Nach kurzem, eindringlichem Gespräch mit unserem Wanderführer ist der bereit auf die Pause hier oben zu verzichten.
Wir sollen gleich weiter. Das wollen aber nicht alle. Wenigstens soll noch auf die Pinkler gewartet werden. Das Verzögern ist aber nur kurz. Als die Toiletten-Letzten auftauchen, verschwindet unsere zweite Gruppe, die nun die Führung übernommen hat, schon hinter den Bäumen der ersten Kurve. Unser Wanderführer sieht die Nachkömmlinge, verzögert seinen Schritt, lässt die hinterher Jachternden auflaufen.
Etwas kleiner ist unser Trupp nun geworden. Unser Abgeordneter feiert mit lautem Erzählen seinen Sieg. Wir, Rita und ich haben uns zum Wanderführer vorgearbeitet. Hier ertönt der "Gesang" unseres Siegers nur noch leise zu uns. Der Wanderführer ist sauer, schimpft.
"Meine Stimme bekommt der bestimmt nicht. warum läuft der eigentlich mit. Der ist doch auf Stimmenfang aus. Macht so nebenbei mein Konzept der Wanderung kaputt. Wollte mit meiner Truppe noch hoch zur Salzsäule. Das kann ich nun knicken. Nur weil der es eilig hat. So ein großsprüchiger Nörgler"! Nicht nur Parteigrenzen trennen die Beiden. Eine Weile laufen wir schweigend nebeneinander her, dann meine Frage: "Wissen sie ob der Herr Abgeordnete den Weg kennt"?
"Bestimmt nicht". "Also fragen wir den doch gar nicht. Sie laufen wie vorgesehen zur Salzsäule. Dass das weiter ist, geht dem Herrn dann doch erst später auf. Vielleicht freut er sich sogar darüber die Salzsäule auch einmal gesehen zu haben". Er schaut mich, vor Schadenfreude grinsend, an.
"Da haben sie recht, wir biegen einfach ab und laufen zur Salzsäule hoch. Wenn der hinterher läuft ist es ja sein eigene persönliche Entscheidung. Oder"? Ich grinse nickend zurück.
Am Abzweig biegen wir ab. Der Tross folgt ohne Murren hoch zur Salzsäule. Es geht wirklich hoch hinauf. Der Weg zieht sich. Eine stramme Dame, die sich langsam von ihrem jugendlichem Alter verabschiedet, dampft schimpfend an mir vorbei. "Der hat vielleicht einen Weg ausgesucht. So steil hoch. Da gibt es doch bestimmt einen besseren. Warum rennt der hier noch hin? Ich habe Hunger! Fritz, - Fritz, -- Fritz ich habe Hunger". "Wir sind gleich da" tröstet Fritz ihr Ehemann. Kennt den Weg wohl auch. "Fritz ich habe Hunger".
"Gleich, gleich sind wir da". Sie bleibt wie angewurzelt stehen.
"I mag nimmer. I habe Hunger"! Fritz kommt zurück, öffnet seinen Rucksack. Er weiß wohl wann seine Stunde schlägt. Er pariert. Wir laufen an dem Pärchen vorbei. Sie kaut, er nimmt einen Schluck aus der Flasche. 2 Minuten später machen wir Rast an der Salzsäule. Nicht alle Wanderer finden Platz auf den Bänken die hier aufgestellt sind, die umliegenden Steine werden zu Sitzplätzen umfunktioniert. Butterbrotpapier knistert. Stöpsel und Korken werden mit leisem Zischen oder mit hörbarem Plopp gelüftet. Selbst der Abgeordnete vergisst seine Eile. Nimmt eine Bank mit Tisch in Beschlag, findet ein zuhörendes Publikum. Das gefällt ihm. Seine Mitarbeiter verteilen einen Muntermacher. Ein Prosit auf den Abgeordneten. Unser Wanderführer berichtet über die Bedeutung und Legenden der Salzsäule. Ich, ohne Platz, verdrücke mich, flüchte vor dem Lärm der Pause, vor den Gesprächen. Betrachte die Schildertafeln die auf die Bedeutung des Ortes verweisen.
Die Salzsäule auf dem Gerstenberg gehört zu den Vermessungspunkten der trigonometrischen Vermessung von Sachsen. Sie wurde 1865 erbaut und zählt zu den Wanderzielen rund um Sebnitz. An Ort und Stelle werden auf Schildertafeln die beeindruckenden Leistungen der Vermesser hingewiesen.
Zum Pausenschluss noch ein gemeinsames Bild mit dem Abgeordneten. Dann geht es weiter. Als Letzte verlasse ich mit Rita den Platz. Treffen vor einer Dickung den Rest der dort wartenden, unschlüssigen Truppe wieder. Die Vorhut krabbelt durchs Unterholz. Die Meldung erfolgt: "Kommt hinterher, der Weg ist richtig"! Wir schlagen uns durchs Gestrüpp, stoßen auf einen Weg der uns zu einem Gedenkstein der besonderen Art bringt.