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1 vor Wennerode

Eine baumlose, hügelige grüne Ackerlandschaft liegt vor mir. Ein Hochsitz auf einem der Hügel überwacht die Feldflur, schiebt sich vor die Berge des Harzes. Vor den landwirtschaftlichen Aussiedlerhöfen von Wennerode herrscht Tatendrang. Trecker brummen vorbei, ziehen  Düngerstreuer durch die Getreidefelder. Leichter Staub des Ausgebrachten weht herüber. In den Vorgärten Frühlingsblüher. Der abgestellte Heuwender reckt seine Wenderäder gegen den Himmel, muss noch lange auf seinen Einsatz warten. Ein Birkenstumpf hat noch gar nicht bemerkt dass seine Krone abgeschnitten als Feuerholz, zu einer Banse aufgeschichtet, trocknet. Seine Wurzeln pumpen unverzagt den Lebenssaft in die Höhe, wollen die fehlenden Krone noch immer damit versorgen. Klebriger Birkensaft rinnt am Birkenstumpf nutzlos herunter. Auch die Wasserburg in Wiedelah zeigt sich. Noch wird sie nicht hinter einem Blätterschleier verborgen. Ihr, sie schützender Wassergraben wird jetzt als Fischaufzuchtteich genutzt. Er ist eingegittert vor geflügelten, vor schleichenden Räubern. Hinter einer starken, dicht beasteten Schwarzerle, der dunkle Schieferturm der Katholische Kirche. In der Senke neben dem Weg schieben sich die Blätter des Riesen-Bärenklau durch das trockene Gras. Am Hang des Finkenherds  das Gelb der Windröschen. Der "Kuhstall" noch geschlossen. Links, östlich der Ecker, hinter der Bahnbrücke verläuft ein Wiesenweg. Der bietet sich als Abkürzung nach Lochtum an. Leider endet er bald. Er wird nicht mehr zur Bewirtschaftung gebraucht, ist aufgegeben, umgepflügt, dem Feld eingegliedert. Etwas holperig, pfadlos ein Stück durch den Bruch, dann taucht am Rand des Wiesenstücks der Weg wieder auf. Ein Sprung Rehe fühlt sich gestört. In großen Sätzen rauschen sie mir entgegen, an mir vorbei, verschwinden reglos abwartend, im dichtem Randgestrüpp der Ecker. In Lochtum blüht in jugendlicher Pracht die Magnolie. Weiß-rosa überragt sie mit ihren Zweigen den Gehweg. Im Hintergrund das Gelb der Forsythien vor dem Fachwerk der Häuser des Dorfes, dem spitzen Turm der Lochtumer Kirche. Hinter Lochtum wieder landwirtschaftliche, grüne Flächen. Ein Blick zurück zeigt die schöne Lage Lochtums in der Senke an der Schamlah. Oberhalb dieses kleinen Baches strebe ich auf der Höhe, den Harzbergen, dem Butterberg zu.
Treckerreifen-Spuren haben dem Feldweg schwer zugesetzt. Meine Schuhsohlen werden immer höher. Das Gehen wird schwer und ermüdend. Suche Pause und Erholung beim Fotografieren. Zur Hasen-Segge muss ich mich weit hinunter bücken. Das geht noch, doch mit dem Gerademachen ist es schon schwieriger. Da kommen mir die Blüten der Esche, der Schlehen, des Spitzahorns freundlich entgegen. In Augenhöhe tun sie mir den Gefallen eines Fotos von ihrer Schönheit. Im Straßengraben, im Bett des Weißbachs drängeln sich die frischen Triebe des Bach-Ehrenpreis, bilden ein dichtes hellgrünes Polster. Am Wegrand zum Heinischen Bruch flattern drei Trauermäntel. Fliegen auf, setzen sich, nicht weit weg, wieder auf einen der hochgepflügten, sonnenbeschienenen Feldsteine. Schon im letzten Herbst sind sie durch unsere Wälder gegaukelt. Haben den Winter versteckt in Mauerrissen, unter Rinde, in Hohlräumen von Weiden, Pappeln, Birken bei Froststarre verbracht. Nun tanken sie Wärme und Kraft für ihren Weiterflug nach Norden. Nimmersatt kann man sie betrachten mit ihrem dunklen Körper, den je nach Sonneneinfall schwarzbraunen Flügeln, mit leuchtend blauen Punkten vor ihrem weißen Flügelrand. Schnell liegt das Heinische Bruch hinter mir. Am Rodelhang des Butterbergs, es geht ganz ordentlich in die Höhe, wieder ein Blick zurück ins Land. Dunst liegt dort wo ich losgelaufen bin. Die Sonne zeichnet  schon lange Schatten hinter den Bäumen die noch von ihr getroffen werden. Helle Birkenstämme vor tiefgrünen  Weymouths-Kiefern am Rand des Heinischen Bruches. Weit hinten, schon im Dunst verschwommen, blinkern die modernen Windflügel der Strommühlen. Am Kammweg des Butterberges, noch im vollen Licht der Sonne, strahlen Buschwindröschen, Windröschen, Scharbockskraut, die unscheinbaren grünen Blüten des Bingelkrautes. Die Stämme der Buchen, der Eschen, der Ahorne, der Ulmen, der Hasel und auch die der Anderen zeichnen ein Treppenschattenmuster auf meinen Heimweg. Es führt mich nach Hause.

Otto Pake

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10 Bach-Ehrenpreis

11 der Trauermantel

12 sucht Wärme

13 Blick von der Rodelwiese

14 Butterberg-Blüten

15 Schattenwurf