In der Nacht hat es geregnet. Morgens ist die Straße nass. Die letzte Nacht verbrachte der Wanderwimpel in meinem Zimmer. Dieter hatte ihn mir anvertraut, er war mit seiner Erika auf Zwutsch. Früh war ich unterwegs um einen Strauß für ihn zu pflücken. Nicht so einfach in den blühenden Kuranlagen. Die sind tabu für solche Dinge. Trotte durch Nebenstraßen, nichts Begeisterndes zu ernten. Bleiben nur die Seitenanlagen des Straßenrandes. Ernte da eine Distel, dort ein paar heruntergetretene Katzenminzstängel, Mahonienspitzen die nicht auffallen, Rainkohl der sich in einem Blumenbeet breitgemacht hat, einen Schopf langer Gräser die zwischen den Mahonien wachsen, Frauenmantelrispen. Das hat geklappt, keiner bemerkte meinen kleinen Raubzug. Ein Auto fährt vorbei. Nicht vorbei, es hält: "So einen schönen Blumenstrauß möchte ich auch haben",flötet die Schöne aus dem Auto zu mir rüber. Ein Schreckmoment durchfährt mich. Schnell handelt man sich ein schlechtes Gewissen ein. Keine Gefahr, eine dazugekommene Mitwanderin neckt mich ein wenig. Sie und die Autobesatzung beobachteten mich, von mir unbemerkt, als ich durch das Gelände streifte. Unbeobachtet sein gibt's wohl nicht mehr! Nach dem Frühstück das übliche Programm. Bei der Frühgymnastik hat der Kreis seinen Durchmesser mehr als verdoppelt. Viele Gäste sind zu uns gekommen, wollen mit auf unsere letzte Etappe nach Paderborn. Durch die Kuranlagen und das was für die Landesgartenschau 2017 im Entstehen ist, geht unsere Reise. Entlang der Lippe laufen wir auf Paderborn zu. Badeplätze mit tobenden Kindern bietet die saubere Lippe mit ihrem sandigen Grund. Enten fliegen auf. Idylle pur. "Da wollen sie uns doch diesen Weg versperren, weil so eine Unternehmergruppe hier Wohnungen für gehobene Ansprüche bauen will, die Lippe in ihre Planungen mit einbezieht" klagt mein Gesprächspartner. "Kann ich mir nicht vorstellen das die das durchbringen", tröste ich. "Wollen wir's denn hoffen" zweifelt er. Straßenkreuzungen mit Ampelanlagen ziehen unseren Wanderwurm in die Länge. Bald erscheint das Ortsschild von Paderborn. Die "grün-karierten" posieren sich zum Foto vor dem gelben Schild. Klaus, unser Hauptwegewart mit offenem Hemd und kurzer Hose, von Gabi ausgeliehenen Stöcken, bringt die Lockerheit in unserer zu Ende gehenden Wanderung noch einmal so richtig zum Ausdruck. Wenn wir den nicht dabei gehabt hätten, wer wäre dann immer hinten gewesen? Er klagt nicht mehr über seine Füße, hat der Spitzwegerich doch etwas bewirkt? Ich frage lieber nicht, bin nicht scharf auf seine Antwort. Einzug in unser Hotel "IN VIA". Gabi verteilt die gewaschen grünen Hemden, zu tragen bei unserem Gang zur Empfangsbühne in Paderborn. Kurz nach 16 Uhr ist der Abmarsch zur Festmeile. Alle NEUN mit sauberen grünem Hemd, dunkler Wanderhose, grüner Fließjacke, die grüne Harzklubmütze auf dem Kopf, verstecken sich hinter unserem Harzklub-Transparent:
Wimpelwanderung zum Deutschen Wandertag 2015
Bad Harzburg - Paderborn.
-Wimpelwandergruppe-
Viel zu breit erweist es sich zwischen den eng stehenden Buden, den vielen Schaulustigen am Straßenrand, auf dem Weg zur Bühne. Alfred und Klaus Wippermann, die Träger des Transparents gehen mit dem Spruchband um wie mit einer Ziehharmonika. Mal auseinander gezogen mal zusammengequetscht. Richtig lustig wird's, so im Beifall zur Bühne zu schreiten. Schreiten ist total übertrieben, wir quetschen uns zur Bühne durch, nein, werden einfach durchgequetscht. Auf der Bühne wird unserer Transparent noch einmal zur Schau gestellt. Beifall, Reden, eine Träne im Augenwinkel. Schön war es bis Paderborn, besser noch, sehr schön war's bis Paderborn!
Was kommt noch auf uns zu in Paderborn? Als Erstes kommt eine Einladung des Paderborner Bürgermeisters auf uns zu. Unser Karl war so dreist und frech, hat seine Begrüßungs- und Dankesworte an den Bürgermeister auf der Bühne, so geschickt formuliert angebracht, dass der um eine Einladung an uns in die neueröffnete Filiale des "Artusa-Eiscafes" in Paderborn gar nicht mehr herumkam.
Der Wanderwimpel des Wanderverbandes, den wir über 240 km auf, zu dieser Bühne auf dem Rathausplatz getragen haben, bleibt noch bei uns. Bis zur Schlusskundgebung am Montag den 22.06. 2015 im Schlosspark von Schloss Neuhaus an der Einmündung der Pader in die Wipper, sind wir es die ihn hüten. Erst dann wird er der Wanderhauptstadt Paderborn für das Jahr 2015 übergeben. Gut drei Tage müssen wir, unser Dieter, noch auf ihn aufpassen.
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