher Niemand! Lassen wir das Grübeln um unsere, um die Zukunft der Welt. Genießen wir den Augenblick und schauen wir freudig auf das Vergangene.
Weiter zu!