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1 Blick vom Humberg

 Hinter einem mit Sträuchern bewachsenen grasigen grünen Hügel werden wir fündig. Erst entdecken wir nur ein, noch knospiges, Exemplar. Dann als das Auge weiß was gesucht wird drei, vier, fünf weitere der mattgrünen Blütenstängel von Riemenzungen. Sie sind in ihrer Vegetationsphase noch etwas zurück, zeigen noch nicht ihre langen gedrehten herunter hängenden Lippen. Sie wirken noch ausdruckslos, zeigen noch nicht ihre ganze Schönheit. Ein klein wenig Enttäuschung macht sich schon in uns breit. Was soll's, müssen wir halt noch einmal wiederkommen!
Es geht wieder ein Stückchen des Herweg zurück. Ein Kalkstein am Wege macht mich neugierig. Er besitzt eine eigenartige, knollige Struktur. Erinnert mich an den "Rufer" im Westerhauser-Wald. Ich wende den Wackerstein. Darunter liegen in dicht bei dicht Eier von Ameisen. Im Nu herrscht ein Gegribbel, ein Gewusel der Wächter und Pfleger der Brut. Ein Heer von Ameisen versucht ihre ungeschlüpften Nachfolger aus der Gefahrenzone des Lichts zu bringen. Schnell decke ich den Stein wieder über das Gewusel, hoffe das bald wieder Ruhe im Lebenszyklus der Ameisen eintritt. Am ersten Abzweig nach links steigen wir hoch in Richtung Kämeckenberg. Hier blüht die Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa). Auch der Natterkopf (Echium vulgare) der wieder von vielen Hummeln angeflogen wird, ebenso ergeht es dem daneben stehenden Färber-Wau (Reseda luteola). Die  Esels-Distel (Onopordum acanthium) mit ihren breiten, grauweiß geflügelten Stängeln lässt auch nicht lange auf sich warten. Sie ist hier zuhause. Nicht so die Breitblättrige-Platterbse (Lathyrus latifolius) die hier auch ihre Blüten zeigt, aber bestimmt aus einem Schwanebecker-Garten ausgebüchst ist.
Sieben, acht, zwölf offene, rote Klatschmohn-Blüten in einem leicht lilafarbenen Randstreifen des Flaumigen-Hafers vor dem, sich schon leicht gelb färbenden, Gerstenfeld vermitteln einen Hauch von Unwirklichkeit. Doch alles ist echt und wirklich! Selbst die schwarzen Blattläuse die sich rund um den wolligen Blütenboden der noch geschlossenen Blüten der Esels-Distel versammelt haben, nun hoch von oben, wie von einem Aussichtsturm über die Felder blicken können, unterbrechen ihr Saugen am frischen Distelsaft, erfreuen sich ihrer schönen Heimat. Betrachten wie wir, die sich langsam öffnenden gelben Blütenknospen des Johanniskrautes (Hypericum perforatum) auf der anderen Seite des Weges.
Wir steigen für Heute nicht weiter an. Schwenken gleich in den ersten Wiesenweg der rechts nach Schwanebeck abgeht, ein. Passieren eine Hundsrose (Rosa cania) die mit ihren letzten rosa Blüten uns erfreut. Sich, um noch besser zu wirken, den roten Mohn zu sich geladen hat, sich so zu sagen mit "fremden Federn" schmückt. Auch das Maisfeld (Zea mays) an dem wir vorbei kommen macht es mit seinen tot gespritztem Ackerrand ebenso. Zwar nicht in rot, sondern bleibt bei seinem Grün. Er hat sich eine Spargelpflanze als Randschmuck zu gelegt. Drei stramme schon halb geblätterte Spargeltriebe schmücken seinen Rain.  Der vierte, noch weitgehend unbeblätterte Spargeltrieb fällt meinem Taschenmesser zum Opfer. Er wird sofort, so frisch vom Acker, von mir mit genüsslicher Freude aufgegessen. Eine Beilage wie Schnitzel, Butter und Konsorten braucht man dazu nicht. Er schmeckt als würde ein Engel auf die Zunge pinkeln; frisch, rein ein bisschen süßlich, halt so wie ich mir diese Engelsgabe vorstelle.
Die weißen Blüten des Sambucus nigra, dem Schwarzen Holunder, der uns immer mehr begleitet je näher Schwanebeck zu uns heranrückt, verströmt seinen angenehmen Duft. Mir ist er willkommen, doch wundere ich mich, dass kein Insekt sich daran berauscht. Keine Fliege, kein Käfer besucht seine weißen Blütenscheiben mit den weit vorgestreckten gelben Staubbeuteln, befruchtet seine Narbe. Wer ist es der für seine späteren schwarzen Früchte sorgt?
Während so die Gedanken durch meine Birne (Kopf) ziehen trudeln wir fasst unbemerkt wieder in Schwanebeck ein. Finden unser wartendes Auto an der Huy-Straße wieder. Fotografiere noch ein rotes, fabrikähnliches zum Wohnhaus umgebautes Backsteingebäude, den Kirchturm mit seiner Uhr, einen quadratischen Turm mit rotem Ziegeldach und Mauern aus den Kalksteinen, die bestimmt von dort herkommen wo wir eben waren; vom Humberg.
Glückliche, blühende, schöne Landschaft um Schwanebeck am Huy.

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