21. Juli 2015
Wie immer reichlich bemessen ist unser Frühstück. Geachtelte Äpfel als Muntermacher oder zum Frühstücksabschluss, da sind die Vorlieben weit gestreut. Unsere eigenen Äpfel sind aus, drum nehmen wir ein paar der Apfelstücke, zwei Semmel mit auf unsere heutige Tour. Um 8:40 Uhr sind wir auf dem Weg hoch zum Kohllahner Sattel. Auf einer Rundblättrigen Glockenblume, die einen der weißen Felssteine überwachsen hat, sitzt eine Kräuter Eule (Mytimna ferago), ein Nachtfalter der sein Morgensonnenbad nimmt, oder hat es mit dem Verstecken heute nicht ganz geklappt? Seitlich von uns, unter den nackten Wänden des Feldberges, zieht langsam am Rand des Grüns eine Herde Gämsen entlang. Haben uns bestimmt schon lange gesehen, bleiben ruhig, äugen herüber, ziehen, die Jungtiere in ihre Mitte nehmend, spielerisch weiter. Beobachten sie lange mit dem Fernglas. Auf dem Kohllahner Sattel begrüßen uns unsere schon bekannten sanft-äugigen Rinder. Ein Mohrenfalter (Erebia aethiops) leckt an einem Ferkelkraut. Am windstillem Sonnenhang blüht die Kelch-Simsenlilie, das Zittergras posiert sich, hat sein zittern eingestellt, der Wiesenklee hat sein Blütenköpfchen gegen einen Stein gelegt, traut sich aus dem Windschutz nicht heraus, traut dem stillen Frieden nicht. Rechts vor uns baut sich der Stripsenkopf mit seinem Pavillon auf. "Da krabbeln wir aber nicht mehr hoch", meldet Rita schon aus der Ferne ihren Protest an. "Fürchte dich nicht, den lassen wir rechts liegen", tröste ich sie. Der Pfad zum Stripsenjoch ist auch nicht so ganz ohne! Führt nicht so parallel zum Hang, bleibt nicht auf einer Höhenlinie, sondern pendelt mal runter, mal hoch. Unterhalb des Stripsenkopfs geht es zum Stripsenjoch dann steil und polterig, mit rutschigen Abschnitten versehen, bergab. Wenigsten gilt das für uns so. Für die Anderen die auch dem Gasthaus Stripsenjoch zustreben gelten wohl andere Gesetze, die fliegen förmlich an uns vorbei. Bestimmt gibt es da unten für die zu erst angekommenen ein Mittagessen, vielleicht auch ein großes Bier umsonst. Bestimmt sind die Schnellen im Städtischen Angestellten- oder Beamtenverhältnis; wollen vertrödelte Zeit wieder aufholen. Oder nicht ausgepowerte Eliten aus Industrie und Verwaltung auf Erfüllungssuche. Scheiß hässliche Gedanken eines älteren ehemaligen Selbständigen! Freuen wir uns lieber an blühendem Gemswurz, der Sterndolde, der Großen Brunelle (Prunella grandiflora) die in der Nähe des Kruzifixes am Stripsenhaus wachsen und blühen. Ein Gasthaus dient der Einkehr, so bringt es Freude für Wirt und Gast. Der Einkehrdrang ist hier und heute, bei der Wärme der Luft, von Hitze möchte ich noch nicht sprechen, enorm. Nur mit Glück können wir uns in eine Ecke quetschen. Ein Weizen "ohne" zischt über die Gurgel, macht statt zu erfrischen müde Beine. Schwanken ein wenig mit einem Mittagsmahl, verzichten aber darauf sonst steigt die Müdigkeit von den Beinen hoch bis in die Birne. Das macht dann die Faulheit munter, darauf wollen wir aber gern verzichten. Heute wenigstens. Hinter unserem schlanken Weizenbierglas baut sich unser Herweg erbarmungslos auf, steigt steil in die Höhe. Wir verzichten auch hier auf den Aufstieg, laufen auf ebenen Pfad, fast auf der Höhenlinie bleibend, später absteigend zum Feldalmsattel. Wie der Zufall so spielt treffen wir hier zwei Alpen-Weitwanderer aus dem Harz. Sie schimpfen, mussten sie heute weitgehend ihren Tag auf Fahrstraßen verbringen. "Na, jetzt habt ihr bestimmt den Pfad gefunden der Euch für die vergangenen Stunden entschädigt" versuche ich Trost zu spenden. "Hoffen wir's" und schon sind sie vorbei. Die österreichischen Rinder lieben bestimmt auch die Aussicht auf ihre Berge. Auch hier auf der Höhe des Feldalmsattels stehen, liegen sie umher, dröseln mit ihren sanften Augen durch den Tag. Nur ihre Mäuler mahlen, manchmal fliegt auch eine Schwanz durch die Luft, versucht die Fliegen zu erschrecken. Die Feldalm erschreckt uns mit einem aufgerichteten Bären. Hunde laufen bellend auf uns zu, werden von Stimmen zurückgerufen. Der Rufer bleibt im Verborgenem. Der Bär, sei es gedankt, nur ein Schnitzwerk. Hinter dem Dorf zweigt nach rechts unser Pfad zum Kohllahner Sattel ab. Eine Bank oberhalb der Fahrstraße mit Blick auf Bär und den Gebäuden der Feldalm lädt zur Pause vor dem Anstieg. Erst sachte, dann steiler werdend zieht der Pfad hinauf. Gelber Eisenhut (Aconitum lycoctonum) blüht an sumpfigen Stellen im Gebüsch. Jede seiner gelben Blüten ist von Hummeln angenagt, mit einem Loch versehen. Es für sie die einzige Möglichkeit an den begehrten Nektar zu kommen. Ihr Saugrüssel ist für die Blüte des Eisenhutes einfach zu kurz geraten. Es bleibt nur ein brachialer Einbruch! In den Wiesen verliert sich der Pfad. Die weidenden Rinder, die oben schon auf uns warten, haben nichts davon über gelassen. Rindertritt an Rindertritt meist steht auch noch Wasser in den Löchern. Manchmal ein rotweißes Zeichen auf einem Stein, auf einem schrägen Pfahl. Verlaufen kann man sich aber nicht, denn der Sattel ist waldfrei, nicht zu übersehen. Die Rinder stehen heute eine Etage höher am Waldrand, schauen nicht zur Seite, lassen uns einfach am Arsch vorbei gehen. Verschnaufpause hinter dem Stacheldraht. Etwas tiefer ein großes Blühen der Südalpen-Skabiose (Scabiosa vestina) deutlich zu erkennen an den schmalen, lanzettlich spateligen Blättern. Ein von Spinnfäden eingewickelter Falter wackelt von vielen Spinnfäden gehalten zwischen den Blütenköpfen der Skabiosen. Schnell entdecke ich auch den Jäger. Ganz oben mit bester Aussicht auf einer Skabiosenblüte sitzt er, bzw. sie, die Eichenblatt - Radnetzspinne (Aculepeira ceropegia) bereit einen, der über ihre Fäden stolpert, zu killen, einzuwickeln, auszusaugen. Bald sitzen wir wieder auf der Terrasse unseres Berggasthauses bei Fam. Wiesinger, trinken unsere Halben, erzählen von den Erlebnissen. Begrüßen die kleine Paula, ihre Mutter Annike. Beide sind der Hitze Salzburgs entflohen. Suchen und finden eine schlaffreundlichere kühle Nacht auf der Kohlalm. "Wo gehen wir morgen hin, was können sie uns empfehlen" frage ich unseren Wirt. "Morgen ruht ihr euch erst einmal aus. Drei Tage hintereinander durch die Berge, das langt erst einmal. Das Kaiserbachtal ist bestimmt was für euch.Nur ein leichter Anstieg und ein blumenreiches Tal mit vielen Einkehrmöglichkeiten".
"Wollen wir das"? Rita nickt.