Eine bizarre Schönheit. Helles Gelb bringt der Herbst-Löwenzahn, der Rainkohl, die Raue Gänsedistel, auch der Mauerlattich zeigt seinen, mit fünf Zungenblüten geschmückten Blütenkorb neben dem sachte abblühenden Hain-Greiskraut. Gelb-orange Blütenstängel des Frauenflachs, dessen untere Blüten schon in Samen gegangen, sind mit ihren langen Blütenspornen immer eine Attraktion. Herbstlich silbern im Sonnenschein schimmert die Drahtschmiele, überwachsen von der buschigen Ähre des Wolligen Reitgrases. Beim Weitergehen wird mir noch ein Blütenstängel des Orangeroten Habichtskraut unter die Nase gehalten mit der Frage: "Kennst du das auch"? Ich freue mich über die Frage, zeigt sie doch, dass das Interesse an dem Blühen am Weg geweckt ist. Auf dem langen Abstieg ins Stübchental kommen Fragen über die Entstehung unseres Harzgebirges, seinen Gesteinen, wie weit die Gletscher der Eiszeiten den Harz erreicht haben, ob nordische Gesteine hier abgelagert wurden. Dauernd wechselt mein Gesprächspartner an der Spitze der Truppe spricht mit mir über Erlebtes, über neue Wünsche. Auch der Rest der Truppe unterhält sich mit seinen Nachbarn, quatscht über dies und das. Höre von hinten: "Dein Mann schleppt ja eine große Kamera mit umher. Wird ihm das nicht zu lästig wenn so ein schweres Ding am Körper baumelt"? "Bestimmt. Aber er will das so. Ich trage lieber das Essen und Trinken, das wird mit der Zeit immer weniger". Ein Gespräch von Frau zu Frau.
Der letzte große Regen hat unseren Pfad ins Stübchental ordentlich ausgespült. Tiefe Erosionsrinnen, ausgewaschene lockere Kiesel fordern auf die Tritte zu achten. Trotzdem macht eine der Damen einen mehr oder wenigen eleganten Abgang ins Geröll. Schnell steht sie wieder auf den Beinen. Außer einem Schreck und einer nicht mehr ganz reinen Hose bleibt kein Schaden zurück. Ein breit gefächerter gelber Pilz leuchtet aus der braunen Bodenkrume hervor. Denke erst an einen "Schwefelporling". Der rutscht aber nicht so über den Waldboden. Der hockt am stehenden und liegenden Holz von Kirschen, Weiden Pappeln. Der Gelbe hier, wächst auf dem Boden, am Wurzelhals eines alten Stucken.Wenn er bei Druck sofort braun wird ist es der "Kiefernporling" saust es durch meinen Kopf. Er bräunt sofort! Stelle ihn vor: "Das ist so ein lange nicht gesehenes Unikum. Der richtet sich nicht nach einer bestimmten Wuchsform. Der wächst wie er will. Immer zeigt er andere Formen. Aus einem gelblich-braunen Klumpen entwickeln sich einzelne, übereinander liegende Pilzteller, in allen Richtungen verfließend. Dann wieder bizarre nach oben strebende Fächer mit ausgeprägten gelben Rändern. Eine skurrile nicht essbare Pilzschönheit". "Ich sehe aber gar keine Kiefer" ein kritischer Zwischenruf. "Hab ich nicht gesagt er ist ein Unikum" meine Antwort.
Am Abzweig Annaweg hoch zum "Harzburgblick" will niemand mehr steigen. Leichte Erschöpfung bei den Damen, den Herren. Die lange Kurve um das Krodotal wird schleppenden Schrittes durchwandert. Leicht geht es noch einmal bergan. Hier blüht es noch einmal in rosa-rot. Das Drüsige Springkraut hat sich hier breit gemacht. Bald sind alle dabei die reifen Samenkapseln mit leichtem Berühren zum Platzen zu bringen. Wenn die Kapsel sich dann mit einem Ruck aufrollt fliegen die Samenkörner in alle Richtungen davon; was immer zu einem kleinen Erschrecken und Rückzug des Fingers zur Folge hat. Ein Staunen bricht aus als ich Samenkörner in der hohlen Hand sammele, in den Mund stecke und drauf umher kaue. "Die sind doch giftig"! "Nein, sind sie nicht. Sie schmecken gut. Probiert einmal". Nicht alle folgen meiner Aufforderung. Das Misstrauen ist zu groß. "Richtig nussig schmecken die", die Feststellung eines Probierenden. Das der daneben wachsende Riesen-Knöterich, im jungen Trieb, wie Rhabarber zubereitet werden kann will ich noch an den Mann, an die Frau bringen. Doch da bin ich zu spät. Ist allgemein bekannt.
"Hier, Otto was ist denn das für ein Vieh", ein Ausruf eines Herrn.
Ein fingerdicker und genau so langer grauer Wurm mit zwei seitlichen schwarzen Augenflecken, einem wie abgeschnittenen, aufgeblasenem Vorderteil zwischen Hainsalatblatt und Weidenröschenstängel hängend, wird mir gezeigt. " Kann ich nicht sagen, das Ding kenne ich nicht. Noch nie gesehen" muss ich antworten. "Das gibt 's doch gar nicht", kommt zurück. Nun wird fotografiert um das gute Stück Zuhause bestimmen zu können. Mit: "Da hast du ja gut aufgepasst. Den hab ich nicht gesehen. Meinen Glückwunsch" lobe ich den Finder. "Sind wir nicht heute durch deine Schule gegangen" bekomme ich zur Antwort.
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