Schon früh weckt mich ein klappernder LKW, ein Bus, die Straßenreinigung, Straßengespräche. Am Frühstückstisch Klaus und Klaus bei der Buchführung. "Haste die Spitzwegerichblätter unter"? "Ja". Die beiden arbeiten. Ich gehe in den Gastgarten, pflücke mir mein Sträußchen für die Wimpelstock. Nach dem Frühstück die übliche Ballade. In diesem Fall kein bewegtes dramatisches Gedicht sondern bewegte dramatische Hektik. Einer kommt noch bald unter ein Auto, das den Zebrastreifen zur gleiche Zeit, quer queren möchte. Die Einreibeaktion mit dem Beiwellbrei brachte Karl keine Linderung. "Das war vielleicht ein Dreck, so eine schwarze Soße, man gut das ich ein Handtuch drunter gelegt habe" meckert Gabi. Karl muss, will zum Arzt. Schont sich für den Tag.
Die Gymnastik am Morgen wird in eine Seitenstraße verlegt. Eine große Runde tanzt nach Gabis Pfeife. Selbst der Hund eines Wandergastes hat sich eingereiht, hebt, wie Gabi fordert: "Linkes Bein, rechtes Bein" schön gemeinsam mit uns im Takt. Willi, unser Wanderführer vom Eggegebirgsverein ist mit dabei, warnt uns vor dem steilen Anstieg zum Heiligenberg, zur St.Michaelis Kapelle. Selbst der evangelische Pfarrer aus Corvey hat sich uns angeschlossen "Will es einmal ausprobieren ob es noch klappt die Höhe zu ersteigen nach meiner Operation am Herzen, gehe halt ganz langsam" sagt er mir. "Stört euch nicht daran wenn ich umkehre". Wir sind auf dem Pilgerweg. Häufig stehen Stelen mit Heiligen, ein Pilgerkreuz, auch ein stilisierter Pilger aus Stahl, mit kurzem Röckchen um die Hüfte, den sägeartigen Pilgerstock in die Erde rammend am Wege. "Möge dieser Weg und alle die ihn gehen, mit Gottes Liebe gesegnet sein", steht unter ihm im Fundament auf einer eingelassenen Stahlplatte. Wir sind auf dem richtigen Wege. Alle kommen zur St. Michaelis Kapelle. Zu unserer Begrüßung erklingt die Glocke. Rast, Gedenkminute beim Erzengel Michael und der heiligen Maria-Salome. Maria-Salome mir bis dahin unbekannt, ist die Mutter der Apostel Jakobus und Johannes, hat Jesu auf dem Weg zum Kreuz begleitet, war dort Zeugin seiner Leiden, seines Sterben.
Mittagsrast am Pilgerkreuz bei Bökendorf/Hainhausen. Unsere große Truppe verteilt sich am Waldrand, Wiese und Ackerrain. Gabis und Erikas Versorgungs-Autos stehen bereit. Wir erhalten unseren Pilgerstempel. Beim Schloss in Hainhausen trifft der "Riesel Rudi" bei uns ein. Ein großer, lustiger, lauter Kerl mit Riesenfüßen und voller Tatendrang. Ich denke er hat seinen Namen von seinem munter sprudelnden Mundwerk, aus dem die Worte nur so heraus rieseln. Aber nein, werde ich aufgeklärt, er stammt aus der kleinen Gemeinde Riesel südlich von Brakel. "Riesel Rudi" übernimmt die Führung. Folgen dem Pilgerweg zur Schneekapelle im Hinnenburger Forst. Ein helles Kapellchen am Pilgerweg gelegen. Über den Ehrenfriedhof kommen wir in den Kurpark von Brakel. Eigentlich soll es hier einen Quellausschank geben, doch die Brunnenstube ist verwaist. Wir sind zu schnell unterwegs, wurden später erwartet. Addi weist mich auf den gelungenen Bau der Brunnenstube hin. "Wie schön der Architekt die Linienführung gestaltet hat". Ja, unser Architekt sieht so etwas sofort mit seinem geschulten Auge. Rudi zeigt uns die schönen Seiten des Kurparks. Über den Hinterhof erreichen wir unsere Unterkunft in dem Familien-u. Gruppenhaus Erlenhof. Schöne, einfache Zimmer, kleines vorgewärmtes Schwimmbad, die Sonne meint es gut mit uns. "Klaus, hat denn die Spitzwegerich-Einlage dir etwas geholfen"? Klaus druckst umher. "Vom grünen Brei verklebte Socken, hat mir das eingebracht" knurrt er zurück. Muss doch etwas geholfen haben, sonst wäre er viel leidender. Welke Blätter haben auch nicht mehr die Wirkung frischer, denke ich mir. Am Abend sind wir im Haus des Gastes eingeladen. Getränke und ein kleiner Imbiss wird geboten. Großen Beifall erntet unser Bernfried wieder einmal mit seiner Kunst, dem Peitschenknall zu Harzer Melodien die den Abend ausklingen, nein knallen lässt.