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1 Herbst-Zeitlose

Wie eine grüne, mit großen weißen Trichterblüten, geschmückte Sargdecke hat die "Gewöhnliche Zaunwinde" den Grabenrand, den angrenzenden Weidezaun überzogen. Hier herrscht kein Mangel an Wasser. Doch die Hangwiesen dürsten. Sie geben den sechs Eseln die  die vertrockneten Grashalme wohl zum X-ten mal kürzen nicht die größte Freude. Still und ohne sichtbare Bewegung verharren sie im Schatten bei ihrer Hütte. Nur einer hebt den Kopf und widerspricht mit schauriger Stimme meine Gedanken. Eine, wirklich nur eine Herbstzeitlose zeigt ihre lila Blüte im gelben Grashang. Weiter oben, im Wildwuchs von Eschen und Weißdorn klingeln die Schellen einer Ziegenherde. Sie sind eingegittert mit einem flexiblen Elektromaschendrahtzaun. Sonnenstrom sorgt für den schmerzhaften Impuls der die Ziegen beieinander und Räuber hoffentlich fern hält.
Dicke, weiße Wolkentürme bauen sich über den Kamm des Butterbergs auf, bedrängen die Uhlenköpfe, die Kattnäse, den Mittelberg. Schweift der Blick ins Vorland, über die Felder, die Hügel, die Dörfer und dann zurück, sind sie im Nichts verschwunden. Blanker blauer Himmel dominiert. Das kleine Stückchen Landstraße ist schnell abgelaufen. Der Ringwanderweg um Bad Harzburg nimmt uns auf, bringt uns auf den Kammweg des Butterbergs, zum Eleonorenstein. Das ist für mich der Stein der Wiederkehr. Schön ist er in seiner langsamen Vergänglichkeit anzusehen, sein Schriftzug fasst verwittert. Oben links hat er eine kleine Delle und in diese lege ich immer wenn ich vorbei komme eine kleine Münze. Machmal liegt sie wochenlang an ihrem Platz. Manchmal treibt sie der Wind davon, machmal muss sie dem Schnabel eines Vogels weichen. Doch seitdem hier ein Briefkasten der Schatzsucher ist, landet sie auch in der Tasche eines der Sucher. Nur einmal fand ich einen dazugelegten Cent bei dem Meinen. Die lehnenlose Bank die rechts bald auftaucht, lädt ein. Bietet sie doch einen einmaligen Blick zu den Masten von Torfhaus und Brocken. Ein Platz zum schattigen Verweilen. Ein klein wenig weiter am Rand der Wiese, an einem Feldahornzweig hat die "Sächsische Wespe" (Dolichovespula saxonia) ihr freihängendes Nest gebaut. Doppelfaust groß hängt es frei im Sonnenschein, trotzt Regen, (der in diesem Jahr fehlt) und Wind. Nur die Erbauer, die Sächsischen Wespen, die sind verschwunden. Kein Leben mehr am tiefliegenden Flugloch. Doch weiter oben direkt am Kammwanderweg in einer alten, vom Specht bearbeiteten Esche, da ist reger Flugbetrieb. Ein sattes Brummen fordert zur Aufmerksamkeit, es sind Hornissen die die alten Spechtlöcher für sich entdeckt haben. Haben die großen, offenen Löcher des Spechtes mit einer selbst geschaffenen, von crem-weiß und braun, gebänderten Papiermasse verschlossen. Nur ein Ein- und Ausflugloch am Rand von Baum und Nestverschluss führt ins dunkle Innere.  Im Moment verschwindet eine der großen Wespenjäger ins Innere. Versuche sie mit der Kamera einzufangen. Sie ist schneller verschwunden als ich den Auslöser drücken kann. Dafür kommen gleich zwei von den gewaltigen Tieren hintereinander aus dem Nest. Umfliegen mich mit kräftigem Brummton. Zögere zwischen Flucht und Bleiben. Bleibe bewegungslos mit der bereiten Kamera stehen wo ich bin. Eine zurückkehrende Hornisse verschwindet unaufgeregt im Flugloch, dafür kommen, immer zu zweit hintereinander, weitere ans Licht. Alle umschwirren mich, bilden einen richtige Verteidigungsring um mich herum.

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