Morgens beim Frühstück ist wie immer "Befehlsausgabe". Die Kleiderordnung wird festgelegt, die Etappe besprochen. Zufriedenheit, wenn sie mal kurzfristig untergetaucht war, ist zurück. Wimpelschmücken, Frühsport, Spruch des Tages, Besinnungsminute, alles hat sich eingespielt. Vier, fünf Wanderer des Sollingvereins sind dabei, begleiten uns auf der Etappe. Selbst der 1. Vorsitzende Heinrich Hugo Noack begleitet uns ein Stück. Er ist nicht mehr so gut zu Fuß, wie er sagt, doch er wird unser Begleit-Engel (Engel sind nicht nur weibliche Wesen) bis zur Weser und noch ein kleines Stückchen weiter. Über den Burghof, am Muthaus vorbei, durch das Burgtor, den anschließenden Park wird gewandert. Luft und Seele in der Frische des Morgens klar und rein. Der Morgenschritt ist schnell. Ich mit meinem Trödeln beim Bilder machen muss mich sputen den Anschluss zu halten. An der Buschenhütte wird die erste Rast eingelegt. Es drängelt heute kein Termin mit Bürgermeistern oder anderen Prominenten, meinen wir. Eine Kleiderordnung gibt's heute nicht. Jeder trägt das was ihm gefällt. Das wiederum gefällt den Harzburgern in der Stadtverwaltung nicht. Das wird uns per Mail mitgeteilt. Sie begleiten uns im Internet auf "live.goslarsche.de", auf der laufend von Alfred und Wilhelm Bilder unserer Reise eingestellt werden. Wir geloben Besserung. Denn wenn man glaubt wir rennen unbeachtet durch die Gegend dann ist das doch nicht so. Im Sportlerheim Dellihausen sind gleich zwei Bürgermeister vertreten die uns empfangen und begrüßen. Der Bürgermeister von Uslar und der aus Dellihausen spendieren uns dort, mit ihren Helfern, ein Mittagessen mit diversen Erfrischungsgetränken. Als Dank für die erwiesene Gastfreundschaft muss Bernfried Saatze mit seiner Peitsche wieder dran. Laut knallt er damit zu Harzermelodien die er aus seinem Musikkasten hervorzaubert. Ist nicht nur uns, die wir das ja schon kennen, ein ganz besonderes Erlebnis. Überraschung, Freude und Staunen bereitet er mit seinem Peitschenknallen unseren Gastgebern. Jeder möchte einmal die Peitsche so schwingen können wie unser Bernfried. Doch scheitern die Versuche meist gänzlich, oder nur ein leiser Ton, weit entfernt von einem Knall, ertönt.
Vorbei am Bergsee geht unsere Reise. Entstanden ist der durch den hier im Tagebau betrieben Abbau von Braunkohle. 6 Jahre war die Grube in Betrieb. 1911 war Schluss mit dem Abbau. Vorbei an Dinkelhausen, zur Ruine der Dorfkirche Malliehagen. Auf einer größeren Lichtung im Wald gelegen steht noch ein Rest der Kirchenmauer von 1318. Sieben Meter hoch und ca. 1 Meter breit steht sie einsam in der Wiese. Jahrzehnte unbeachtet, jetzt wieder ins Licht gesetzt. In Eschershausen bei Uslar in dem Gasthaus Johanning nehmen wir Quartier. Nicht direkt, sondern knapp 1000m weiter in der Villa Silva. Diese Villa des früheren Besitzer der Ilse-Werke, (Kleinmöbelhersteller) wird z.Zt. vom Gasthaus mit bewirtschaftet. Eine vornehme Unterkunft der Extraklasse. Kommt ein wenig in die Jahre, doch ist es sehr reizvoll hier mit Schwimmbad und Parkanlage seine Tage zu verbringen. Dieter und ich nutzen die Gelegenheit unsere Körper durch das kühle Wasser zu treiben. Dieter ist der erste der zum Schwimmen geht. Ich erst als er von seinem Bade ausgiebig schwärmt, mit nasser Badehose wieder erscheint. Am liebsten wäre ich bei der Verschwiegenheit des Bades nackig hinein gesprungen. Traue mich aber nicht. Entdecke im letzten Augenblick das turtelnde Pärchen am Beckenrand. So muss meine Badehose in der untergehenden Sonne trocknen. Wir bleiben nur eine Nacht, während eine nächtliche Schöne (die Dame vom Beckenrand?) hier wohl ihre hellen Stunden verbringt. Barsch werden wir später von dem dazu gehörenden Herren aufgefordert unser Geplauder am verschwindenden Nachmittag unter ihrem Fenster einzustellen. Wir sind gehorsam, wandern um die Ecke zum Glashaus, auf deren Veranda ausreichend Tische und Stühle für den Abend stehen. Zum Abendessen geht es zurück zum Gasthaus Johanning. Bald lockt uns der Platz vorm Glashaus der Villa Silva zurück. Ein wunderschöner Abend folgt mit Bernfrieds Brauchtumsmusik nebst Peitschenknallen und als Besonderheit bringt uns der das Alphorn blasende Heinrich-Hugo ein Ständchen mit dem großem Rohr. Schweizer Töne, vermischt mit Harzer Brauchtum im Park der Villa (Ilse) Silva bei Eschershausen/Uslar im Solling. Was für eine Mischung, was für ein Abend! Es dunkelt als die Schöne ihr Schlafgemach verlässt, davon in die Nacht fährt. Bestimmt wird sie unseren lauten, lustigen Abend im Herzen tragen.