30.12.2016
Morgens ist die Welt grau. Feuchter Nebel zieht über die Zeltwiese. Schlapp und nass unser Außenzelt. Beim Herauskrabbeln aus unserm Zelt gibt es nasse Knie. In der Apsis drückt das Regenwasser der Zeltwiese durch unsere Zeltunterlage, einer schwarzen Bändchenfolie die sonst zur Unkrautunterdrückung auf Beeten im Gartenbau Verwendung findet. Es gibt nicht nur nasse, sondern auch schmutzige Knie. Die Rasennarbe ist nicht so dicht, so fest wie gedacht. Die aufgelöste feuchte Bodenkrume drückt sich, mit dem Wasser vermischt, durch die feinen Öffnungen der Folie. Entsetzt über den Schmutz und Dreck, der in den weiblichen Sanitärräumen herrscht kommt Rita von der morgendlichen Toilette wieder. "Diese Wirtschaft ist unbegreiflich. Das ist eine Zumutung" schimpft sie. Schnell kocht das Kaffeewasser. Frühstück auf feucht-grüner Wiese. Bald sind wir auf dem Weg zur Wilden Klamm der Kamenice.
Feuchter grüner Fichtenwald um uns. Platten- und andere Moosarten auf dem Waldboden, hochwachsend an den unteren Fichtenstämmen, auf den eingestreuten Felsen. Ein wenig unheimlich, unwirklich ziehen sich Nebelstreifen durch den Wald. Kein Vogel meldet sich, nichts huscht durch die Äste der Fichten. Kein Laut nur das Rascheln unserer Jacken, der Trittlaut unserer Stiefel. Wie Hänsel und Gretel laufen wir allein durch die feucht, grüne, nebeldurchzogene Wildnis. Am Fluss angekommen lichtet es sich, die Sonne versucht sich durchzusetzen. Langsam löst sich der weiße Schleier auf, kommt zurück, wird aufgesaugt, verschwindet. Ein verschlafenes Pärchen taucht unverhofft auf. Tragen große Rucksäcke auf dem Rücken. Grüßen verhalten verschwinden, wie von der Sonne geschluckt, aus unseren Blicken. Rechts der Kamenice wandern wir auf Eisenplatten, die sich eng an den Felshang schmiegen, oberhalb des Flusses entlang. Ein Geländer aus Eisenrohren schützt uns vor einem Fehltritt in die Tiefe, ins Wasser der Kamenice. Schwefelflechten überziehen die feuchten schattigen Sandsteinfelsen. Der Eisenstieg kommt so sachte in die Jahre. Holzbohlen ersetzen schon teilweise die langsam verrostenden Eisenplatten. Grenzt ein wenig an Flickschusterei, von Billigkeit. Der Flair von der Einmaligkeit dieses Eisenweges verliert sich, ist wohl bald Vergangenheit. Doch die Klamm mit ihrem Grün, dem fließenden Wasser, den aufragenden Felsenwänden werden bleiben. Wird auch der Besucher diese Schönheit auf Dauer noch betrachten können?
Vor uns taucht der Einstieg zur ersten Kahnfahrt auf. Ein kleines Kassenhäuschen "Wilde Klamm" mit Schalter zum Kauf einer Fahrkarte. Ein paar Kronen werden fällig. Dann heißt es warten auf den Kahn der uns weiter bringen soll. Noch lagert ieichter Nebel in der Klamm. Langsam, ganz langsam trudeln weitere Kahnmitfahrer ein. Der grüne Kahn liegt angebunden am Steg. In den Sitzmulden seiner Sitzbänke stehen Wasserpfützen. Als die wartende Gesellschaft so langsam ungeduldig wird, kommt aus dem kleinem Häuschen ein junger Mann mit Wischmob, fiedelt ein wenig die Sitzmulden trocken, bittet zum Einsteigen. Wer nun kein Sitzkissen zum Unterlegen dabei hat, der kommt zu einem besonderen Glücksgefühl. Dem zieht die Feuchtigkeit bis an den Hintern. Dann wird gestakt mit langer Stange. Mit vielen Worten und Gesten auf das Sehenswerte hingewiesen. Hat nur einen Nachteil, der Schiffsführer spricht in seiner Heimatsprache. Nett wird es trotzdem und als wir anlanden, aussteigen verbleibt, bis auf wenige Ausnahmen, das Restwasser der Sitzmulden in den Hosenböden der Fahrgäste. Klar Kahn könnt man sagen!
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