Nun haben die Bäume schon wieder Schlagreife erlangt. Hasel, Brombeere und andere Sträucher bilden schon bald ein undurchdringliches Dickicht. Etwas ins Vergessene ist auch mein Trampelpfad an der Böschungskante, am Rand des Bahndamms, der in den breiten Bachtälern des Schimmerwaldes, wieder hoch aufgeschüttet auf seiner Höhenlinie bleibend dahin zieht. Komme am Gedenkstein des "Wilden Jäger Hackelbart", der hier auf seinen ihm den Tod bringenden Keiler getroffen ist vorbei. Ob die Geschichte wohl stimmt? Der Gedenkstein trägt auf der einen Seite das "Eiserne Kreuz", die andere Seite des Stein schmückt fest eingeschlagen die "Wolfsangel". Manchmal wechsele ich auch die Seiten der Bahntrasse, führt der Pfad von der linken auf die rechte Seite. An der alten Bundesstraße 6, kurz vor Eckertal muss ich die Bahntrasse verlassen. Der Eckertaler-Bahnhof ist ins private gewechselt. Der neue Besitzer hat das Bahnhofsgrundstück gleich mit erworben, den vorbeilaufenden Weg mit eingezäunt. Kein offizielles Durchkommen mehr. Quere die Ecker, wandere nun auf Sachen-Anhalter Seite auf dem Grenzweg östlich an der Ecker dem Harzgebirge zu.
Passiere den Jungborn. Eine abgerissene Kuranlage die der innerdeutschen Grenze weichen musste. Ein eingetragener Verein versucht die vergangenen Häuser, die kleinen Parks zu aktivieren. Schön machen sie das. Doch ist es auch von Dauer? Von Dauer ist der später erreichte alte Hüttenplatz. Hier, nun im NP-Harz, wächst auf dem mit Schwermetallen belasteten Boden die Hallersche Grasnelke (Armeria halleri), auch die Frühling-Miere (Minuartia verna), auch Kupferblümchen genannt ist vertreten. Weite Flächen des flachen Areals sind mit der Rentierflechte, Cladonia Arten überzogen, geben ihr einen silbrigen Schimmer. Die roten Apothecien an der Spitze verschiedener Säulenflechten, Cladonien mit anderen Habitus, auf der nackten Bodenkrume, täuschen Blüten vor. Es sind die Fruchtkörper der Flechtenpilze. Über den Besenbinderstieg, der erst durch einen schütteren Fichtenwald mit zahlreichen jungen Laubgehölzen im Unterbewuchs führt, wird später auf der Höhe ein Buchenwald mit besonderer Schönheit passiert. Braune, trockene Vorjahrsstängel der Vogelnestwurz einer chlorophylllosen Orchidee, am Rande des Weges. Moosbewachsene, niederliegende tote Buchen, aufragende Wurzelteller! Frisches hellgrünes Buchenlaub. Ein alter Buchenstamm mit "Schwarzer Kohlenbeere" total überzogen. Hinter dem Plattenweg des Thumkulentals wird bald darauf der NP-Harz schon wieder verlassen. Am Wiesenhang des Weinbergs bei Ilsenburg grasen schottische Hochlandrinder. Gewaltige braune behörnte Tiere. Gut, dass ein stabiler Zaun die Koppel umschließt. Weißbuchen blühen, entfalten vorsichtig ihre empfindlichen Blätter. Das Hotel links hinter der Koppel umrahmt von Schlehen, Kirschen in weiß, dahinter das dunkel der Fichten mit Einsprengseln von hellgrünen Laubbäumen. Am Hang des Weinberges im braunen Laub der Buchenblätter, das erste Blau der Leberblümchen. Traubenhyazinthen, Hasenglöckchen zeigen ihre Blütenknospen. Beide wohl aus den anschließenden Schrebergärten illegal am Waldrand entsorgt. Wären in den Gärten besser aufgehoben als hier. Doch hübsch sind sie allemal! Der Hohle Lerchensporn hat gegen diese neuen Nachbarn anscheinend nichts einzuwenden, er blüht in trüber, purpurner Pracht.
Ein bunter Gartentraum in Ilsenburg. Frühbeetfenster, Kissenprimel, gelbe Kaiserkronen, rote und gelbe Tulpen. Austreibende Rosen, eben gepflanzte Dahlien im Beet. Selbst die Pfosten, die ihnen später Halt geben sollen, stehen schon, blau angestrichen an ihrer Seite im frisch geharktem Beete. Das alles wird von einen braun gestrichen Jägerzaun eingefasst, von dem in Streifen die Farbe abblättert. Ein Teichidyll, alte Schuppen, blühende Hausgärten.
Ein mit Schilfmatten verhängter Lattenzaun, durch den sich die Blüten des Ranunkelstrauches die Freiheit der Straße erkämpft haben. Die alte Krugbrücke aus riesigen Granitblöcken die die Ilse überspannt. Das in die Jahre gekommenen Fachwerkhaus daneben. Alles aus längst vergangenen Zeiten. Ebenso die Klosterkirche, dem Jagd-Schloss gegenüber. Zu sehen wenn man ein paar Schritte den Weg verlässt, den Schlosshof betritt. Der spitze Turm der Ev. Kirche, eingerahmt von knorrigen weißen Kirschbäumen, verschieden mit den Kugeln der Misteln überwuchert. Pfosten der Einzäunung mit der Wolfsftöter-Flechte bewachsen. Rast und "Apfelpause" am Erdfallsee hinter Ilsenburg. Die Seerosen legen ihre ersten Blätter auf die Wasseroberfläche, die Wald-Platterbe zeigt am Teichdamm ihre schmutzig rot-gelben Blüten. Vorjährige gelbliche Schilfhalme am anderen Ufer. Idyllische Stille. Vom "Schiefe Berg" ein herrlicher Blick auf Drübeck mit seiner doppeltürmigen Klosterkirche, den Klostergebäuden, der massigen Dorfkirche. Hinter Drübeck zieht sich der blühende Raps zur Charlottenlust, dem Lustberg hoch. Links davon sind die Türme von Halberstadt zu sehen, rechts, der wie ein gedeckelter Sarg in der Landschaft stehende, Hoppelberg. Weiter nach Osten kommt der Horstberg, der Struvenberg, der Agnesberg mit seinem Schloss ins Bild. Davor mein heutiges Ziel, breit und lang gestreckt Wernigerode. Doch vorerst muss noch die Senke zum Öhrenfeld durchquert, zum Karrberg hochgestiegen werden. Hier steht eine Baumgruppe aus Linden und Bergahorn. Noch stehen sie kahl im Wind. Seitlich am Heckenstreifen blüht der Löwenzahn in seiner gelben Pracht. Unzählige Blütenköpfchen recken sich der Sonne entgegen. Wie schnell geht der Blütentraum in den silbrigen Samenstand über! Nicht einmal eine Woche vergeht, dann ist der erste Flor des Löwenzahn schon dahin, kann sein Samen in den Wind geblasen werden. Noch einmal schönste Aussicht von der Höhe 304,1 dem Karrberg. Selbst der Brocken, hinter den austreibenden weißstämmigen Birken, weit hoch hinter dem Tänntal, ist zu sehen.
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